Hugo Caviola

In Bildern sprechen


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erste Versuch auf einem Cello! findet Sabeth, ich finde: Wie eine ungeschmierte Bremse! Sonst Totenstille; die Hunde sind endlich verstummt, seit sie unsere Schritte nicht mehr hören. Die weissen Hütten von Korinth: Wie wenn man eine Dose mit Würfelzucker ausgeleert hat! Ich finde etwas anderes, bloß um unser Spiel weiterzumachen. Eine letzte schwarze Zypresse. Wie ein Ausrufezeichen! findet Sabeth, ich bestreite es; Ausrufzeichen haben ihre Spitze nicht oben, sondern unten. Wir sind die ganze Nacht gewandert. Ohne einen Menschen zu treffen. Einmal erschreckt uns Gebimmel einer Ziege, dann wieder Stille über schwarzen Hängen, die nach Pfefferminz duften, Stille mit Herzklopfen und Durst, nichts als Wind in trockenen Gräsern: Wie wenn man Seide reißt! findet Sabeth, ich muss mich besinnen, und oft fällt mir überhaupt nichts ein, dann ist das ein Punkt für Sabeth, laut Spielregel. Sabeth weiss fast immer etwas.(S.151f.)

      Arbeitshinweise

      1. Spielen Sie zu zweit das Spiel, das Walter Faber und Sabeth spielen. Welche Erfahrungen machen Sie dabei?

      2. Diskutieren Sie die Aussage Fabers, wonach eine nicht-sachliche Sichtweise «weibisch» sei.

      Übersicht: Eigenname, Begriff und Metapher (E1)

Eigennameidentifiziert Personen, Orte, Dinge etc.Beispiele: Julia Berger, Eiffelturm, Rom

Begriffverbindliche Zuordnung von Wort und Vorstellung. Beispiel: Tisch = «Tisch»prägt und widerspiegelt die Welteinteilung einer Sprachgemeinschaftdient der Unterscheidung. Beispiele: Kraut – Unkraut; Säugetiere – Fische

Fachbegriff (Terminus)durch ausdrückliche Definition bestimmt. Beispiel: Arbeit = Kraft x Weg (Physik), Leistung, die einen Preis hat (Ökonomie)

MetapherWortgebrauch im übertragenen Sinn setzt Übertragungseffekt zwischen begrifflich getrennten Sinnbereichen in Gang. Beispiel: Firmen«heirat»lebendige MetapherBewusstsein eines Übertragungseffekts beim Gebrauch. Beispiel: «Das Konzert war ein Feuerwerk.»tote MetapherMetapher, die den Übertragungscharakter verloren hat – also zum Begriff geworden ist – aber als Metapher rekonstruiert werden kann. Beispiel: Buch«rücken»lexikalisierte MetapherTote Metapher, die als Zweitbedeutung in den Begriffswortschatz eingegangen ist. Beispiel: Schloss (im Sinn einer Burg, die ein Tal abschliesst)

      Was ist eine Metapher? Ihre gedankenleitende Wirkung (E2)

      Wortherkunft: Übertragung

      Das griechische Wort «Metapher» geht auf metá = herüber und phérein = tragen zurück und bedeutet so viel wie Übertragung. Die Metapher «Die Sonne lacht» überträgt das Verb «lachen» aus dem Zusammenhang «Mensch» in den Zusammenhang «Himmelskörper». Im metaphorischen Sprachgebrauch werden zwei getrennte Sinnbereiche in einen ungewohnten, oft kreativen und überraschenden Zusammenhang gerückt.

      Metaphorische Aussagen sind zweideutig

      Metaphern sind, wenn man sie wörtlich nimmt, falsche Aussagen. Anders als der Mensch kann ja die Sonne nicht wirklich lachen. Im Unterschied zu direkten Aussagen, die dem gewohnten Sprachgebrauch folgen, zeichnen sich Metaphern durch Zweideutigkeit aus. Ähnlich wie die Ironie macht die Metapher Aussagen, die man umdeuten muss. Deshalb können kleine Kinder, die den gewöhnlichen Sprachgebrauch erst lernen, Metaphern noch nicht verstehen. (Sie denken z.B., ein «harter Mensch» fühle sich hart wie ein Stein an.)

