Daisy Summer

Callgirl unterm Weihnachtsbaum


Скачать книгу

du meinst, sind Rentiere. Rudolph und so.“

      Jacob legte beide Hände um mein Gesicht und küsste mich zart auf den Mund. „Ich glaube, meine süße Emma ist doch mehr ein Stadtmensch.“

      „Weil ich nicht von einem Monster gefressen werden will?“ Ich kräuselte die Nase.

      Jacob bedachte mich mit einem nachsichtigen Blick.

      „Da wirst du eher von einem Yellow Cab überfahren. Elche sind scheue Tiere. Sie meiden den Menschen. Bei uns Indianern sind sie ein Symbol für Kraft, Weisheit und Gerechtigkeit. Ihr Geweih sind Antennen, mit denen sie mit den Geistern kommunizieren.“

      Das mit den Antennen machte mich nicht gerade zuverlässig, dass Jacob wirklich alles über Elche wusste.

      „Wenn diese Tiere so scheu sind, was tat dieser Elch dann hier? Wir sind eindeutig Menschen. Und das Gebäude da hinten ist kein Winter-Unterschlupf für Wild.“

      Angespannt zeigte ich auf Jacobs Luxus-Ferienhaus.

      Jacob stupste mit seiner Nase meine Nase an. „Der Elch hat ja nicht bei uns angeklopft.“

      Erschrocken riss ich die Augen auf. „Tun die das etwa?“

      „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“ Jacob öffnete die Fahrertür. Er verlangte wirklich von mir, dass ich ausstieg.

      Ich lächelte gekünstelt und bemerkte misstrauisch: „Hier gibt es bestimmt auch Bären.“

      „Richtig“, sagte Jacob. „Aber die kommen ebenfalls nicht zu uns auf einen Kaffee vorbei.”

      „Dass die keinen Kaffee wollen, ist mir auch klar.”

      Jacob schmunzelte. „Und jetzt, so leid es mir tut, runter mit dir von meinem Schoß. Ich muss den Wagen freischaufeln, bevor er sich bis zum Ende des Winters mit diesem Haufen aus Eis und Schnee verbindet. Aber pass auf, wenn du auftrittst, es ist glatt da draußen.“

      Ich wollte nicht den Hasenfuß spielen und hüpfte aus dem Jeep - und landete mit dem Gesicht nach unten im Schnee.

      Gleich nachdem ich auf dem Bauch den Hügel hinunter gerodelt war.

      Jacob sprang mir nach. Er fiel nicht, er stand wie ein Baum und reichte mir eine Hand. Und mit der anderen Hand schaufelte er durch den Schnee.

      „Wehe!“, drohte ich ihm. Da seifte er mich auch schon ein.

      Um Atem ringend wischte ich mir den Schnee aus dem Gesicht, vergewisserte mich flüchtig, dass der Riesenelch immer noch durch Abwesenheit glänzte, und klatschte Jacob eine ganze Schubkarrenladung weichen Schnee ins Gesicht.

      „Du willst dich mit mir anlegen?“ In Jacobs schönen braunen Augen funkelte der Schalk.

      „Unbedingt“, kreischte ich, bevor Jacob mich schnappte und mit mir im Arm mit Anlauf in den Schnee sprang.

      „Etwa so?“

      Jacob rieb meine Wangen mit Schnee ein.

      Japsend griff ich links und rechts in die weiche Pracht und schmierte diesem Verrückten das Zeug in den Nacken.

      „Oh, du bettelst um Strafe“, knurrte er und seifte mich richtig ein.

      Wir wälzten uns im Schnee, rollten über den Boden und seiften uns gegenseitig ein.

      Jacob lachte sich kaputt, während ich nur noch nach Luft schnappte.

      „Waffenstillstand“, kreischte ich.

      „Du zuerst“, forderte er.

      „Nein du.“

      „Ich heule doch nicht herum. Ich könnten Stunden so weitermachen“, kam es gleichmütig zurück. Prompt landete der nächste Schneeball auf meiner Stirn.

      Blitzschnell krallte ich meine gefrorenen Finger in Jacobs weiß gepuderte Haarpracht.

      „Du kleine Kratzbürste“, grinste er frech. „Winsele um Vergebung.“

      „Vergebung“, prustete ich.

