Wilfried Huchzermeyer

Das Yoga-Lexikon


Скачать книгу

ist für diejenigen Anwender, die ein Wort einigermaßen richtig aussprechen möchten, ohne die Feinheiten zu beachten. Wer auch letztere meistern möchte, um etwa beim Mantra-Chanten dem Original noch näher zu kommen, kann sich auch an der zweiten Stufe versuchen. Hier wird es letztlich hilfreich sein, mit einer Mantra-CD zu arbeiten, um die Originalklänge aufzunehmen.

      Aussprache I

      Beachten Sie bei der Aussprache grundsätzlich die langen und kurzen Vokale, dadurch ergibt sich auch fast automatisch die richtige Betonung, z.B. Bhagavad’gītā, Rā’māyana, Yoga’sūtra. Das e und o sind lang wie in Deva bzw. Govinda. Die Vokale a, i, u sind kurz oder lang wie im Deutschen, das für die Aussprache ohnehin eine viel bessere Ausgangsposition bietet als etwa Englisch oder Französisch.

      Wie schon erwähnt ist c als tsch zu sprechen, also citta wie tschitta. Das j kennen wir am besten aus Mahārāja, welches bekanntlich Mahārādscha ausgesprochen wird, so auch Rāja-Yoga, Rādscha-Yoga. Ein wenig schwierig ist jña wie in Vijñāna. Dies kann als Vidschnyāna gesprochen werden, aber Vidnyāna oder Vignyāna sind ebenso gebräuchlich und weniger zungenbrecherisch. Diese dreifache Option gilt für alle Wörter mit jñ.

      Sh entspricht deutsch sch, das s wird immer scharf ausgesprochen wie in Song oder Sun. Gelegentlich hört man die Aussprache ā’zāna (falsch) für ’āsana (richtig). Die Betonung sollte auf der ersten Silbe liegen und das s scharf gesprochen werden.

      Das r ist ein gerolltes Zungen-r ähnlich wie etwa im Spanischen. Wer dies hinbekommt, sollte es so aussprechen, ansonsten aber die deutsche Version benutzen (wie es übrigens auch viele deutsche Indologen tun).

      Bleibt abschließend noch das v, das wie deutsch w gesprochen wird, weshalb wir manchmal auch die Schreibweise Wischnu für Vishnu finden.

      Aussprache II

      Die Konsonanten werden, wenn kein h folgt, ohne Hauch ausgesprochen, so wie ein Franzose das P in Paris ausspricht. Im Deutschen sprechen wir eigentlich, aus der Sicht des Sanskrit, Pharis. Man kann dies feststellen, indem man beim Sprechen ein dünnes Blatt Papier vor den Mund hält. Bei dem nicht-aspirierten Laut sollte es sich nicht oder wenig bewegen.

      Im Sanskrit gibt es nun für die Konsonanten jeweils den Laut mit und ohne Hauch, z.B. ka, kha oder ta, tha. Dementsprechend sind etwa die Wörter karma oder kundalinī mit einem k ohne Hauch auszusprechen, was Inder meist automatisch richtig sprechen, während es für uns Übung erfordert. Letzteres gilt auch für bh oder dh, zumal am Anfang eines Wortes wie in Bhārata. Hier folgt direkt hinter dem B noch ein Hauchlaut, etwas leichter fällt es in Mahā-bhārata. Ähnlich klingt auch Rādhā etwas anders als Rādā, wie man es im Deutschen aussprechen würde.

      Bei den Konsonanten t, d, n gibt es jeweils eine dentale und eine retroflexe Version. Das dentale t, th, d, dh, n wird ausgesprochen, indem die Zunge vorne an die Zähne geführt wird. Beim retroflexen ṭ, ṭh, ḍ, ḍh, ṇ wird die Zunge nach hinten an den Gaumen gebogen.

      Den Nasallaut ṅ wie in aṅga sprechen wir im Deutschen automatisch richtig, d.h. wie in „lange“. Das ṁ wie in haṁsa wird leicht nasaliert ausgesprochen. Wir finden den ungefähren Laut, indem wir französisch Orléans sprechen, dann nur die letzte Silbe nehmen, ans, und diese zu hansa ergänzen.

      Der Unterschied zwischen dem palatalen ś und dem retroflexen ṣ ist so fein, dass er in der Praxis wohl nur von Indern nachvollzogen werden kann: im ersteren Falle ist die Zungenspitze gesenkt, im zweiten nach oben zurückgebogen. Wir sprechen beides wie sch.

      Lexikon

      A

      A der erste Buchstabe des San­s­krit-Alphabets. Bedeutet oft als Vor­silbe am Anfang eines Wortes „nicht“ oder „un“ wie z.B. a-dharma, nicht-dharma. Vor Vo­ka­len wird es zu an: an-ātman, Nicht-Selbst.