      Metaphern fordern dazu auf, Ähnlichkeiten zu erkennen

      Was aber führt uns dazu, Metaphern dennoch nicht als Unsinn aufzufassen? Man kann Metaphern als Aufforderungen verstehen, Ähnlichkeiten zwischen begrifflich getrennten Vorstellungen zu erkennen, zum Beispiel zwischen der Sonne und einem lachenden menschlichen Gesicht. Wir verstehen eine Metapher, wenn es uns gelingt, Merkmale eines Gegenstandes (des sog. Bildspenders) auf den anderen Gegenstand (den sog. Bildempfänger) zu beziehen. In der Metapher «Die Schule ist eine Mühle», zum Beispiel, ist die Schule Bildempfängerin für die Bildspenderin Mühle.

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      Die Metapher zeigt uns einen Gegenstand im Lichte eines anderen

      Die Metapher setzt in unserem Denken ein Suchprogramm in Gang, bei dem wir die Vorstellungen des einen Gegenstandes als Filter oder Brille benützen, durch den hindurch wir den anderen sehen. Im genannten Beispiel sehen wir also die Schule, als ob sie eine Mühle wäre. Durch diese Filterung werden bestimmte Aspekte des Bildempfängers (der Schule) hervorgehoben, andere aber in den Hintergrund gerückt oder ausgeblendet.

      Metaphern haben eine gedankenleitende Wirkung

      Die Metapher kann auf diese Weise eine gedankenleitende Wirkung entfalten, deren wir uns oft nicht bewusst sind. Die Metapher «Die Schule ist eine Mühle» hebt jene Aspekte der Schule hervor, die die Schule als quälende Routine darstellen, in der einzelne Körner (Lernende) zu Mehl verarbeitet (d.h. zerdrückt und gleich gemacht) werden; ausgeblendet aber werden die Aspekte des Lernens, der Selbstentfaltung und der Gemeinschaft, die ebenso zur Schule gehören.

      Metaphern haben blinde Flecken

      Solche durch die Metapher hervorgerufenen Bedeutungseffekte werden Implikationen oder Folgerungen genannt. Jene Aspekte, die durch die Metapher ausgeblendet werden, bezeichnen wir als ihre blinden Flecken. Machen wir uns diese blinden Flecken einer Metapher bewusst, können wir ihre gedankenleitende Wirkung durchschauen.

      Um die blinden Flecken einer Metapher aufzuspüren, fragen wir, welche Merkmale eines Gegenstandes durch die Brille der Metapher hervorgehoben und welche in den Hintergrund gedrängt werden. Dazu kann uns der Vergleich mit einer zweiten Metapher helfen. Beispiel: 1. Metapher: Die Schule ist eine Mühle. 2. Metapher: Die Schule ist eine Arena.

      Arbeitshinweise

      3. Unterstreichen Sie im obigen Text «Was ist eine Metapher?» Ausdrücke, die metaphorisch verwendet werden. Warum werden in Sachtexten Metaphern leicht übersehen?

      4. Lassen Sie sich von einigen der folgenden Metaphern zu einer Zeichnung anregen, welche die Verschmelzung zweier Sinnbereiche sichtbar macht.

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      5. Versuchen Sie einige der obigen Metaphern in wörtliche Rede zu übertragen. Beispiel: «Das Netz der Terroristen» = «Zusammenarbeit der Terroristen». Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse in der Klasse. Was stellen Sie fest?

      6. Was führt uns dazu, Metaphern zu gebrauchen?

      7. Vergleichen Sie die folgenden Metaphern mit den Metaphern im obigen Kasten. Warum sind sie unverständlich? Was lehren uns diese Gegenbeispiele über Metaphern?

      Der Präsident ist ein Spiegelei. Der Mensch ist eine Tasse. Vegetarische Musik.

      8. Zeigen Sie die gedankenleitende Wirkung der Metapher «Militärische Angriffe sind chirurgische Eingriffe» auf. Welche Aspekte des Krieges werden hervorgehoben, welche verdeckt (blinde Flecken)? Listen Sie zuerst Merkmale eines chirurgischen Eingriffs auf und halten Sie dann fest, welche Bedeutungsveränderung diese Merkmale erfahren, wenn sie ins Bedeutungsfeld «militärischer Angriff» übertragen werden.

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      Metaphern schlagen ­Gedankenbrücken (E3)

      Metaphern schlagen Gedankenbrücken zwischen zwei Bereichen, die wir gewöhnlich als getrennt ­wahrnehmen. Dazu gehören zum Beispiel Mensch und Tier, Lebewesen und Maschine, Wirtschaft und Religion etc.