Ludwig Fulda

Aladdin und die Wunderlampe - Tausend und einer Nacht nacherzählt von Ludwig Fulda


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gab ihm Geld.

       Auf raschen Füßen

       Lief Aladdin vergnügt nach Haus,

       Um seiner Mutter klipp und klar

       Den ganzen Handel zu erzählen.

       Die Mutter konnt' ihm nicht verhehlen,

       Wie sehr sie drob verwundert war.

       Mit rechten Dingen kaum geschah's!

       Wo war der Oheim hergekommen,

       Da sie doch nie zuvor vernommen

       Von einem Bruder Mustaphas?

       Doch weil das Gelb gar lustig klang,

       Zerbrach sie sich den Kopf nicht lang;

       Und abends wollten beide grad

       Von ihrem kargen Mahle naschen,

       Als jener Mann mit vollen Flaschen

       Und Früchten in die Stube trat,

       Um selber sich zu Gast zu laden.

       Von Rührung überwältigt schier

       Blickt' er sich um, als woll' er hier

       Von neuem sich in Tränen baden,

       Und sagte: "Teure Schwägerin,

       Wohl vierzig Jahre flossen hin,

       Seit ich dies Heimatland verlassen,

       Um in der Fremde Fuß zu fassen

       Und dem erträumten Glücke nach

       Den halben Erdkreis zu durchstreifen;

       Es läßt sich also gut begreifen,

       Daß nie mein Bruder von mir sprach.

       Nun aber endlich heimgekehrt

       Und trostlos, weil an seinem Herd

       Ich ihn lebendig nicht mehr finde,

       Den sehnsuchtsvoll ich suchte—nun

       Will wenigstens ich seinem Kinde,

       Was ich vermag, zuliebe tun."

       Zu Aladdin gewandt hierbei,

       Begann er freundlich ihn zu fragen,

       In welchem Handwerk er beschlagen

       Und welcher Zunft beflissen sei.

       Der Bursche schwieg verlegen still;

       Die Mutter aber sprach betrübt:

       "Kein Handwerk hat er je geübt,

       Weil er durchaus nichts lernen will.

       Da hilft kein Warnen und kein Schelten;

       Ich glaube wahrlich, daß noch selten

       Es einen solchen Faulpelz gab.

       Er bringt mich an den Bettelstab,

       Und nächstens weis' ich ihm die Türe.

       Sein Vater würde sich im Grab

       Umdrehn, wenn er davon erführe."

       Der Fremdling mahnte drauf den Jungen

       In mildem, väterlichem Ton:

       "Das ist nicht wohlgetan, mein Sohn;

       Doch treibt man etwas nur gezwungen,

       Dann wird es einem leicht vergällt.

       Berufe gibt es viel auf Erden;

       Du mußt nicht grad ein Schneider werden,

       Und wenn kein Handwerk dir gefällt,

       So will ich gerne mich verpflichten,

       Im feinsten städtischen Bazare

       Dir einen Laden einzurichten

       Mit Linnenzeug, mit Seidenware,

       Kostbaren Teppichen und Stoffen,

       Sodaß Gewinn und neuer Kauf

       Dir Wohlstand bringt. Gesteh' mir offen:

       Wie nimmst du diesen Vorschlag auf?"

       Der Schlingel, ohne lang' zu schwanken,

       Erklärte schmunzelnd sich bereit;

       Die Mutter schwamm in Seligkeit,

       Hieß ihn sich tausendmal bedanken

       Und zweifelte nicht länger dran,

       Der unbekannte Biedermann,

       Der gleich ein ganzes Warenlager

       Dem Sohn zu schenken sich erbot,

       Sei niemand anders als ihr Schwager.

       Am nächsten Tag ums Morgenrot

       Erschien der neue Oheim wieder,

       Nahm seinen lieben Neffen mit,

       Ging ihm zur Seite Schritt für Schritt

       In den Bazaren auf und nieder,

       hielt an vor einem Kleiderstand

       Und bat ihn, aus dem dichten Schwalle

       Sich auszusuchen ein Gewand,

       Das ihm besonders gut gefalle.

       Freigebig kauft' er ihm dazu

       Noch Turban, Gürtel, Strümpfe, Schuh',

       Bis von dem Scheitel zu den Zehen

       Er einem jungen Prinzen glich.

       "Du sollst nun alle Tage mich

       Begleiten beim Spazierengehen,"

       Sprach sein Beschützer großmutvoll;

       "Denn freien Blick und Welterfahrung

       Braucht, wer ein Kaufmann werden soll.

       Dem Geist wird mühelos die Nahrung

       Geboten, deren er bedarf,

       Wenn klar das Auge sieht und scharf.

       Einsaugen wirst auf unsern Gängen

       Die Bildung du wie Luft und Licht

       Und läufst bei solchem Unterricht

       Niemals Gefahr, dich anzustrengen."

       Gesagt, getan. Sie gingen beide

       Von jetzt ab täglich durch die Stadt,

       Und Aladdin, im neuen Kleide

       Stolz wie ein Pfau, ward nimmer satt,

       Sich wißbegierig anzusehn,

       Was ihm sein guter Oheim zeigte.

       Sie wandelten durch weitverzweigte

       Gewölbe, Hallen und Moscheen,

       Betrachteten die schönsten Läden,

       Der Straßen emsiges Gewühl,

       Die Brunnen, draus erquickend kühl

       Das Wasser schoß in Silberfäden,

       Von hohen Palmen überschattet,

       Und drangen durch ein Gittertor,

       Wo freier Zutritt war gestattet,

       zum Prachtpalast des Sultans vor.

       Auch pilgerten sie manchen Tag,

       Die Glieder doppelt rüstig regend,

       Hinaus in die begrünte Gegend,

       Bis fern die Stadt im Rücken lag

       Und zu den Gärten sie gelangten,

       Drin unter üppigem Gerank

       Die wundersamsten Blumen prangten,

       Umspült von Teichen spiegelblank.

       Aladdin im Zaubergarten

      Kapitel 2

      Nachdem auf solchen Wanderungen

       Manch reizend Fleckchen sich dem Jungen

       Erschlossen, führte sein Begleiter