Daisy Summer

Callgirl unterm Weihnachtsbaum


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wann wird das sein? Einen ganzen Tag mit Jacob habe ich bereits verloren.“

      „Wenn er dich wirklich liebt, wird er warten.”

      Wie klang das denn jetzt wieder?

       Wenn …

      Genau das war es doch, was ich herausfinden musste. Ich musste wissen, ob er mich wirklich liebte. Ob da mehr war als pure Leidenschaft. Ich musste ganz einfach Zeit mit Jacob verbringen. Ich konnte doch jetzt nicht arbeiten.

      Und auch noch in diesem Not-Job. Der ganze Schlamassel mit meinem miesen Examen begann auch schon wieder in meinen Eingeweiden zu rumoren. Die zweitbeste Note … Kein Job in der Wissenschaft … Überhaupt kein Job, für den mein Studium erforderlich war ...

      „Kannst du für mich einspringen?“, flehte ich Tina verzweifelt an. „Jacob kann sich nur diese Woche loseisen. Danach muss er sich um die Kooperation mit Klotz Inc. kümmern. Das wird ihn voll beanspruchen. Er weiß nicht, wie lange.“

      „Klotz Inc.?“

      Ich stöhnte auf. Hatte Tina etwa schon wieder alles vergessen, was ich ihr über das vergangene Wochenende erzählt hatte?

      „Der neue Kooperationspartner.“

      „Ja, ja, ich weiß.“ Tina streichelte mein zukünftiges Patenkind, das in ihrem Bäuchlein heranwuchs. „Ich habe ein paar Aufträge, die wir dringend brauchen, um über die Runden zu kommen. Am Donnerstag und am Samstag kann ich für dich einspringen. Mehr ist leider nicht drin.“

      Ich versteckte das Gesicht hinter meinen Händen. Jetzt fühlte ich mich so mies.

      Nur weil ich mich mit Jacob vergnügen wollte, bettelte ich eine Schwangere an, mich in der Bar zu vertreten. Das war fahrlässig.

      Wenn Tina in dem Gewühl angerempelt wurde, wenn ihr jemand einen Ellbogen in den Bauch rammte, wenn auch aus Versehen, wenn sie ausrutschte ...

      „Ach, Tina. Vergiss alles, was ich gesagt habe. In der Bar ist der Teufel los. Du kannst da nicht arbeiten.“

      Sie nickte langsam. „Was ist denn mit Ron?“

      „Der ist schon im Einsatz.“

      „Kann er vielleicht Doppelschichten machen?“

      Das war die Idee! Mein bester Freund half mir bestimmt! Auf Ron konnte ich mich immer verlassen.

      Ich hängte mich sofort ans Telefon. Wenn ich Glück hatte, kämpfte Rory nach der langen Nacht noch mit seinen enormen Einschlafschwierigkeiten. Ich würde ihm vorschlagen, dass Anita oder Tammy meine Schicht übernahm und Ron zusätzlich deren Schicht.

      Ich hatte Glück! Rory wälzte sich noch mit der Schlafmaske im Bett.

      „Du hast sie nicht alle, Emma!”, brüllte er mich an, nachdem er die Ohrstöpsel rausgenommen hatte. „Wir sind total unterbesetzt! Ron schiebt seit Wochen Doppelschichten. Du arbeitest seit gestern für zwei. Nur so als kleiner Hinweis, falls dir das noch nicht aufgefallen sein sollte! So wie übrigens alle, die nicht mit Grippe flachliegen. Anita hat sich vorhin auch noch krank gemeldet. Die Urlauber habe ich schon zurückgepfiffen. Und tauschen kann man da gar nichts mehr! Du bekommst keinen Urlaub! Basta!”

      Oh nein! Was sollte ich denn jetzt tun? Glücklich verhungern? Oder meine wahrscheinlich ganz große Liebe sausen lassen?

      2

      FUCK!

      JACOB

      Nachdenklich schaute ich vom Fenster meines Büros auf den Buffalo River. Unser Urlaub war flachgefallen, weil Emma arbeiten musste. Ich stand kurz davor, ihr einen Job in meiner Firma anzubieten. Natürlich müsste ich eine neue Stelle für sie schaffen. Geld genug war da.

