Tobias Zimmermann

Lernendenorientierung


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R. B. & Tagg, J. (1995). From Teaching to Learning – A New Paradigm for Undergraduate Education. Change, 27 (6), pp. 13–25. Online: http://ilte.ius.edu/pdf/BarrTagg.pdf (1.7.2012).

      Reinmann, G. (2005). Blended Learning in der Lehrerbildung: Grundlagen für die Konzeption innovativer Lernumgebungen. Lengerich: Pabst.

      Von Matt, H.-K. (2010). Bologna-Report Fachhochschulen 2010. Stand der Umsetzung der Bologna-Reform an den Fachhochschulen. Luzern: hvm-consulting. Online: www.kfh.ch/uploads/dobo/doku/101217__Bologna__Report_D.pdf?CFID=24454805&CFTOKEN=15437665 (1.7.2012).

      Wagner, E. (2011). Editorial: Wer sind «die Studierenden» in der «Bologna-Ära»? Zeitschrift für Hochschulentwicklung 6 (2), S. I–V. Online: www.zfhe.at/index.php/zfhe/article/view/365/370 (1.7.2012).

      Weber, K., Balthasar, A., Tremel, P. & Fässler, S. (2010). Gleichwertig, aber andersartig? Zur Entwicklung der Fachhochschulen in der Schweiz. Basel/Bern: Gebert-Rüf-Stiftung, Zentrum für universitäre Weiterbildung.

      Welbers, U. & Gaus, O. (Hrsg.) (2005). The Shift from Teaching to Learning. Konstruktionsbedingungen eines Ideals. Festschrift zum 60. Geburtstag von Johannes Wildt. Bielefeld: Bertelsmann.

       Urs Kiener

      Einführung von Vera Luginbühl

      Die Frage nach der Bildungsherkunft und -laufbahn der eigenen Studierenden ist für alle Dozierenden zentral. Die Vorkenntnisse, die Lernkultur, das Interesse und die Motivation der Studierenden ergeben praktische Konsequenzen für den eigenen Unterricht. Urs Kiener fasst im nachfolgenden Artikel in kompakter Art und Weise die wichtigsten statistischen Kennzahlen und Fakten in Bezug auf die Fachhochschulstudierenden zusammen und gibt spannende Einblicke und Interpretationen, was die Zahlen bedeuten könnten.

      Im naturwissenschaftlich geprägten Studiengang Biotechnologie, in dem ich selbst unterrichte, zeigt sich eine ähnliche Tendenz, wie von Urs Kiener beschrieben: So nimmt die Zahl der Studierenden mit einer klassischen Laborausbildung eher ab, dafür haben wir mehr Studierende aus technischen Berufen, aus Gesundheitsberufen oder mit gymnasialer Matur. Was aber sagen die Durchschnittswerte über die eigenen Studierenden aus? Wie kann ich dieser zunehmenden Vielfalt im Unterricht begegnen und gerecht werden? Neue Lehr- und Lernformen sind gefragt, die in verschiedenen Lernarrangements multidisziplinäres und individuelles Lernen ermöglichen. Erstaunt haben mich die Daten zu den hohen Erwerbstätigkeitsquoten. Studium und gleichzeitige Erwerbstätigkeit können eine wertvolle Bereicherung sein. Übersteigt aber das zeitliche und emotionale Engagement für berufliche Tätigkeiten gewisse Grenzen, können sich die Studierenden nicht mehr auf ihr Studium fokussieren, und das Leistungspotenzial wird nicht ausgeschöpft. Wenn immer möglich, versuchen wir deshalb, Studierende für anfallende Arbeiten in unsere institutionellen Arbeitsbereiche einzubinden. Nicht nur die Arbeitswelt ist vernetzter und komplexer geworden, sondern auch die Bildungswelt. Als Lehrpersonen müssen wir uns diesen Herausforderungen stellen, aber auch die Chancen nutzen, die sich ergeben.

      Vera Luginbühl, Prof. Dr. sc. nat., dipl. pharm. ETH, arbeitet an der ZHAW als Dozentin und Forschungsleiterin im Institut für Biotechnologie in Wädenswil. Arbeitsschwerpunkte: Formulierung von innovativen Arzneiformen, Mikroverkapselung und nanopartikuläre Drug-Delivery-Systeme, wirkstoffbeladene Implantate zur Knochenregeneration, zellbasierte fotodynamische Therapie bei Hirntumoren.

