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Zwischen Orient und Europa


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Judentum hat nämlich mit dem Islam bei aller Verschiedenheit in der Zielsetzung doch eine Reihe wesentlicher Züge gemeinsam .34

      Sein Schüler, Freund und Nachfolger Gotthold Weil, von dem das obige Zitat stammt, fährt fort:

      In beiden Religionsgemeinschaften wird Denken und Handeln der Bekenner von der Wiege bis zum Grabe und täglich vom Aufstehen bis zum Niederlegen durch einen Kanon, durch ein geoffenbartes sittliches Gesetz geregelt. Gleiche Ausgangspunkte führen häufig auf gleiche Wege und so nimmt es nicht Wunder, dass die Art der Überlieferung dieses Gesetzes, die Art, wie der gesamte Kanon dann gesammelt und gelehrt wird, wenn auch nicht gleiche, so doch auffallend ähnliche Entwicklungsreihe durchlaufen. Um den eigentlichen Kern der geoffenbarten Lehre bilden sich in beiden Religionen Schalen zum Schutze des Kerns, die ihrerseits kanonische Bedeutung erlangen und von sich zu ihrem Schutze immer wieder neue Schalen ansetzten.35

      Eduard Sachau, der spiritus rector der Ausgabe von ibn Sa’ds Kitab al-tabaqat al kabir (Biographien Muhammeds, seiner Gefährten und der späteren Träger des Islams bis zum Jahre 230 der Flucht)36 war der Gründers des Seminars für orientalische Sprachen in Berlin. Horovitz’ Dissertation über De Waqidi libro kitab al-magazi inscribitur (Das Leben Muhammeds) wurde am 27. Juni 1898 verteidigt und im selben Jahr in Berlin gedruckt. Habilitiert hat er über den schiitischen Dichter Kumait.37 Das Koranische Paradies wurde in der Reihe „Scripta Universitatis atque Bibliothecae Hierosolymitanarum“ veröffentlicht.38 1907 war Horovitz Professor am berühmten Anglo-Oriental College in Aligarth, wo er sieben Jahre unterrichtete. Sommer 1915 fing er an, in Frankfurt zu lehren. Er hat nicht nur über den Koran gearbeitet, sondern auch über arabische Dichtung.

      Kurz vor der Eröffnung der Hebraïschen Universität notiert Magnes in seinem Journal:

      Relations with Arabs, Muslim world, whole Near East exacerbated. Horovitz reports Egyptian Scholars as now definitely hostile. University has political aspect in their eyes now. Only help for this is over a number of years to do useful scholarly work, particularly in language, literature, culture of East. The Jews the tool of imperialism.39

      Horovitz war in der wissenschaftlichen Verwaltung der neu enstandenen Universität sehr involviert. Schon am 14. Mai schickte er ein Memorandum an Magnes, um ihm zu erklären, dass die arabischen und islamischen Studien am Institut für Jüdische Studien nicht am richtigen Platz seien. Nach der Sitzungen des Bord of Governors in München am 23.-24. September 1925 notiert Magnes:

      By the time we had reached the question of the establishment of School of Oriental Studies, so much time and energy had been taken up with the discussion of mathematics and physics and some of the other matters mentioned above, that Prof. Horovitz, who had come to the meeting for the purpose of reporting on the School of Oriental Studies, was greeted with the remark that everything that he would propose would be satisfactory and therefore it would not be ncessary for him to proceed. Prof. Horovitz, however, properly said that he had been listening to long and wearying discussions on other matters, and that he requested patient hearing for what he had to say because he did not want someone someday to stand up and to say that „Oh, I did not know that you were going to propose that“. The school of Oriental Studies was a far-reaching idea, and it was better that it be understood now rather than later. He thereupon unfolded his suggestions in his ouwn lucid way.40

      Horovitz starb 1931, bevor er die Arbeit an seinem großen Projekt, einer Ausgabe des arabischen Historikers al-Baladuri und einer Konkordanz der frühen arabischen Dichtung beenden konnte. Dank der Vorlesungsverzeichnisse kann man genau rekonstruieren, welche Themen er während seiner Lehrtätigkeit behandelt hat. Man merkt dabei auch, dass er mit Studenten die zeitgenössische arabische Presse las. Als er starb, wurde die Eulogie von Martin Buber höchstpersönlich im Namen der Hebräischen Universität in Frankfurt gehalten. Magnes sagt über Horovitz: „He was modest, simple, and kind and we feel in Jerusalem a great sense of personal loss.“41 Franz Schultz, der Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Frankfurt, stellte fest:

