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Ludwig Fulda
Aladdin und die Wunderlampe - Tausend und einer Nacht nacherzählt von Ludwig Fulda
Aladdin ist der Sohn eines armen Schneiders.
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Kommt, Kinder, faßt mich bei der Hand!
Ich führ' euch in das Morgenland
Und in sein Märchenparadies
Auf einem wohlbekannten Pfade.
Vor langen, langen Jahren wies
Ihn die berühmte Schehersade
Dem argen Sultan Scheherban,
Sodaß der greuliche Tyrann—
Weil ihre Kunst, in bunten Bildern
Ihm eine Zauberwelt zu schildern,
Unwiderstehlich ihn berauschte—
Vergessend Speis' und Trank und Ruh',
Ihr volle tausend Nächte lauschte
Und eine weitre noch dazu.
Von jenen köstlichen Geschichten,
Mit denen sie sein Ohr betört,
Will ich euch eine nun berichten;
Seid also mäuschenstill und hört:
In einer Hauptstadt fern im Osten,
So fern, daß nur mit viel Gefahr
Und ungeheuren Reisekosten
2Man ihr zu nahn imstande war,
Jedoch so reich an Herrlichkeiten,
Daß niemand ihresgleichen sah,
Dort lebte vor geraumen Zeiten
Ein Bürger namens Mustapha
Mit seiner Frau und seinem Sohn.
Sein Brot erwarb er sich als Schneider;
Sein Handwerk aber trug ihm leider
Trotz allem Fleiß nur magren Lohn,
Und knapp war drum bei ihm bemessen
Das Mittag- wie das Abendessen.
Den Sohn—man hieß ihn Aladdin—
Konnt' er nur mangelhaft erziehn;
So ward aus dem ein rechter Flegel,
Der gut tat, nur solang' er schlief,
Der schon frühmorgens in der Regel
Barfüßig auf die Gasse lief,
Sich dort herumtrieb nach Belieben
Mit andern kleinen Tagedieben
Und, bis ihm durch ihr Heer von Sternen
Den Heimweg zeigen ließ die Nacht,
Auf jeden Unfug war bedacht,
Sich aber sträubte, was zu lernen.
Der Vater hieb den Arm sich lahm,
Sah schließlich ein, mit solchem Rangen
Sei nichts Gescheites anzufangen,
Und wurde krank und starb vor Gram.
3Der Bursch, nun fünfzehn Jahr' schon alt,
Groß, schlank, fast männlich von Gestalt,
Statt auf die Hosen sich zu setzen
Für seiner Mutter Unterhalt,
Fuhr fort, auf öffentlichen Plätzen
Herumzulungern ohne Ziel
Und seine Tage zu vergeuden
In rohen Müßiggängerfreuden,
In plumpem Spaß und wildem Spiel.
Einst, als er in gewohnter Art
Sich raufte mit der Gassenjugend,
Merkt' er, daß eifrig nach ihm lugend
Ein fremder Mann mit schwarzem Bart
Und afrikanischen Gewändern
Ihm scheinbar im Vorüberschlendern
Sich näherte. Der Fremde blieb
Dicht vor ihm stehn und sprach: "Vergib,
Mein junger Freund, und laß mich wissen:
Wer ist dein Vater?" Aladdin
Versetzte: "Längst schon hat mir ihn
Des Todes rauhe Hand entrissen.
Im Leben hieß er Mustapha."
Die hellen Tränen rollten da
Dem Fremdling über beide Wangen:
"O Glück, daß ich, mein Sohn, dich treffe,"
Sprach er mit zärtlichem Umfangen;
"Du bist ja mein geliebter Neffe.
Dein Vater war mein Bruderherz;
Ich aber bin ununterbrochen
Schon auf der Reise hundert Wochen,
Um ihn zu sehn. Drum hat der Schmerz
Mich bei der Nachricht übermannt
Von seinem traurigen Geschicke;
Hab' ich doch gleich beim ersten Blicke
Dich an der Ähnlichkeit erkannt!"
Drauf hieß er ihn die Mutter grüßen
Und zog ein Beutelchen