Ebene ein, welche die objektsprachliche reflektiert. Sie besitzen nach Debatin, eine «reflexive Struktur».
Metaphern sind Als-Ob-Aussagen
Als Sprechakte enthalten sie implizite Aufforderungen, neben der wörtlichen, objektsprachlichen Ebene auch die durch die Metapher entworfene Sichtweise im Modus des Als-Ob zu reflektieren (Debatin 1996, S. 95). Auf diese Weise negiert und reorganisiert die Metapher die geltende Begriffsordnung und appelliert daran, diesen Vorgang zu reflektieren.
Weitere pragmatische Ansätze fassen die Metapher auf als Ausdruck menschlicher Kreativität, die in Fantasie und Humor Gestalt gewinnt (Herzog 1983).
4. Metaphern in der Wissenschaft
Metaphern in der Wissenschaft sind seit Aristoteles mit dem Odium des Verwerflichen behaftet; begreiflicherweise, denn wer sagen soll, wie die Dinge sind, sollte nicht mit Metaphern um sich werfen, das heisst, irgendwelche unabsehbaren Übertragungseffekte in Gang setzen. Für diese «Metaphernfeinde», zu denen auch entschieden die Promotoren der neuzeitlichen Wissenschaft, Bacon und Descartes, gehören, gibt es eine natürliche Ordnung der Dinge, welche festlegt, in welchen Bereichen welche Begriffe zu Hause sind. Erste Pflicht der Wissenschaft ist es deshalb, diese Ordnung einzuhalten. «Metaphernfreunde» dagegen werfen ein, dass es keine feste Möblierung des Geistes gebe und dass man deshalb Begriffe beliebig über Bereichsgrenzen hinweg schieben könne, ja dass wir letztlich überhaupt nichts Belangvolles sagen können, wenn diese Übertragungen nicht erlaubt sind. In abgemilderter Form kann dies heissen, dass Metaphern zumindest eine wichtige erkenntnisleitende Funktion haben bei der Genese von Modellen und Theorien (Drewer 2003, S. 55ff).
Heuristische Funktion in der Modellbildung
Metaphern erschliessen das Unbekannte im Lichte des Bekannten
Viele wissenschaftliche Begriffe wie etwa «Welle», «Kern» oder «Feld» aus der Physik erinnern an ihre Herkunft aus der Alltagssprache. Um dies zu verstehen, muss man an den Punkt ihrer Einführung in die Wissenschaft zurückgehen. Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berichten, dass sie ihre Entdeckungen bildlichen Vorstellungen verdanken, die ihnen das Unbekannte erschlossen, und so zu Modellen wurden. Ein klassisches Beispiel ist die Entdeckung der Struktur des Benzols durch den Chemiker Friedrich Kekulé (1829–1896). Kekulé erklärt, die Idee der kreisförmigen Struktur des Benzolmoleküls sei ihm im Halbschlaf gekommen, als ihm das Bild einer Schlange, die sich in den Schwanz biss, erschien. Von dieser Bildhypothese ausgehend habe er dann das Modell der Kreisstruktur des Benzolmoleküls formuliert, das sich anschliessend experimentell bestätigen sollte.
Auffällig an diesem Vorgang ist das Muster der metaphorischen Übertragung, das ihm zu Grunde liegt: Das Unerforschte (Benzolstruktur) gewinnt Gestalt im Lichte des Bekannten (Schlange), das als «Filter» (Black) das Forschungsfeld strukturiert. Die Metapher (Schlange) liefert die Leitvorstellung, unter der ein Gegenstand (chemisches Phänomen) interpretiert wird. Die Metapher bleibt als Kern im Modell (der ringförmigen Benzolstruktur) enthalten.
Der metaphorische Entdeckungsvorgang besitzt folgende logische Struktur: Das für den Bildspender charakteristische Aussagesystem (Blacks System von assoziierten Gemeinplätzen: hier die Schlange) gibt in seinen Implikationen ein Modell ab für die dem Untersuchungsgegenstand (Bildempfänger: hier chemisches Phänomen) unterstellten Zuschreibungen. Der Untersuchungsgegenstand wird verstanden in Analogie zum Modell. Mit dem Modell stellt sich die Frage, worin sich Bildspender und Bildempfänger gleichen (positive Analogie: z.B. Kreisform der Schlange) und worin sie sich unterscheiden (negative Analogie: z.B. ihre Giftzähne). Modelle sind kontrollierte metaphorische Übertragungen von Merkmalen (Denotationen, Konnotationen, Assoziationen) des Bildspenders auf die zu erklärenden Gegenstände. Man kann auch sagen, sie sind explizite, dem Gegenstand adäquate Metaphern.