      „Ein bisschen unterwürfiger, wenn’s geht, bitte.“ Jacobs Hand bewegte sich schon wieder gefährlich über dem Schnee.

      „Na gut. Bitte vergebe mir, großer Schneemeister!“ Ich kicherte.

      Jacobs Gesicht kam mir gefährlich nahe. Von einer Sekunde zur anderen wurde ich ernst. Ich wusste, was jetzt kam. Der Kuss war unausweichlich. Und er kam. So zart wie eine Schneeflocke.

      „Wir haben es geschafft, Jacob. Wir sind da, in unserem ersten gemeinsamen Urlaub!“, wisperte ich, als Jacob seine Lippen von meinen nahm.

      Er strahlte mich ebenfalls an. Er strahlte sogar mehr als die Sonne, die die ganze weiße Welt um uns herum zum Glitzern brachte.

      „Ich liebe dich“, sagte er schon zum zweiten Mal an diesem Tag und darüber wollte ich mich bestimmt nicht beklagen.

      4

      BIG BIG LOVE

      JACOB

      Es war ein vollkommen neues Gefühl für mich, hier mit Emma anzukommen. Nach all den Jahren, in denen mir keine Frau nahe gekommen war, erschien es mir, als wäre ich endlich Zuhause.

      Dabei hatten wir bisher kaum Zeit miteinander verbracht. Unsere spärlichen Telefonate während der vergangenen zwei Wochen ausgenommen, war es nur eine knappe Woche, in der wir uns von Angesicht zu Angesicht begegnet waren.

      Und doch war Emma mir vertrauter als jeder andere Mensch auf der Welt.

      „Ich liebe dich“, hauchte sie und sah mich dabei an, als wäre ich etwas ganz Besonderes.

      Ungefähr so besonders wie Emma für mich war.

      Auch ich hatte bereits mehrmals Ich liebe dich zu ihr gesagt. Die drei Worte, die seit Jahren überhaupt nicht mehr über meine Lippen gekommen waren, rutschten mir bei Emma einfach so raus. Ohne dass ich darüber nachdenken musste, erblickten sie das Licht der Welt. Ich fühlte es in diesen Momenten genau so. Es war beinahe schon unheimlich.

      Jetzt hatten wir eine ganze Woche nur für uns. Wenn wir zu zweit alleine hier draußen in der Wildnis waren, würde sich zeigen, ob das zwischen uns nur ein Strohfeuer war oder der Beginn von etwas ganz Großem.

      Ich tendierte entschieden zu letzterem. Aber ich hatte mich schon einmal so sehr in einem Menschen getäuscht, den ich von ganzem Herzen geliebt hatte.

      Darum prüfe, wer sich ewig bindet - das war mein Motto. Davon würde ich auch Emma nicht ausnehmen, so sehr ich sie auch liebte. Beziehungsweise zu lieben glaubte.

      Gefühle konnten gemeine Verräter sein. Die Vernunft sollte mir eigentlich eindringlich sagen: Jacob, Augen auf! Doch sie sagte es nicht. Aber noch hatte ich die Kontrolle über meinen Verstand nicht ganz verloren.

      Emma zitterte unter mir. Da ich nicht sicher sein konnte, ob das von der Kälte kam oder von der Erregung, gab ich ihr einen weiteren romantischen Kuss und löste mich dann von ihr.

      Ich reichte ihr meine Hände, die sie vertrauensvoll ergriff, und zog sie auf ihre kleinen Füße, die in den dicken Stiefeln doppelt so groß aussahen wie sie eigentlich waren.

      Wenn sie sich nicht so furchtbar vor dem Elch erschrocken hätte, hätte ich ihr gern den Fuchs gezeigt, der uns aus dem Schutz einer Fichte beobachtete. Aber den weiteren Schrecken wollte ich ihr ersparen.

      „Du bist total nass und durchgefroren. Du musst ins Haus, Emma.“

      Am ganzen Leib zitternd, schmiegte sie sich an mich. Ihr Kopf mit dem schönen blonden Haar, das von der Toberei ganz zerzaust war, bewegte sich. Das sollte wohl ein Nicken bedeuten.

      „Geh schon vor und lass dir ein Bad ein. Aber sei vorsichtig.