Daniel Moser-Léchot

Geschichte der Kapverdischen Inseln (E-Book)


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Kontrolle des Handels: Die feitoria régia

      Nach dem Verbot des Handels mit Guinea für Privatpersonen 1580 – es ging um den Schutz des königlichen Monopols beziehungsweise der Vertragspartner des Königs – setzte König Manuel I 1520 Afonso de Avila als Verwalter (feitor régio) auf der Insel Santiago ein. Die schriftlichen Dokumente dazu sind allerdings rudimentär und sagen über den Handel wenig aus.

      Immerhin umschrieb eine Urkunde von 1518 die Tätigkeiten des Feitors: Er bestimmte die Abfahrtszeiten der Schiffe nach Guinea mit dem Ziel zu verhindern, dass zu viele gleichzeitig an die afrikanische Küste fuhren. Weiter kontrollierte er die Waren auf den Schiffen und versuchte zu verhindern, dass die gleiche Ware zu unterschiedlichen Preisen verkauft wurde. Zudem organisierte der Feitor die Sendungen von Waren und Sklavinnen und Sklaven nach Lissabon, wobei die dem König gehörenden Sklavinnen und Sklaven entsprechend markiert wurden. Ein Schreiber führte Buch über alle Schiffe, die nach Guinea abgingen. Schliesslich war der Feitor auch dafür verantwortlich, dass genügend Baumwolle für den Handel mit Guinea bereitstand.44

       Importe aus Europa

      Neben dem Handel zwischen Cabo Verde und dem afrikanischen Kontinent fand selbstverständlich auch ein Austausch von Gütern zwischen Europa und den Inseln statt. Im 15. Jahrhundert wurden aus Europa Kleider und Eisenwaren sowie Weizen aus Kastilien zur Herstellung von Brot importiert, weiter Wein, Werkzeuge, Olivenöl, Rosinen, Mandeln, Feigen, Saubohnen, Nüsse, Essig, Käse und Safran.45 Die aus Europa importierten Biskuits dienten in erster Linie als Proviant für die Schiffsbesatzungen.

      Im Sklavenhandel spielte Eisen als Tauschware die wichtigste Rolle. Nach den Verträgen des portugiesischen Königs war der Handel mit Eisen an sich den Inhabern der Monopole vorbehalten, doch hielten sich viele Handeltreibendende nicht an diese Bestimmungen. Da das Angebot an Eisen ständig wuchs, sanken die Preise für die Sklavinnen und Sklaven. Wichtige Handelsgüter waren schliesslich Wein (aus den Kanaren und aus Cabo Verde) sowie Zuckerrohrschnaps; Getränke, die auch von den muslimischen Afrikanern sehr geschätzt wurden.46

      Neben Lebensmitteln spielten Textilien eine Rolle, so Leinen aus der Bretagne, Stoffe aus den Niederlanden, Luxustücher wie Damast, gefärbte Tücher, Satin und Samt. Dies zeigt, dass zu diesem Zeitpunkt auf Cabo Verde ein gewisser Reichtum herrschte. Die Kirche benötigte ebenfalls solche Tücher. Auf den Schiffslisten finden sich auch Waren, die für den Handel mit Guinea verboten waren, wie etwa Eisen und Waffen. Unter «Varia» sind Güter des täglichen Gebrauchs zu finden, wie Hemden, Schuhe, Hüte, Mützen, aber auch Rosenwasser und Seifen oder Produkte für die Ausstattung von Schiffen wie Seile, Hacken, Segeltücher und Kupferkessel. Im Verlaufe des 16. Jahrhunderts wurden verstärkt Gewürze wie Safran, Pfeffer und Ingwer sowie Hemden, Hosen, Schuhe, Stiefel, Pantoffeln, Knöpfe und viele Hüte gehandelt. Diese Waren wurden in Ribeira Grande zu guten Preisen verkauft. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation auf den Inseln.

       Exporte nach Europa

      Von den Inseln mit extensiver Viehzucht wurden schon früh grosse Mengen an Leder und Fellen nach Europa exportiert, so bereits 1504 über 20 000 Stück Felle von den noch kaum besiedelten Inseln des Barlavento (Santo Antão, São Vicente, São Nicolau, Sal, Boa Vista).

      Um den direkten Export von Sklavinnen und Sklaven aus Guinea nach Portugal zu fördern, verbot die königliche Urkunde von 1472 den Export von Sklavinnen und Sklaven aus Cabo Verde nach Portugal. Trotzdem wurden zwischen 1513 und 1517 auf sieben Schiffen 517 Sklavinnen und Sklaven von Cabo Verde nach Europa transportiert, meist zusammen mit Lederwaren.47

      In den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts ist eine allmähliche Umstrukturierung des Sklavenhandels festzustellen: Die kastilischen Sklavenhändler kauften nicht mehr auf den Sklavenmärkten in Lissabon, der Algarve oder Sevilla ein, sondern direkt auf der Insel Santiago. Damit verkürzten sie die Reisezeiten und die Sterblichkeit auf den Schiffen nahm ab. Die Verluste an Sklavinnen und Sklaven auf dem Transport von Cabo Verde nach Amerika gingen zulasten des spanischen Königs, die Verluste zwischen Afrika und Portugal zulasten des portugiesischen Königs. Portugal hatte folglich ein Interesse an einem direkten Sklaventransport von Westafrika über Cabo Verde nach Amerika.

