Benjamin Webster

4 Schnecken und eine Nudel


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sie dann immer in ihre Zimmer gesteckt und gewartet, bis sie wieder normal waren. Du glaubst nicht, wie viele Male hier dicke Luft war.“ Thomas: „Und Mutter, hat sie sich nicht eingemischt?“ Maria: „Gott bewahre. Wenn dein Vater etwas gesagt hatte, war das wie ein Gesetz. Deine Mutter hat ihn meist unterstützt, bei Anwesenheit der Mädchen. Aber wenn sie alleine waren, haben sie oft darüber gestritten, ob das alles nötig oder richtig war.“ Thomas: „Ja, ich kann mich noch vage daran erinnern, wenn ich in den Ferien vom Internat hier war. Ich habe am wenigsten von allem mitbekommen. Meist war ich ja nur zehn oder zwölf Wochen im Jahr hier. Und als ich in Frankfurt studiert habe, war das genauso, wenn ich nicht gerade einen Ferienjob in unserem Werk gemacht habe.“ Maria: „Du hattest es auch nicht leicht, aber aus dir ist etwas geworden und hast aus deinem Leben etwas gemacht.“ Thomas: „Ja Maria, das war aber alles schwere Arbeit. Mir ist nichts geschenkt worden. Lass uns ein anderes Mal darüber reden. So langsam bekomme ich nämlich Hunger. Ich gehe mir nur noch die Hände waschen.“ Wenig später kam auch Cornelia zum essen. Sie mochte ihren Vornamen nicht so sonderlich und hatte es lieber, wenn man sie Nele rief. Die Einzige die noch fehlte, war Julia, genannt Jule. Sie ist noch „Arzt im Praktikum“, am Krankenhaus Süd in Neukölln. Jule hat in der Nähe des Krankenhauses eine kleine Wohnung, damit sie nicht jeden Tag zur Villa Bergmann, nach Potsdam-Süd fahren muss. Dies hat den Vorteil, dass sie schneller an ihrem Arbeitsplatz ist, wenn sie einmal zu einer Sonderschicht muss. Seit einem halben Jahr schreibt sie schon an ihrer Doktorarbeit, aber durch die viele Arbeit wird und wird sie nicht fertig. Ihr großer Traum ist es einmal eine eigene Praxis für Orthopädie zu haben. Nur dafür schuftet sie jeden Tag aufs Neue. Mit ihrem Verdienst von gerade einmal 1800.- Netto im Monat, wird es wohl noch lange ein Traum bleiben. Aber immerhin ist sie die Einzige der vier Geschwister, die eine klare Vorstellung von ihrer Zukunft hatte. Die anderen drei, sind noch unentschlossen, wie sie seit Jahren sagen. Im Klartext heißt das nichts anderes, dass sie auf Vaters Tasche liegen und als Berufsziel Tochter vor Augen haben. Thomas hat von all dem keine Ahnung. Er war der Meinung, dass alle einer Beschäftigung nachgehen. Denn wenn er in der Villa war, ist keine von ihnen anwesend gewesen. So nahm er es an. Aber er würde bald erfahren, wie seine Schwestern sich ihre Zukunft vorstellten. Aber der Reihe nach. Kurz vor 15:00 Uhr kam der Rechtsanwalt des Hauses, Dr. Franz Konrad. Er war der Anwalt von den Bergmanns seit 18 Jahren. Inzwischen ist er auch ein Freund des Hauses geworden. Er war meist bei allen Festlichkeiten eingeladen. Dr. Franz Konrad war der Testamentsvollstrecker. Herrmann und Inge Bergmann hatten bei ihm, wie jedes Jahr, ihr Testament erneuert. Geschäftliche Disharmonien und diverse Kredite veranlassten sie dazu, jedes Jahr ein neues Testament zu verfassen, schließlich sollten ihre Kinder einen genauen Überblick von ihrem Erbe haben. Die Bergmanns wollten klare Verhältnisse. Konrad