      Vergl. dt. A-noma­lie, Un-wis­sen­heit.

      Ābhāsa m Schein, Erscheinung; irrtümliche Vor­stellung, falscher Anschein.

      Abhāva m Nicht-Sein, Nicht-Exi­stenz (a-bhāva); Abwesenheit.

      Siehe auch Asat.

      Abhāva-Yoga m „Yoga des Nicht-Seins“, in einigen Purānas erwähnt als Weg, bei dem über das eigene Wesen oder die Welt als Leere kontempliert wird.

      Abhaya n Furchtlosigkeit. Die Bedeutung der Freiheit von Furcht wird in vielen Yoga-Tex­ten hervorgehoben.

      Abhayamudrā f Handgeste der Freiheit von Furcht und Gefahr (a-bhaya), d.h. der Sicherheit und des Schutzes. Eine Geste mit der erhobenen, offenen rechten Hand, die dem Empfänger des Segenswunsches zugewandt wird.

      Abheda m Nicht-Zweiheit. A­bhe­da-Jñāna ist das Wissen vom Einssein aller Dinge.

      Siehe auch Bheda, Bhedā­bhe­da­vāda.

      Abhidhāna n Name, Titel; Vokabular, Wörterbuch.

      Abhimāna m persönlicher, egoistischer Stolz; verletzter Stolz; Hochmut; ein Hindernis auf dem Weg des Yoga.

      Abhimanyu m der Sohn von Arjuna und Subhadrā. Er heiratete Uttarā, und ihr Sohn Parikshit folgte König Yudhishthira auf dem Thron in Hastināpura nach.

      Siehe auch Mahābhārata.

      Abhinavagupta m ein bedeutender Philosoph des Kaschmir-Shi­vaismus (ca. 950-1020).

      Abhinivesha [abhiniveśa] m Hingabe, Liebe. Zuneigung.

      Im Yoga­sūtra 2.9 Lebensdrang, Anklammern ans Leben, d.h. einer der fünf Kle­shas oder Leidursachen. V.S. Apte interpretiert diesen Be­griff in seinem Sanskrit-Englisch-Wörterbuch als „eine Art von Unwissenheit, die Furcht vor dem Tod hervorruft; ein instinktives Festhalten am weltlichen Leben und körperlichen Freuden und die Furcht, dass man von ihnen allen durch den Tod abgeschnitten wird.“

      Andere Interpreten sprechen von einem Urdrang zum Leben an sich.

      Abhisheka [abhiṣeka] m das Be­netzen oder Besprühen mit geweihtem Wasser. Eine Taufzeremonie bei der Initiation insbesondere im Tantrismus.

      Abhyanga [abhyaṅga] m Salbung, Massage.

      Ābhyantara-Vritti [vṛtti] f wörtl. innere Bewegung, Funktion; eine Übung mit tiefer und lang anhaltender Einatmung.

      Abhyāsa m beständige Praxis. Im Yoga die regelmäßige Durchführung von Übungen.

      Siehe auch Vairāgya, Abs. 2

      Acala adj und m unbeweglich, fest; Berg.

      Ācamana n Nippen, Schlürfen. Das Schlürfen von Wasser aus der Handfläche vor einem Ritual, vor Mahlzeiten etc. zwecks symbolischer Reinigung.

      Ācāra m Verhalten, rechtes Benehmen; auch Methode oder Weg, wie z.B. in Dakshinācāra.

      Ācārya, Āchārya m Lehrer, Gelehrter. Im Yoga ein spiritueller Lehrer, dem besondere Verehrung entgegengebracht wird, da er den Weg zur Erkenntnis weist.

      Accha adj rein, klar, ohne Schatten. Im Hindī bedeutet das Wort „gut, o.k.“

      Acintya adj undenkbar, unvorstellbar. Das Brahman, das unendliche Absolute, ist für unser mentales Denken unerfassbar.

      Acintya-Bhedābheda-Tattva n das Prinzip von der unvorstellbaren Verschiedenheit und Nichtver­schie­denheit, bezieht sich auf die gleichzeitige Verschiedenheit und Einheit von Materie und Geist.

      Eine von Caitanya begründete philosophische Tradition des Ve­dān­ta.

      Acit nicht-Cit, d.h. unbewusst. Siehe auch Cit.

      Acro Yoga m eine Variante des Partner-Yoga mit akrobatischen Elementen, enwickelt von den Amerikanern Jason Nemer und Jenny Sauer-Klein. Neben Āsanas und dem akrobatischen Ansatz kommen als dritte Komponente Ele­mente aus der Thai-Massage hinzu mit Dehnungen und Stre­ckungen, die den Muskel­apparat entspannen.

      Acyuta adj und m „nicht gefallen“, fest, unveränderlich. Name Krishnas in der Bhagavadgītā: Er