      Die günstige geografische Lage der Kapverdischen Inseln für den atlantischen Schiffsverkehr nach Indien und nach Südamerika zu Beginn des 16. Jahrhunderts machten sie zu einer bedeutenden Zwischenstation für die Verpflegung und Ausbesserung der portugiesischen Schiffe, besonders auch derjenigen der Monopolgesellschaft «Casa da Mina e Índia». Der Aufenthalt in Cabo Verde diente ferner zur Erholung der Schiffsmannschaften. Grosse Entdecker wie Vasco da Gama, Christoph Kolumbus und Fernão de Magalhães machten hier einen Zwischenhalt.48

      Die portugiesischen Archive enthalten relativ genaue Dokumentationen zu den Lieferungen von Lebensmitteln wie Olivenöl, eingesalzenem Rindfleisch, Biskuits, Wein und Wasser, wie auch zum Reparaturmaterial für die Schiffe auf der Fahrt nach der westafrikanischen Küste, nach Brasilien und nach Indien, wie Talg, Harz, Drähte, Nägel, Keile, Federkeile, Ringe, Holzteile, Werg, Seile, Eisenstücke, Stifte, Knoten, Planken und Leinwand. Die meisten dieser Produkte stammten aus Iberien.

      In Ribeira Grande ist ausserdem die Anwesenheit zahlreicher Spezialhandwerker für Schiffsreparaturen belegt: Harz- und Talgarbeiter, Schreiner, Schmiede, Kalfakter.

      Verschiedene Autoren des 16. Jahrhunderts – wie Duarte Pacheco Pereira (1505–1507), Valentim Fernandes (1506–1508), Francisco de Andrade (1582) und Álvares de Andrade (1594) – beschrieben den Handel zwischen Cabo Verde und der afrikanischen Küste.49

      Auch im 17. Jahrhundert war Cabo Verde eine Zwischenstation für den Seeverkehr nach Afrika, Indien und Südamerika, sowohl für portugiesische wie auch für Schiffe anderer Nationen. Der Handel zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern der Insel und den Schiffsbesatzungen wickelte sich auf informelle Art und Weise ab. Die Ankunft von Schiffen wurde durch Kanonenschüsse von den Festungen an der Küste angekündigt, was gleichzeitig die Verteidigungsbereitschaft demonstrieren sollte. Wenn die Bewohner und Bewohnerinnen diese Kanonenschüsse hörten, gingen sie mit Hühnern, Schweinen, Ziegen, Kühen, Früchten und Baumwolltüchern ans Meer, zum Verkauf oder zum Tausch gegen alte Kleider, Hüte, Messer, Leergut, Weizen, Olivenöl, Leinen, Seide, Taft und Kleinwaren. An den Stränden entwickelte sich dann ein lebhafter, wenig geordneter Markt, der von der Verwaltung nicht zu besteuern und zu kontrollieren war.50

      In der Literatur werden die Begriffe «Pirat» und «Korsar» häufig synonym verwendet; im Falle der Region Cabo Verde und Guinea waren wahrscheinlich die meisten Überfälle den Korsaren zuzurechnen, also staatlich autorisierten Freibeutern. Dies zeigte sich vor allem im 16. und 17. Jahrhundert während der spanisch-englischen Kriege (Portugal und Spanien waren in einer königlichen Personalunion zwischen 1580 und 1640 verbunden). Im Atlantik kam es zu grossen Veränderungen: Spanien und Portugal teilten sich seit dem Vertrag von Tortesillas 1494 den Atlantik. Es galt die Doktrin des mare clausum (der Atlantik ist allein für Spanien und Portugal zugänglich, für alle anderen Staaten geschlossen), wie sie durch eine Bulle «Inter caetera» des Papstes Alexander VI. bereits 1493 bestätigt worden war.

      Diese Doktrin wurde durch Frankreich und durch die protestantischen Staaten infrage gestellt. Nach 1530 waren französische Piraten und Korsaren im Atlantik aktiv. Sie hatten es vor allem auf die Malaguetaküste (Küste des heutigen Liberia) abgesehen. Die französischen Piraten stammten häufig aus der Normandie und der Bretagne. Unter König João III versuchten portugiesische Spione die Ziele der französischen Korsaren in ihren Heimathäfen herauszufinden, doch die Korsaren machten Täuschungsmanöver und griffen Schiffe vor Brasilien an und nicht vor Afrika. Die Franzosen begannen nun auch direkten Handel mit der afrikanischen Bevölkerung zu treiben, was Portugal –