Schafe, die starr und trocken wie gegerbte Haut ist.
– Das ist freilich eine schlimme Aussicht für die, die draußen im Freien ihre Arbeit haben.
– Und desto angenehmer für die, die in ihrem Hause unter Dach bleiben können.
– Gewiss, Schäfer; doch dazu muss man auch ein Haus besitzen.
– Habt Ihr Kinder?« fragte Frik weiter.
»Nein.
– Seid Ihr verheiratet?
– Nein.«
Diese Fragen stellte Frik, weil sie hier landesüblicherweise an Jeden gerichtet werden, dem man auf der Landstraße begegnet.
Dann fuhr er fort:
»Woher kommt Ihr, Hausierer?
– Von Hermannstadt.«
Hermannstadt ist eine der bedeutendsten Städte Siebenbürgens. Von dieser aus gelangt man in das bis nach Petroseny herabreichende Tal der ungarischen Sil.
»Und Ihr geht ...?
– Nach Kolosvar.«
Um nach Kolosvar (Klausenburg) zu kommen, hat man sich weiterhin im Tale des Maros zu halten und erreicht dann über Karlsburg, längs der ersten Ausläufer der Bilarberge hingehend, die Hauptstadt des Comitats. Die Wegstrecke beträgt etwa zwanzig Meilen (150 Kilometer).
Diese Händler mit Thermometern, Barometern und allerhand Kleinkram erscheinen immer wie Gestalten besonderer – nur nicht hofmännischer – Art. Das liegt in ihrem Geschäft. Sie »verkaufen Zeit und Wetter« in jeder Form, die Zeit, wie sie verfließt, das Wetter, wie es eben ist und wie es sein wird, wie andere »zweibeinige Ballentiere« Körbe, Strick- und Baumwollwaren verhandeln. Man wäre versucht, sie Reisende des Hauses Saturn & Cie. – mit dem »Goldenen Stundenglas« als Warenschutzmarke – zu nennen. Zweifelsohne machte der Handelsjude diese Wirkung auf den biederen Frik, der verwundert diese Menge von Gegenständen betrachtete, die ihm so gut wie ganz neu waren und deren Bestimmung er nicht kannte.
»He, Hausierer,« fragte er, den Arm vorstreckend, »wozu dient das Ding da, das wie die Zähne eines alten Gehenkten an Eurem Gürtel klappert?
– Oh, das sind lauter wertvolle Sachen,« erwiderte der Fremde, »lauter Dinge, die all‘ und jedem nützlich sind.
– All‘ und jedem,« entgegnete Frik mit den Augen zwinkernd ... »auch für einen Schäfer?
– Auch jedem Schäfer und Hirten.
– Und das lange glänzende Ding da ...?
– Dies Instrument,« belehrte ihn der Jude, indem er einen Thermometer in der Hand auf und ab gleiten ließ, sagt Euch, ob es warm oder kalt ist.
– Aber, guter Freund, das weiss ich doch allein, wenn ich unter der dünnen Jacke schwitze oder unter dem dicken Flausrock friere.«
Offenbar genügten solche Wahrnehmungen einem Schäfer, der sich um das Warum? Dabei nicht kümmerte.
»Und die alte dicke Uhr dort mit dem einen Zeiger dran?« erkundigte er sich weiter, auf einen Aneroidbarometer weisend.
»Das ist keine alte Uhr, sondern ein Instrument, das Euch vorhersagt, ob‘s morgen schön sein oder regnen wird ...
– Ist das wahr ...?
– Gewiss, darauf könnt Ihr Euch verlassen.
– Na, ‚s mag ja sein; ich möchte das Ding aber doch nicht, und wenn‘s nicht mehr als einen Kreuzer kostete. Ich brauche ja nur nachzusehen, wie die Wolken durch die Berge ziehen oder ob sie hoch über deren Gipfeln hingehen, da weiß ich das Wetter für vierundzwanzig Stunden auch im Voraus. Da draußen, Ihr seht wohl den Nebel, der fast auf der Erde hinschleicht? ... Na, wie ich Euch sagte, das bedeutet für morgen Wasser.«
Der Schäfer Frik, ein langgeschulter Wetterbeobachter, konnte in der Tat jedes Barometer entbehren.