Metapher als Spitze eines untergetauchten Modells
Nach Max Black ist jede Metapher «die Spitze eines untergetauchten Modells», das im wissenschaftlichen Modell noch genauer ausgeführt wird (Black 1977, S. 396). Die Kraft der Metapher, Ungeklärtes in Begriffen des Bekannten vor Augen zu führen, macht sie zum unverzichtbaren Denkmittel des Forschens. Der ihr eigene Als-Ob-Vorbehalt kommt ihr hierbei zustatten: Die Metapher sagt nicht, wie die Dinge sind, sondern wie sie sein könnten, trägt also den Charakter einer Hypothese. Mary Hesse definiert Entdeckungen als «metaphorische Neubeschreibungen» (Hesse 1966 und Debatin 1996). Die oben genannten Beispiele (Welle, Kern, Feld) zeigen, dass diese Neubeschreibung häufig den Weg über metaphorische Anleihen aus der Alltagswelt nimmt; manchmal werden Metaphern aber auch aus anderen Wissenschaftsbereichen bezogen (z.B. Informatik → Psychologie).
Theoriekonstitutive Funktion
Metaphern als Grundbestände der Sprache
Manche modellbildenden Metaphern werden später Teil von Theorien. Theorien sind geordnete Satzsysteme, die das Wissen in einem Gegenstandsbereich zusammenfassend darstellen, um es lehren und lernen zu können (Janich u. Weingarten 1999, S. 84). Als theoriekonstitutive Metaphern gelten im Sinne Blumenbergs «Grundbestände der Sprache» (Blumenberg 1960, S. 288f.), d.h. fundamentale oder absolute Metaphern, die nicht ersetzbar sind, weil sie die «Leitdifferenz» setzen, unter der eine Theorie gedacht wird (Debatin 1996, S. 87). Diese liegt vor, wenn neue Gegenstandsbereiche auf paradigmatische Weise durch Metaphern erschlossen werden. Besondere Beachtung gefunden haben zum Beispiel die Computermetaphern in der Psychologie und Kognitionswissenschaft (Gehirn als informationsverarbeitendes Netzwerk), die Planetenbahnmetapher im Bohr’schen Atommodell (Elektronen kreisen um den Atomkern) oder die Kampfmetapher im Darwinismus («struggle for existence»). Solche Metaphern können durch ihre Implikationen weitere Forschungsfragen aus sich herausspinnen. Beispiel: Das Gehirn ist ein Computer. Folgefragen: Wie und wo werden im Gehirn Informationen gespeichert? Kann sich das Gehirn selbst programmieren? Wie sind die verschiedenen Gehirnregionen miteinander vernetzt?
Fachbegriffe können zu Dogmen werden
Hat eine wissenschaftliche Metapher die in einer Wissenschaft gängigen Methoden der Rechtfertigung (z.B. experimentelle Prüfung, Integration in eine Theorie, Anerkennung in der wissenschaftlichen Gemeinschaft) durchlaufen, «stirbt» sie und kann so zum Fachbegriff avancieren. Sie wird normiert und geht in Schul- und Handbücher ein. Im Laufe dieses Vorgangs kann sie auch zum Dogma werden. Dies ist dann der Fall, wenn vergessen geht, dass sich ein Begriff metaphorischen Vermittlungen verdankt und keinen theorieunabhängigen Zugang zur Wirklichkeit garantiert, wie dies Alltagsbegriffe wie etwa Tisch oder Baum tun.
Metaphern in der Wissenschaft sind letztlich unüberwindbar
Die Metaphorizität eines wissenschaftlichen Terminus bleibt aber auch dann noch bewahrt, wenn er auf Fakten verweist. Die im Anwendungsbereich gewonnenen Erkenntnisse bleiben gebunden an die mit der Metapher ursprünglich eingeführte Hypothese. Dass Metaphern im Spiel sind, wird zum Beispiel dann deutlich, wenn es konkurrierende Begriffe gibt, wie etwa in der Mikrophysik des Lichts das Nebeneinander der Begriffe «Welle» und «Partikel» zeigt. Dass Metaphern in der Wissenschaft letztlich unüberwindbar sind, ist auch daraus ersichtlich, dass sich die Wissenschaftssprache immer wieder durch metaphorischen Gebrauch ausdehnen und umorientieren muss, soll der wissenschaftliche Prozess nicht zum Stillstand kommen (Bühl 1984, S. 147).
Didaktische Funktion
Innerhalb der Sprache der Wissenschaft können Metaphern auch weitere Funktionen tragen. Die wichtigste davon ist die didaktische Funktion. Hier steht die metaphorische Übertragung im Dienst der Wissensvermittlung. Es geht also darum, Laien ein Fachwissen nahe zu bringen, indem man es in alltagsnahe Metaphern übersetzt. (So werden Transportprozesse in der Zelle als «Zelltaxi» beschrieben oder die «ökologische Nische» als «Planstelle» der Natur oder «Beruf» eines Organismus.)
Im Unterschied zu theoriekonstitutiven Metaphern, die letztlich Fakten schaffen, sind didaktische Metaphern Fakten erklärend. Die didaktische Funktion