sie beide mit minniglichem Sinn.Er sprach: »Um meinetwillen traget keine Pein!Um mein Leben sollt Ihr immer ohne Sorge sein.«
73 Trauer schuf es den Recken; es weinte manche Maid.Mich dünkt, dass im Herzen sie ahnten das Leid,dass ihnen viele Freunde darum lägen tot.Sie hatten Grund zur Klage; das schuf ihnen einstmals Not.
74 Am siebenten Morgen zu Worms auf den Strandritten nun die Kühnen. All ihr Gewandwar von rotem Golde; geziert ihr Reitzeug war.Die Rosse gingen in Ordnung in des Herren Sigfrids Schar.
75 Neu waren ihre Schilde, stark sowie breit,und licht ihre Helme, als mit dem GeleitSigfrid zu Hofe ritt in Gunthers Land.Man schaute an Helden nie so herrliches Gewand.
76 Die Schwertspitzen reichten nieder auf den Sporn;sie führten scharfe Speere, die Ritter auserkorn.Sigfrid führte einen wohl zwei Spannen breit,der mit seinen Schneiden gar gefährlich war im Streit.
77 Goldrote Zäume hielt ihre Hand;mit seidnen Brustriemen kamen sie in das Land.Das Volk allenthalben sie anzustaunen begann.Gunthers Mannen liefen viele zu ihnen da heran.
78 Die hochgemuten Recken, Ritter sowie Knecht,eilten ihnen entgegen – sie taten, wie es recht –und empfingen die Gäste in ihrer Herren Land;sie nahmen ihnen die Rosse und die Schilde von der Hand.
79 Zu dem Stall man wollte die Rosse führen fort.Doch Sigfrid sprach, der starke, zu den Helden dieses Wort:»Lasst uns noch die Pferde eine Weile stehn!Das ist meine Absicht: wir wollen bald von hinnen gehn.
80 Man soll auch unsre Schilde davon nimmer tragen.Wo ich den König finde, kann mir das jemand sagen,Gunther, den reichen, aus Burgundenland?«Da sagte es ihm einer, dem genau es war bekannt.
81 »Wollt Ihr den König finden, das kann wohl geschehn:in jenem weiten Saale hab ich ihn gesehnunter seinen Degen. Wollt Ihr gehn hinan,so könnt Ihr bei ihm finden manchen auserwählten Mann.«
82 Inzwischen auch dem König gebracht die Kunde war,auf seinem Hofe wäre eine wackre Ritterschar,die lichte Brünnen trüge und herrliches Gewand.Sie kannte noch niemand in der Burgunden Land.
83 Den König nahm es wunder, woher gekommen andie herrlichen Recken, so glänzend angetanund mit so schönen Schilden, neu sowie breit.Dass niemand es sagen konnte, das tat dem König Gunther leid.
84 Antwort gab ein Recke, der hieß Ortwein –stark sowie mutig mochte er wohl sein –:»Wenn wir sie nicht erkennen, so sollt Ihr holen gehnmeinen Oheim Hagen; den wollen wir sie lassen sehn.
85 Ihm sind kund die Reiche und alles fremde Land.Kann er sie erkennen, so gibt ers uns bekannt.«Ihn ließ der König holen mit den Mannen sein.Züchtiglich trat er am Hofe vor dem König ein.
86 Was der Herrscher wolle, so fragte da Hagen.»Es sind zu meinem Hause gekommen fremde Degen,die niemand hier kennet; habt im fremden LandIhr sie schon gesehen, so gebt es, Hagen, uns bekannt!«
87 »Das tu fürwahr ich gerne.« Zum Fenster trat er da;mit prüfendem Blicke er auf die Gäste sah.Wohl gefiel ihm ihr Geräte und auch ihr Gewand;doch waren sie ihm fremde in der Burgunden Land.
88 Er sprach, woher auch kämen die Recken an den Rhein,sie möchten Fürsten selber oder Fürstenboten sein.»So schön sind ihre Rosse, ihre Kleider sind so gut.Woher sie auch geritten, sie haben einen hohen Mut.«
89 Also sprach da Hagen: »Soweit ichs sagen mag,sah ich auch nimmer Sigfrid bis auf diesen Tag,so will ich doch glauben, wie es damit auch geht,dass er es ist, der Recke, der dort so herrlich vor uns steht.
90 Er bringet uns Märe her in dieses Land:die kühnen Nibelungen schlug des Helden Hand,die reichen Königssöhne Schilbung und Nibelung;er wirkte große Wunder mit seines starken Armes Schwung.
91 Als der Held alleine ohn alle Hilfe ritt,fand er vor einem Berge – so teilte man mir mit –beim Nibelungenhorte manchen kühnen Mann.Sie waren ihm noch fremde, bis er die Kunde dort gewann.