»Da ist wohl die Frage überflüssig, ob Ihr vielleicht eine Uhr braucht?« nahm der Handelsjude wieder das Wort.
»Eine Uhr? ... Ach, ich habe eine, die geht ganz allein und hängt mir, wo ich gehe und stehe, über dem Kopfe – das ist die Sonne da oben. Seht Ihr, Freundchen, wenn die sich über die Spitze des Roduk da drüben stellt, dann ist es Mittag, und wenn sie durch das Loch des Egelt guckt, ist es sechs Uhr Abends. Das wissen meine Schafe ebenso gut wie ich; die Schafe und die Hunde erst recht. Da behaltet nur Euren Kram.
– Freilich,« bemerkte der Händler, »wenn ich nur Schäfer zu Kunden hätte, da würd‘ es mir schwer werden, etwas zu verdienen. Ihr braucht also gar nichts von meinen Waren?
– Nicht das geringste!«
Die billigen Ramschwaren des Juden waren übrigens auch wirklich nicht viel wert; die Barometer zeigten gerade dann nicht auf »Schön Wetter« oder »Veränderlich«, wenn es ihre Pflicht gewesen wäre, und die Uhrweiser bezeichneten die Stunden zu lang oder die Minuten zu kurz – mit einem Worte, der Jude trug den reinen Ausschuss trödeln. Den Schäfer mochte auch ein gewisses Misstrauen beschleichen, denn er machte gar keine Miene, den Beutel zu ziehen. Da, als er schon den langen Stab zum Weitergehen bewegte, tippte er noch auf eine Art Röhre, die am Traggurt des Hausierers hing, und sagte:
»Wozu dient denn die kleine Röhre hier?
– Diese Röhre ist keine simple Röhre.
– Na, ‚s ist doch auch kein Ofenrohr?«
Der Schäfer verstand darunter eine Art altmodischer Pistole mit erweiterter Mündung.
»Nein,« erklärte der Jude, »das ist ein Fernrohr.«
Es war in der Tat eines jener Jahrmarkt-Instrumente, die die betrachteten Gegenstände fünf- bis sechsmal vergrößern oder sie um ebenso viel näher zu bringen scheinen, was ja in der Wirkung auf dasselbe hinauskommt.
Frik hatte das Fernrohr losgebunden; er besah es sich genau, drehte und wendete es nach allen Seiten und verschob die Einzelzylinder übereinander.
Dann richtete er wie ungläubig den Kopf hoch auf.
»Ein Fernrohr?« sagte er.
»Ja, Schäfersmann, und zwar ein ganz vorzügliches, das Euch befähigt, viel weiter als gewöhnlich zu sehen.
– Oho, ich habe sehr gute Augen, Freundchen. Bei klarer Luft erkenne ich die entlegensten Felsen bis zur Spitze des Retyezat und die letzten Bäume im Grunde des Talweges des Vulkan.
– Ohne die Augen halb zu schließen?
– Ohne solche Kunststückchen. Das verdank‘ ich dem heilsamen Tau, wenn ich vom Abend bis zum Morgen unter freiem Himmel schlafe. Glaubt nur, das wäscht die Pupille rein.
– Was ... der Tau?« erwiderte der Hausierer. »Der macht ja die Leute weit eher blind ...
– Nur die Schäfer nicht!
– Mag sein! Doch wenn Ihr auch gute Augen habt, so sind meine doch noch besser, sobald ich sie ans Ende meines Fernrohres bringe.
– Das müsst‘ ich erst sehen.
– Werft doch einmal selbst einen Blick durch das Fernrohr.
– Ich? ...
– Versucht‘s nur.
– Und das kostet nichts?« fragte Frik, der von Natur etwas misstrauisch vorsichtig war.
– »Nichts ... gar nichts, wenigstens wenn Ihr das Fernrohr nicht kauft.«
In dieser Hinsicht beruhigt, nahm Frik das Instrument, das der Hausierer für ihn passend einstellte. Nachdem er dann das linke Auge geschlossen, brachte er das rechte nahe an das Okular.
Erst blickte er in der Richtung des Vulkan und aufwärts nach dem Plesa hinaus. Nachher senkte er das Instrument und richtete es nach dem Dorfe Werst hinab.
»Wahrlich,«