       Einleitung

      «Der Eintritt in die Fachhochschule führt über die Berufsmatur.» Das ist verbreiteter common sense (und war politisches Programm) – entspricht es auch der Wirklichkeit? Und: Spielt es eine Rolle, ob die Aussage zutrifft oder nicht? Spielt es eine Rolle, ob es Personen wie Dragana sind, die mit fünf Jahren in die Schweiz immigriert ist und unmittelbar nach Berufslehre und Berufsmatur den Studiengang X belegt, um eine ins Auge gefasste berufliche Position zu erreichen? Oder ob es Personen wie Florian sind, der nach einer gymnasialen Matur, einem Jahr Zwischenlösungen, einem Semester an einer Universität und dann nach einer obligatorischen einjährigen beruflichen Praxis in den Studiengang X eintritt?

      Traditionell ging das Bildungssystem davon aus, dass die gemeinsamen (oder als «äquivalent» eingeschätzten) Erfahrungen im Bildungssystem für die Bildungslaufbahn relevanter sind als alle Unterschiede zwischen den Lernenden/Studierenden. Dabei war es hilfreich, sich auf stille bzw. implizite Annahmen über Lernende und Studierende zu verlassen (und verlassen zu können). In den letzten Jahrzehnten aber haben zwei Entwicklungen diese Sichtweise zunehmend infrage gestellt:

      1. Eine wachsende Diversität der Studierenden: Die Expansion des Bildungssystems und die gestiegene Durchlässigkeit, die Modularisierung und damit die Lockerung fixer zeitlicher Abfolgen von Bildungsbausteinen haben dazu geführt, dass die Individuen immer weniger vorgegebene Programme durchlaufen können und wollen, sondern sich individuelle Laufbahnen und Biografien schaffen müssen und dürfen.

      2. Eine Sichtweise auf das Lernen, welche informellen Prozessen eine grosse Bedeutung zumisst: Gemäss dieser Sichtweise ist es für die Steuerung des Lernens wichtig, in den Studierenden mehr zu sehen als bloss aktuell studierende Personen, weil nämlich ihre Lebensgeschichte sowie parallele Tätigkeiten und Rollen ihr Lernen beeinflussen.

      Dieser Beitrag thematisiert weder die Diskussion um das informelle Lernen noch die Entwicklung der Studierendendiversität. Er versucht stattdessen, einige ausgewählte Antworten auf die Frage zu geben, wer bzw. wie die Studierenden an Fachhochschulen heute sind.1 Und er versucht am Schluss, einige Aspekte der zukünftigen Entwicklung zu skizzieren und zu diskutieren.

       Die Fachbereiche

      Bevor man über die Studierenden der Fachhochschulen spricht, muss man die Heterogenität der Fachhochschulen beachten. Die angebotenen Fachbereiche unterscheiden sich in zentralen Punkten.

      Die Gruppe der sogenannten «alten» Fachbereiche Technik, Wirtschaft, Design (TWD) ist stark mit der dualen Berufsbildung verbunden: Diese Fachbereiche bauen traditionellerweise auf Berufslehren auf und werden durch die Instanzen der Berufsbildung (BBT) gesteuert. Die sogenannten «neuen» Fachbereiche Gesundheit, Soziales, Kunst (GSK) hingegen gehören zu einem traditionell alternativ strukturierten berufsvorbereitenden Bildungsbereich: einem Bereich von allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe II (Diplom- bzw. Fachmittelschulen, Gymnasien) und höheren Fachschulen, der von den Instanzen der Allgemeinbildung (Kantone, EDK) gesteuert wurde. In diesen Bereichen gibt es keine Tradition der Berufslehren – diese wurden erst in den 1990er-Jahren eingeführt. Ein weiterer Unterschied betrifft die Beziehung zwischen Ausbildung und Person der Studierenden. In den TWD-Bereichen genügt meist der formelle Zulassungsausweis, um in Studiengänge aufgenommen zu werden, in den GSK-Bereichen spielen zusätzlich Eignungs- und Motivationsaspekte, die oft in elaborierten Aufnahmeverfahren überprüft werden, eine grosse Rolle. Hier genügt der formelle Zulassungsausweis nicht. Die Fachhochschulstudiengänge, die professionsspezifische Aspekte aufweisen, enthalten alle auch inhaltliche Elemente (Reflexionsphasen, Supervision usw.), welche die Beziehung zwischen Person der Studierenden und späterer Tätigkeit thematisieren. Sehr oft besteht hier zudem ein klar beschränktes Studienplatzangebot.

      Die Lehrkräfteausbildung (Pädagogische Hochschulen PH) – in einigen Klassifikationen den Fachhochschulen zugeschlagen, in anderen als selbstständiger Hochschultyp geführt – bilden einen dritten Bereich, der kaum etwas mit der Berufsbildung zu tun hat.

      Die folgende Abbildung zeigt die Grössenverhältnisse der Fachbereiche und die jeweiligen Anteile von weiblichen und ausländischen Studierenden (im Anhang auf S. 28 findet sich die Tabelle mit den Werten zur Grafik).

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