begrüßte alle und Thomas führte ihn in das Arbeitszimmer seines verstorbenen Vaters. Dr. Konrad setzte sich hinter den Schreibtisch und öffnete seinen Aktenkoffer. Vor dem Schreibtisch standen sechs Stühle, für jedes Familienmitglied einen. Der sechste war für Maria Hall. Als alle anwesend waren, fing Dr. Konrad an dienstlich zu werden und begann mit der Testamentseröffnung: „Ich bin heute amtlich hier, um den letzten Willen von Herrmann und Inge zu vollstrecken. Ich habe hier drei Testamente. Das eine ist von Herrmann Bergmann, im Falle seines Ablebens, das Zweite von Inge Bergmann, für den Fall ihres Ablebens. Das Dritte ist für den Fall, das beide gemeinsam zu Tode kämen. Da dies der Fall ist, kommt dieses Testament zur Vollstreckung. Die anderen beiden Testamente, werde ich im Anschluss vernichten.“ Konrad legte zwei Umschläge zur Seite und öffnete den Dritten. Er räusperte sich und las das Testament vor: „Wir, Inge und Herrmann Bergmann, sind heute hierher gekommen, um unseren letzten Willen zu bekunden. Wenn euch Dr. Konrad diese Zeilen vorliest, ist dies ein unwiderrufliches Zeichen dafür, dass wir beide nicht mehr am Leben sind. Das ist zwar, zumindest von unserer Seite her sehr bedauerlich, aber nicht zu ändern. Ihr fünf wisst genau, dass wir euch sehr geliebt haben und hoffen, dass ihr uns in guter Erinnerung behält. Nun kommt der unappetitliche Teil unseres Testamentes, die Verteilung des Erbes. Wie ihr alle wisst, waren die letzten Jahre kein Zuckerschlecken, die Bergmann Werke zu halten. Uns ist dies nur, mit Hilfe verschiedener Banken und deren Kredite gelungen. Wir waren immer zuversichtlich, diese auch baldigst wieder ablösen zu können. Einzelheiten darüber entnehmt ihr aus der Anlage, die Dr. Konrad angefügt hat. Unser privates Vermögen, geht zu gleichen Teilen an unsere Kinder, Julia, Charlotte, Cornelia, Franziska und Thomas Bergmann. Jedes der Kinder erhält einen Anteil von 20%. Dazu gehört auch die Villa Bergmann und alle beweglichen Güter. Die Bergmann Werke werden auch aufgeteilt, aber mit einem anderen Prozentsatz. Unser Sohn Thomas Bergmann, erhält 50% der Geschäftsanteile und die vier Töchter je 12,5 %. Ihr werdet euch bestimmt fragen, warum das so ist? Hier ist die Erklärung. Während Thomas studierte und sogar ein Jahr im Werk gearbeitet hat, haben sich unsere Töchter, sehr zu unserem Leidwesen, sich den süßen Leben gewidmet. Sie waren nicht in der Lage, sich eine eigene Zukunft aufzubauen. Einfacher gesagt, sie waren einfach nur faul. Eine Ausnahme ist Julia, die sich zum Arztberuf entschlossen hat. Damit sie aber nicht glaubt, sie würde dafür bestraft werden, dass sie Ärztin geworden ist, wird ihr Bruder, bei der Ausstattung einer eigenen Praxis finanziell behilflich sein. Aber nicht grenzenlos, sondern höchstens mit einer Summe von 250.000 Euro. Das ist in etwa die Summe, die die anderen Mädchen für ihre sündhaft teuren Hobbys, in den letzten Jahren bekommen haben. Und als letztes, wollen wir auch Maria Hall, unsere unersetzliche Perle bedenken. Sie erbt das kleine Bootshaus unten am See und das dazugehörige Segelboot. Außerdem erhält sie 50.000 Euro in bar. Ihr habt nun sechs Wochen Zeit um es euch zu überlegen, ob ihr das Erbe annimmt, oder es ausschlägt. Unser Freund Dr. Konrad wird euch beratend zur Seite stehen. Mit der Unterschrift bestätigen wir und Dr. Konrad, dass wir das Testament aus freien Stücken und im Vollbesitz unsere geistigen Kräfte waren. Also, das war es. Wir haben unser Leben gelebt, lebt nun eures. In aller Liebe, eure Eltern.