Mirjam Weder

Schrift - Bild - Ton (E-Book)


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      Bernadette Rieder und Cordula Schwarze stellen in ihrem Beitrag ein hochschuldidaktisches Konzept vor, das von Studierenden Kompetenzen in geschriebener und gesprochener Sprache fordert und fördert. Es geht dabei um das Kompetenzfeld Argumentieren am Beispiel der wissenschaftlichen Debatte und um das Kompetenzfeld literarisches Leben am Beispiel der Autorenlesung. Rieder und Schwarze verbinden Positionen der modernen Textlinguistik mit Positionen der interaktionalen Linguistik und thematisieren verschiedene Aspekte von Multimodalität.

      Tobias Schmohl schlägt im anschließenden Beitrag ein Modell zur wissenschaftlichen Begleitung von Promotionen vor. Das Modell schöpft über die verschiedenen Stufen der Informationserschließung, der Wissensgenese und -organisation sowie der Textproduktion systematisch multimediale und multimodale Verfahren aus und hebt sich somit von anderen Formen der Wissensgenese- und -organisation ab, die eher an assoziatives Schreiben anknüpfen.

      Matthias Knopp und Kirsten Schindler schließlich untersuchen in ihrem Beitrag multimodale Verfahren in fiktionalen Schülertexten, die im Rahmen von zwei Kooperationsprojekten zwischen Studierenden des Lehramtsfaches Deutsch der Universität Köln und Grundschülern und -schülerinnen entstanden sind. Beide Projekte erlaubten es den Schülern und Schülerinnen, erste Erfahrungen mit kooperativem Schreiben sowie dem Verfassen von Texten am Computer mit all seinen gestalterischen Möglichkeiten zu sammeln, wobei das Endprodukt in einem Projekt ein linearer Text und in einem anderen ein Hypertext war. Die quantitativen und qualitativen Analysen der Textprodukte zeigen, dass schon in der Grundschule multimodale Schreibkompetenz angebahnt ist, die beim Schreiben am Computer aber noch stark an die Praxis des Handschreibens und -zeichnens angelehnt ist.

      Der zweite Teil des Bandes versammelt Beiträge zum multimodalen Schreiben in der professionellen Kommunikation.

      Den Anfang machen hier Adrian Aebi und Bruno Frischherz. Sie unternehmen in ihrem Beitrag eine empirische Bestandsaufnahme des multimodalen Designs der Textsorte Nachhaltigkeitsbericht. Dazu unterziehen sie ein Korpus von 50 Nachhaltigkeitsberichten aus den D-A-CH-Ländern einer quantitativen und einer qualitativen semiotischen Analyse und suchen so nach einem textsortenspezifischen Muster für den Einsatz und die Verknüpfung von Bild und Text in diesem immer wichtiger werdenden Instrument der Unternehmenskommunikation.

      Dem Zusammenhang von Multimodalität und Suchmaschinenoptimierung gehen Susan Göldi und Cécile Zachlod nach. Weil Lesende stark gelayoutete Texte mit Verlinkungen und Visualisierungen schätzen, bewerten Suchmaschinen multimodale Texte als relevanter als wenig gestaltete reine Schriftwerke. Die Autorinnen zeigen, wie für die Suchmaschinenoptimierung in dieser Hinsicht die Konzepte Keywords und Metadaten genutzt werden können. Diese Konzepte werden im Beitrag eingeführt und in Hinsicht auf eine Multimodale Schreibkompetenz für die Suchmaschinenoptimierung interpretiert.

      Aus der Domäne Journalismus stammt der Beitrag von Marina Bräm und Susan Göldi. Dieser beschäftigt sich mit visuellem Storytelling und der Textsorte Infografik und bietet neben Definitionen auch Kategorisierungen von Infografiken im journalistischen Kontext. Insbesondere unterscheidet er zwischen abstrakten Infografiken zur Datenvisualisierung und konkreten Infografiken zur Erklärung komplexer Zusammenhänge. Zu beiden Kategorien zeigt er an je einem Beispiel aus der journalistischen Praxis, wie aus Recherchematerial eine visuelle Idee entsteht und daraus eine multimodale Geschichte entwickelt wird. Der Beitrag macht deutlich, dass visueller Journalismus neue Anforderungen an Redaktionen stellt und multimodale Geschichten in Form von Infografiken ein neues hochwertiges Genre begründen.

      Im abschließenden Beitrag zeigt der Graphic Designer Jiří Chmelik, wie multimodale Kommunikation im Kommunikationsdesign realisiert wird. Er nutzt kommunikationstheoretische Ansätze aus anderen Disziplinen dazu, die strukturellen Möglichkeiten des Kommunikationsdesigns zu erweitern, und schlägt vor, Kommunikation als Ritual und als Rollenspiel zu verstehen. Chmeliks Beitrag ist auch ein Plädoyer für eine verstärkte Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis bei der Erforschung und Umsetzung von multimodaler Kommunikation bzw. der Vermittlung von multimodaler Kommunikationskompetenz und rundet den Sammelband so stimmig ab.