92 Der Hort König Nibelungs, der wurde da getragenaus einem hohlen Berge. Nun hört Wunder sagen,wie ihn teilen wollten die Nibelungen dann!Das sah der Degen Sigfrid. Der Held zu wundern sich begann.
93 Er kam so nahe ihnen, dass er die Recken sahund ihn auch die Degen. Einer sagte da:›Hier kommt der starke Sigfrid, der Held aus Niederland.‹Viel seltsame Dinge er bei den Nibelungen fand.
94 Den Recken wohl empfingen Schilbung und Nibelung,Einmütig baten die edeln Fürsten jung,den Schatz ihnen zu teilen, den vielkühnen Mann.Sie baten ihn so lange; und er gelobte es alsdann.
95 Er sah viel edle Steine, wie wir hörten sagen –hundert Lastwagen könnten es nicht tragen –,noch mehr des roten Goldes von Nibelungenland.Das sollte alles teilen des vielkühnen Sigfrids Hand.
96 Sie gaben ihm zum Lohne König Nibelungs Schwert.Doch ward der Dienst ihnen gar übel gewährt,den ihnen da leisten sollte der vielkühne Mann:er bracht es nicht zustande. Da griffen sie den Helden an.
97 Den Schatz musste er liegen lassen ungeteilt.Der beiden Könige Mannen kamen zum Kampf geeilt.Mit ihres Vaters Schwerte, das Balmung war genannt,erstritt von ihnen der Kühne den Hort und das Nibelungenland.
98 Sie hatten da als kühne Freunde zwölf Mann,die stark wie Riesen waren. Was focht ihn das an?Die schlug alsbald im Zorne Sigfrids starke Hand;und siebenhundert Recken bezwang aus Nibelungenland
99 er mit dem guten Schwerte, geheißen Balmung.In ihrem starken Schrecken gar manche Recken jung,den vor dem Schwert sie hatten und vor dem kühnen Mann,das Land mit den Burgen machten sie ihm untertan.
100 Dazu die reichen Könige, die schlug er beide tot.Durch Alberich kam er darauf in große Not:seine Herrn wollt schleunig rächen seine Hand,bevor die große Stärke er an Sigfrid erkannt.
101 Da konnt ihn nicht bestehen der kräftige Zwerg.Wie die wilden Löwen liefen sie an den Berg,wo er die Tarnkappe Albrich abgewann.Da ward der Herr des Hortes Sigfrid, der vielkühne Mann.
102 Die da gewagt zu kämpfen, die lagen alle erschlagen.Den Schatz ließ alsbald er hinbringen und tragen,woher Niblungs Mannen zuvor ihn gebracht.Alberich, der starke, ward zum Kämmerer gemacht.
103 Er musst ihm Eide schwören. Er diente ihm als Knecht;jeder Art Dienste leistet’ er ihm recht.«So sprach Hagen von Tronje: »Das hat er getan.Also große Kräfte nie ein Recke noch gewann.
104 Noch eine Mär weiß ich; die ist mir wohl bekannt:Einen Linddrachen erschlug des Helden Hand.Dann badet’ er in dem Blute. So ward dem Recken wertdie Haut von solcher Härte, dass keine Waffe sie versehrt.
105 Nun sollen wir den Helden empfangen desto bass,dass wir uns nicht zuziehn seinen starken Hass.Er ist so kühnes Sinnes; man soll hold ihm nahn.Er hat mit seinen Kräften so manches Wunder schon getan.«
106 Da sprach der reiche König: »Du sprichst, mein ich, wahr.Nun sieh, wie heldenmäßig er steht vor Streitgefahr,er und seine Degen, der wunderkühne Mann.Wir wollen ihm entgegen hinuntergehn und ihn empfahn.«
107 »Das mögt Ihr«, sprach Hagen; »Ehre ziemt ihm schon:er ist von hoher Abkunft, eines reichen Königs Sohn,er steht so da, der hehre; mich dünkt – das wisse Christ! –dass es nichts Kleines wäre, darum er hergeritten ist.«
108 Da sprach der Herr des Landes: »So sei er uns willkommen!Er ist kühn und edel; das hab ich wohl vernommen.Das soll er auch genießen im Burgundenland.«Da ging der König Gunther hin, wo Sigfrid er fand.
109 Der Fürst und seine Recken empfingen so den Gast,dass mit hohen Ehren begann seine Rast.Drum neigte sich ihnen der Vielkühne da.Züchtiglich stehen vor seinen Recken man ihn sah.
110 »Mich wundert«, sprach der König, zu seinem Gast gewandt,»von wannen Ihr, edler Sigfrid, kommt in unser Land,oder was Ihr begehret zu Worms an dem Rhein?«Da sprach der Gast zum König: »Das soll Euch unverhohlen sein.
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