“ Dr. Konrad war fertig. Er holte die Anlage aus seinem Koffer und gab den Kindern je eine beglaubigte Kopie. Maria bekam eine über ihr Erbe. Es war still, keiner sagte etwas. Dr. Konrad fragte: „Wer hat noch Fragen, ich stehe euch gerne zur Verfügung?“ Jule war die erste die Aufstand. Sie gab Konrad die Hand, bedankte und verabschiedete sich von ihm. Sie entschuldigte sich bei allen mit den Worten: „Sorry, ich muss wieder ins Krankenhaus, habe noch bis 20:00 Uhr Dienst. Wir sehen uns morgen, da habe ich frei. Also bis dann, wir telefonieren.“ Sie verließ den Raum. Als nächstes stand Charly auf und meinte: „Ich muss noch zum Tennisclub, ich spiele morgen mit im Turnier. Also, Tschüss.“ Dann erhoben sich Nele und Franzi, sie wollten noch zum Gestüt fahren, um nach ihrem Pferd zu sehen und noch etwas ausreiten. Nun saßen nur noch Thomas, Dr. Konrad. so wie Maria im Zimmer. Thomas las die Anlage durch, die ihm Konrad ausgehändigt hatte. Maria meinte: „Das kann ich nicht annehmen. Das Häuschen gehört doch zu der Bergmann Villa. Und das Geld will ich auch nicht. Ich habe doch jeden Monat mein Gehalt für die Arbeit bekommen. Ich brauche doch nicht viel und zudem habe ich noch Erspartes. Kann ich es hier gleich ablehnen?“ Thomas drehte sich zu ihr und sagte: „Einen Teufel wirst du tun. Du nimmst das Erbe an. Du hast uns Kinder groß gezogen und warst immer für alle da. Und wenn meine Eltern sich auf diese Weise dafür bedanken, dann solltest du das respektieren.“ Dr. Franz Konrad fügte hinzu: „Ich sehe das genauso. Nehmen sie diese Anerkennung der Bergmanns an. Danach können sie mit dem Erbe machen was sie wollen. Sie können das Geld verschenken oder spenden. Machen sie Urlaub oder eine Kreuzfahrt. Die Kinder müssen dann auch einmal ohne sie auskommen.“ Thomas nickte zustimmend und Maria meinte nur: „Wenn ihr meint, dann nehme ich es eben an. Ich muss das Abendessen richten. Isst du mit, Franz?“ Jetzt wurde Franz wieder privat. Er nickte und antwortete: „Sehr gerne, Maria. Ich habe noch einiges mit Tommi zu besprechen, das dauert noch ein wenig.“ Als Maria den Raum verlassen hatte, zog Konrad einen Brief aus der Jackentasche und übergab ihn Tommi: „Der ist gestern Morgen in meine Kanzlei gekommen. Er ist an dich persönlich. Dein Vater hat ihn noch vor seinem Tod an dich geschrieben. Er dachte, er würde dich nicht mehr sehen. Wahrscheinlich hat er den Brief jemand gegeben und der hat ihn vergessen abzuschicken. Wie auch immer, hier ist er.“ Thomas nahm den Brief und legte ihn auf die anderen Unterlagen auf dem Schreibtisch. Dann forderte er Dr. Konrad auf mitzugehen in den blauen Salon. Es war das einzige Zimmer in der Bergmann Villa, indem geraucht werden durfte. Konrad blieb auf dem Weg dorthin stehen und meinte zu ihm: „Ich denke, es wird Zeit das du mich auch duzt. Ich heiße Franz und keine Widerrede.“ Für Thomas kam das doch überraschend,