      Literatur

      Anglin, G.J., Vaez, H., & Cunningham, K. (2004). Visual representations and learning: The role of static and animated graphics. In D. Jonassen (Hrsg.), Handbook of research on educational communications and technology (2. Auflage) (S. 865–916). Mahwah, NJ: Erlbaum.

      Archer, A., & Breuer, E.O. (Hrsg.) (2016). Multimodality in higher education. Leiden, Boston: Brill.

      Ayres, P., & Sweller, J. (2005). The Split-Attention Principle in Multimedia Learning. In R. Mayer (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning (S. 135–146). Cambridge: Cambridge University Press.

      Ball, C.E., & Charlton, C. (2015). All Writing Is Multimodal. In Adler-Kassner, L., & Wardle, E. (Hrsg.), Naming What We Know: Threshold Concepts of Writing Studies (E-Book, Chap. 2.4). Utah State University Press.

      Ballstaedt, S.-P. (2017). Text und Bild: Ein didaktisches Traumpaar. In K. Heck (Hrsg.), Bildendes Sehen (S. 45–55). Berlin: De Gruyter.

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      Blum, J., Bucher, H.-J. (1998). Die Zeitung. Ein Multimedium. Textdesign – ein Gestaltungskonzept für Text, Bild und Grafik. Konstanz: UVK-Medien.

      Boehm, G. (Hrsg.) (1995a). Was ist ein Bild? München: Wilhelm Fink.

      Bucher, H.-J. (2002). Visualisierungen – das Ende der journalistischen Schriftkultur? Grundlagen einer multimodalen Konzeption der Medienkommunikation. In E. Haller (Hrsg.). Die Kultur der Medien. Untersuchungen zum Rollen und Funktionswandel des Kulturjournalismus in der Mediengesellschaft (S. 143–178). Münster: Hamburg, London.

      Bucher, H.-J. (2007). Textdesign und Multimodalität: Zur Semantik und Pragmatik medialer Gestaltungsformen. In K.S. Roth, & J. Spitzmüller (Hrsg.), Textdesign und Textwirkung in der massenmedialen Kommunikation (S. 49–76). Konstanz: UVK.

      Bucher, H.-J. (2011a). Multimodales Verstehen oder Rezeption als Interaktion. Theoretische und empirische Grundlagen einer systematischen Analyse der Multimodalität. In H. Dieckmannshenke, M. Klemm, & H. Stöckl (Hrsg.), Bildlinguistik. Theorien – Methoden – Fallbeispiele (S. 123–156). Berlin: Erich Schmidt Verlag.

      Bucher, H.-J. (2011b). «Man sieht, was man hört» oder: Multimodales Verstehen als interaktionale Aneignung. Blickaufzeichnungsstudie zur Rezeption von zwei Werbespots. In J.G. Schneider, & H. Stöckl (Hrsg.), Medientheorien und Multimodalität: Ein TV-Werbespot–sieben methodische Beschreibungsansätze (S. 109–150). Köln: Herbert von Halem Verlag.

      Bucher, H.-J. (2016a). Mehr als Text mit Bild. Zur Multimodalität der illustrierten Zeitungen und Zeitschriften im 19. Jahrhundert. In N. Igl, & J. Menzel (Hrsg.), Illustrierte Zeitschriften um 1900. Mediale Eigenlogik, Multimodalität und Metaisierung (S. 25–73). Bielefeld: transcript.

      Bucher, H.-J. (2016b). Ein ‹Pictorial Turn› im 19. Jahrhundert? Überlegungen zu einer multimodalen Mediengeschichte am Beispiel der illustrierten Zeitungen. In S. Geise, T. Birkner, K. Arnold, M. Löblich, & K. Lobinger (Hrsg.), Historische Perspektiven auf den Iconic Turn. Die Entwicklung der öffentlichen visuellen Kommunikation (S. 280–317). Köln: Herbert von Halem Verlag.

      Bucher, H.-J., & Niemann, P. (2015). Medialisierung der Wissenschaftskommunikation: Vom Votrag zur multimodalen Präsentation. In H. Bonfadelli, M.S. Schäfer, & S. Kristiansen (Hrsg.), Wissenschaftskommunikation im Wandel (S. 67–101). Köln: Herbert von Halem Verlag.

      Cope, B., & Kalantzis, M. (Hrsg.) (2000). Multiliteracies: Literacy Learning and the Design of Social Futures. Routlege: London.

      Cope, B., & Kalantzis, M. (2009). ‹Multiliteracies›: New literacies, new learning. Pedagogies: An International Journal, 4(3), 164–195.