      Warum zum Teufel tat ich es dann nicht? Zumal sie mir erzählt hatte, dass sie sich wie wild im ganzen Land bewarb. Sie hatte doch gerade erst ihr Studium abgeschlossen.

      Ich konnte ihr zwar auch keine Arbeit als Mathematikerin bieten, doch etwas Besseres als Doppelschichten als Kellnerin in einer Bar waren immer drin.

      Mir wurde ganz übel, wenn ich mir vorstellte, wie sie mit einem Tablett voller Bier zwischen sabbernden Börsenmaklern herum flitzte.

      Hoffentlich trug sie wenigstens die dicke Brille und einen Rollkragenpullover. Und ein knöchellanges Schlabberkleid. Und Boots. Aber wahrscheinlich rannte sie da in einem kurzen schwarzen Röckchen und einem knappen weißen Blüschen umher.

      Das konnte ich nicht länger zulassen. Vielleicht konnte sie Melanie mit der Buchhaltung helfen oder sie bei irgendwas anderem unterstützen. Meine Assistentin war wegen der Kooperation mit Klotz Inc. sowieso überlastet.

      Ich kehrte dem Buffalo River den Rücken zu. Wenn Emma für mich arbeitete, würde sie als erstes Urlaub bekommen. Diese zehn Minuten dauernden Telefonate, bei denen sie mir zuliebe das Gähnen unterdrückte, waren mir zu wenig.

      Gerade als ich meine Hand ausstreckte, um die Tür meines Büros zu öffnen und einen Job für Emma zu schaffen, flog sie auf.

      „Gut, dass du nicht im Urlaub bist!“, stieß Melanie hervor. Hektische rote Flecken übersäten ihr Gesicht.

      Meine Assistentin war sonst die Ruhe selbst. Wenn sie so aufgelöst war, dann Mahlzeit.

      Etwas Schlimmes musste passiert sein. Schlimmer als der Tod von Melanies Oma. Da war ihre Gesichtsfarbe ganz normal gewesen.

      „Was ist passiert?“, erkundigte ich mich.

      Melanie schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.

      „Petersen ist am Apparat”, keuchte sie und wedelte vor lauter Nervosität mit den Armen.

      „Petersen? Meinst du Ricky Peterson vom Buffalo Manager Magazine?“

      Melanie sah aus, als würde sie gleich anfangen zu weinen. „Ja, genau. Was er zu sagen hat, klingt gar nicht gut.”

      Ricky Peterson war der Chefredakteur vom Buffalo Manager Magazine und er war ein guter Freund von mir. Als meine Firma noch ganz am Anfang stand, war er der einzige, der bereit gewesen war, einen Bericht über mich zu bringen.

      Seit ich auf dem Landmaschinenmarkt ganz oben mitmischte, revanchierte ich mich, wann immer es möglich war, mit einer Exklusiv-Reportage. So etwas verbindet.

      Aber dass es gar nicht gut klang, was er zu sagen hatte, war die Untertreibung des Jahrhunderts.

      „Wann hast du die Fotos bekommen, Ricky? Und von wem?“

      Ich wandte den Blick von meinem Bildschirm ab. Es waren schöne Fotos. Zumindest der Teil, der Emma zeigte. Sie war unglaublich fotogen. Ob im Cocktailkleid beim Verspeisen eines Steaks, im knappen Röckchen beim Tennis, so gut wie nackt im Solebecken, im Gouvernantenkleid bei der Versteigerung - oder auf einem nächtlichen Hotelflur, kopfüber an mir hängend.

      „Gestern Abend. Seitdem versuche ich, dich zu erreichen. Der Absender ist Secret Gossip, eine Presseagentur aus New York. Die verkaufen Klatsch und Tratsch an jeden, der dafür zahlt.“

      „Hab das Telefon auf lautlos gestellt. Musste nachdenken.“

      „Du solltest mindestens deine E-Mails regelmäßig checken.“

      Allerdings! Ich Idiot! Jetzt hatte ich noch viel mehr nachzudenken. Mein Kopf rauchte bereits. Diese Fotos durften auf gar keinen Fall an die Öffentlichkeit. Kein Mensch würde ein Callgirl als Mathematikerin einstellen. Und die Kooperation mit dem frommen Klotz konnte ich auch vergessen.

      „Die Schnappschüsse sind keine Fakes?“, riss Ricky mich aus den Gedanken.

      „Schön wär’s“, murmelte ich.