      Er war kein Orientalist alten Schlages, der, so gelehrt er sein mochte, nie einen Fuß in das Land gesetzt hat, dem seine Forschung galt. Der achtjährige Aufenthalt in Indien hatte Horovitz geprägt und ihm jene Weltoffenheit und Weltläufigkeit und jene Einsicht in die Fragen der Weltpolitik gegeben, die man an ihm schätzte. Sein Buch über Indien unter britischer Herrschaft, das beste seiner Art, zeigt bei aller Verständnisinnigkeit und Umsicht jene nüchterne Klarheit, durch die sein Denken und Urteilen sich auszeichneten, diese Eigenschaften auch seiner übrigen wissenschaftlichen Arbeit. Sie imponiert im übrigen durch ihre Vielseitigkeit. Er war der beste Kenner besonders des indischen Islams, ihn beschäftigte die altarabische Dichtung ebenso wie das ältere jüdische Schrifttum. Er widmete sich dem antiken Lustspiel im islamischen Schattenspiel. Sein Lebenswerk sollte der große wissenschaftliche Kommentar des Korans werden, ein Werk, das er nun unvollendet hinterlassen muss. Er war eine internationale Größe und Berühmtheit seines Faches. Man weiß, dass ihm die Einrichtung des orientalischen Instituts der Universität Jerusalem verdankt wird und dass es von ihm inspiriert wurde.42

      Seine Schüler, wie Shlomo Dov Goiten (1900-1988) oder Johann Fück (1894-1974), haben einen entscheidenden Einfluss auf die jüdische Islamwissenschaft ausgeübt. Posthum ist sein Artikel „Islam“ in Enzyklopädia Judaica43 erschienen und die Ausgabe des Al-Baladhuri44 wurde erst 1936 von Shlomo Dov Goiten angefangen, „published for the first time by the School of Oriental Studies, Hebrew University.“45 Goiten war 1949-1956 der Direktor der School of Oriental Studies in Jerusalem, bevor er nach Amerika ging!

      Goitens Vertretung wurde von Martin Plessner46 (WS 1931/32) übernommen. In Breslau geboren, Urenkel vom berühmten orthodoxen Prediger Solomon Plessner (1797-1883), wurde Plessner Assistent von Hellmut Ritter in Hamburg und arbeitete danach am Berliner Institut für Geschichte der Wissenschaften (1927-1929). 1933 ging er nach Palästina, unterrichtete in Beit sefer reali in Haifa und schrieb die erste arabische Grammatik in modernem Ivrit. Mitarbeiter der jüdischen Nationalbibliothek wurde er 1952 Assistent (Marzeh) und 1955 Professor an der Hebräischen Universität. „Die Islamwissenschaft, genauer: die Geschichte der politischen, kulturellen und geistigen Entwicklung der islamischen Welt als eines Ganzen sowie der einzelnen Völker, die sich zur Religion Muhammads bekannten oder bekennen, ist einer der jüngsten Zweige am Baume der morgenländischen Studien“ schrieb er in seiner Antrittsvorlesung, die am 21. Februar 1931 in Frankfurt stattfand. „Die Wissenschaft ist im Islam von allem Anfang an als ancilla theologiae aufgetreten; und schon weil sie in Übereinstimmung mit Glaube und Pflichtenlehre bleiben musste, konnte von Freiheit ebensowenig die Rede sein wie in Europa vor dem 19. Jahrhundert.“ Nachdem er sein Programm beschrieben hatte, sagte Plessner zum Schluss: „Und vielleicht wird gerade die Kenntniss des ganz Andersartigen dazu beitragen, Gesichtspunkte für die Beurteilung unserer eigenen Verhältnisse zu gewinnen, die übrigens mit den islamischen, als dem Gegenstück zu denen des mittelalterlichen Abendlandes, viel mehr Beziehungen verknüpfen, als uns auf den ersten Blick scheinen möchte.“47

      Nachfolger von Horovitz war der Berliner Gotthold Weil (1882-1960), der auch an den Balhaduri-Projekten entscheidend mitgearbeitet hat. Geboren in Berlin, war er der Urenkel von Simha Weil, dem Großrabbiner von Berlin am Ende des 18. Jahrhunderts. Er hat an der Universität studiert sowie an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums. Schüler des Arabisten Eduard Sachau, dessen Festschrift er herausgab,48 wurde Weil nach seiner Dissertation (1905) Bibliothekar an der Kaiserlichen Bibliothek in Berlin (1906), wo er 1918 die Orientalische Abteilung mitgründete und leitete. 1920 war er Privatdozent für Semitische Philologie und Islam in Berlin. Sehr früh kam er als Professor für die noch zu eröffnende Hebräische Universität ins Gespräch:

      Im Namen des Herrn Dr. J. L. Magnes gestatten wir uns, Ihnen anbei einen Bericht über die kürzlich in London stattgefundene Universitätskonferenz zu überreichen. Die Konferenz beschloss, an mehrere jüdische Gelehrte heranzutreten und sie zur Übernahme von Lehrstühlen an dem zu gründenden judaistischen Institut einzuladen. Sie beschloss u.a. auch einen Lehrstuhl für die arabische Sprache zu schaffen und Herrn Prof. Mittwoch einzuladen, diesen zunächst für die Dauer eines Jahres, zu übernehmen. Da er Dr. Magnes, der von der Konferenz mit der Vorbereitungsarbeit für das Institut betraut worden ist,