Ludwig Fulda

Aladdin und die Wunderlampe - Tausend und einer Nacht nacherzählt von Ludwig Fulda


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Mußt' ich drei Tage ganz und gar."

       Sie gab ihm, was im Hause war,

       Und warnt' ihn, sich zu überhasten,

       Denn was man rasch hinunterwürge,

       Das könne man nicht gut verdau'n,

       Und nur damit er ihr verbürge,

       Langsam und ordentlich zu kau'n,

       Drum solle, während er bei Tisch,

       Ihn keine Frag' und Antwort quälen;

       Er mög' ihr eher nichts erzählen,

       Als bis er gänzlich satt und frisch.

       Er folgte diesem guten Rat,

       Indem er so nur Stumm beschäftigt

       Dem Leibeswohl Genüge tat.

       Dann aber, durch das Mahl gekräftigt,

       Beschrieb im kleinen und im großen

       Er nach der Reihe ganz genau,

       Was ihm inzwischen zugestoßen;

       Er wies, als ihm die wackre Frau

       Nicht wollte glauben und drauf schwor,

       Daß er geträumt, an seinem Finger

       Den Ring und zog die bunten Dinger,

       Die er vom Baum gepflückt, hervor.

       Auch sie, weil nirgends noch dergleichen

       Sie je gewahrt und stets verkehrt

       Mit armen Leuten, nie mit reichen,

       Verkannte völlig deren Wert.

       Sie meinte zwar, daß ihr Besitzer

       Sich an dem farbigen Geglitzer

       Erfreuen könnte; doch dies Lob

       Erschien dem Sohne nicht beträchtlich,

       Weshalb er sie beinah verächtlich

       In irdgendeine Lade schob.

       Die mitgebrachte Lampe kam

       Nicht besser weg; zu keinem Zwecke

       Schien tauglich dieser Trödelkram,

       Als um zu rosten in der Ecke.

       Zuletzt gestanden sich die Zwei,

       Die Schuld an all dem Unheil trage

       Des falschen Oheims Schurkerei;

       Denn klärlich trat es nun zutage,

       Daß Aladdin von diesem Bösen

       Geweiht war schnödem Untergang

       Und nur durch Zufall ihm gelang,

       Sich lebend aus dem Garn zu lösen.

       Die Mutter ließ zu Schimpf und Schmach

       Des Zaubrers manchen Fluch erschallen;

       Doch waren, noch dieweil sie sprach,

       Dem Sohn die Augen zugefallen.

       Er hatte ja zwei volle Nächte

       Vom Schlaf gemieden zugebracht;

       Drum heischte der schon vor der Nacht

       Heut unbezwinglich seine Rechte.

       Halb zog, halb trug mit treuem Sorgen

       Die Frau den Taumelnden zu Bett;

       Da lag er reglos wie ein Brett

       Und schnarchte bis zum späten Morgen.

       Kaum aber war er endlich wach,

       Als auch sein Hunger wiederkehrte

       Und nach dem Frühstück er begehrte.

       Doch seufzend rief die Mutter: "Ach,

       Ich habe keinen Bissen Brot;

       Denn alles, was ich noch besessen,

       Das hast du gestern aufgegessen.

       Wie helfen wir uns aus der Not?

       Ich muß erst wieder näh'n und spinnen,

       Bevor ich was verdienen kann."

       "Nein, Mutter, sorg' dich nicht," begann

       Der Sohn nach einigem Besinnen.

       "Für unsern heutigen Bedarf

       Genügt's, die Lampe zu verkaufen,

       Die gestern ich beiseite warf.

       Ich will mit ihr zum Händler laufen;

       Der wird gewiß mir einen Groschen

       Dafür bezahlen oder zwei."

       Die Mutter holte sie herbei

       Und sprach: "Ihr Glanz ist längst erloschen;

       Auch ist von Staub und Rost und Schmutze

       Von oben sie bis unten voll;

       Wenn sie der Händler kaufen soll,

       Ist's ratsam, daß ich erst sie putze."

       So nahm sie Wasser denn und Sand;

       Kaum aber hatte sie zu scheuern

       Begonnen mit geübter Hand,

       Da stieg in einer Ungeheuern

       Und grauenhaften Schreckgestalt,

       Des Zimmers ganzen Raum erfüllend,

       Ein Geist vor ihr herauf, der brüllend

       Mit markerschütternder Gewalt

       Sie anfuhr: "Was ist dein Begehr?

       Um dir zu dienen, komm' ich her.

       Gehorchen muß ich jedermann,

       Der diese Lampe hält in Händen."

       Allein, bevor er Zeit gewann,

       Um seine Rede zu vollenden,

       Fiel, außerstand, sich zu bemeistern,

       Die Mutter um und rang nach Luft.

       Das Erscheinen des Geistes

       Doch Aladdin, der in der Gruft

       Gelernt, wie man mit solchen Geistern

       Verfährt, ergriff die Lampe schnell

       Und säumte nicht, ihm zu befehlen:

       "Ein gutes Frühstück schaff' zur Stell'!"

       Der Geist verschwand. Nicht drei zu zählen

       Vermochte man, da kam er wieder

       Mit einer großen Silberplatte

       Und setzte sie behutsam nieder.

       Was irgend man zu wünschen hatte,

       Das bot sich drauf in Fülle dar:

       Zwölf Silberschüsseln, drin ein feines

       Und reiches Mahl enthalten war,

       Zwei Flaschen voll erlesnen Weines,

       Vier Brote von dem besten Mehl,

       Kurzum ein Frühstück ohne Fehl.

       Die Mutter lag in Ohnmacht noch,

       Wie sich der Geist bereits empfohlen,

       Und konnt' erst langsam sich erholen,

       Indem den würzigen Duft sie roch.

       Der Sohn erfaßte sie beim Arm

       Und drängte sie, den guten Speisen

       Geziemend Ehre zu erweisen;

       Denn ewig blieben sie nicht warm.

       Sie sprach, verblüfft im höchsten Grade:

       "Woher denn dieser Überfluß?

       Zeigt uns der Sultan seine Gnade?"

       Drauf Aladdin: "Zuerst Genuß,

       Erklärungen dann hinterdrein."

       Und unbedenklich hieb er ein.

       Die