Jon Pan

KOBAS


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nicht möglich.«

      »Weil er tot ist?« fragte Kobas.

      van Rooyen schwieg.

      »Du glaubst zumindest, dass er tot ist. Weil du das glauben musst.«

      »Nein«, entwich es van Rooyen.

      »Doch, ich bin's, Erik van Rooyen, dein totgeglaubter Zwillingsbruder«, sagte Kobas und schaute seinem Gegenüber direkt in die Augen.

      Van Rooyen setzte sich, soweit ihm das mit zusammen gebundenen Händen und Füssen möglich war, auf.

      »Es sind in der Zwischenzeit einige Jahre vergangen, siebenundzwanzig, wenn du es genau wissen willst«, sprach Kobas weiter, und seine Stimme vibrierte dabei, obwohl er das zu unterdrücken versuchte.

      Jan van Rooyen wirkte verwirrt, seine Lippen zitterten nun heftig, die fiebrigen Augen waren weit aufgerissen. »Sie lügen«, sagte er. »Erik lebt nicht mehr.«

      »Ich bin Erik, darauf kannst du dich verlassen«, versicherte ihm Kobas.

      »Nein, nein, nein«, erregte sich van Rooyen. »Wer Sie auch immer sind, hören Sie mit diesem Spiel auf!«

      »Das ist kein Spiel, Jan«, sagte Kobas sehr ernsthaft.

      »Aber wie ist das möglich?« van Rooyen schüttelte verzweifelt den Kopf.

      »Sicher fragst du dich nun, was ich von dir will«, sagte Kobas.

      »Wenn Sie wirklich Erik sind, dann müssen wir zusammen reden.«

      »Du kannst deinen eigenen Bruder ruhig duzen«, empfahl ihm Kobas.

      »Binde mich los«, bat van Rooyen.

      »Nein«, entschied Kobas.

      »Was hast du mit mir vor?«

      »Du bleibst vorerst hier, Jan. Und wenn du keine Schwierigkeiten machst, wird dir nichts geschehen.«

      »Du willst mein Geld, oder?«, fragte van Rooyen. »Doch ich bin nicht so reich, wie du glaubst. Da ist nicht viel zu holen, auch wenn das von außen betrachtet anders aussieht.«

      »Ich weiß über dich und deine Verhältnisse bestens Bescheid«, garantierte Kobas seinem Bruder. »Mach dir darüber also keine Sorgen.«

      »Du willst dich rächen, nicht, Erik. Aber es war damals nicht so, wie du meinst.«

      Kobas schaute auf die goldene Armbanduhr, die ja dem Opfer gehörte.

      »Ich muss gehen«, sagte er.

      »Erik«, flüsterte van Rooyen. »Du hast mich schon immer falsch verstanden. Vielleicht waren wir uns zu ähnlich, wollten uns deshalb voneinander abgrenzen. Doch vor allem die Umstände haben uns damals getrennt. Ich musste für alles immer viel härter als du kämpfen. Lass uns vernünftig zusammen reden. Schließlich sind wir Brüder.«

      Wortlos schritt Kobas zur Treppe. Er war nicht mehr dazu fähig, auch nur ein Wort zu sagen.

      »Erik«, rief ihm van Rooyen nach.

      Kobas reagierte nicht darauf, stieg nach oben und schloss die Klappe im Boden.

      Danach fuhr er zum Flughafen zurück.

      »Wo ist Frau Kahn?«, fragte Kobas eine der beiden Sekretärinnen, denn er hatte seine Komplizin weder in ihrem Büro noch in dem von Jan van Rooyen angetroffen.

      »Frau Kahn ist nach Hause gegangen, Herr van Rooyen«, wurde ihm erklärt.

      Er verbarg sein Erstaunen.

      »Sollen die Anrufe, die für Sie kommen, noch immer nicht durchgestellt werden?« fragte die zweite Sekretärin.

      Natürlich hatte Frau Kahn das so angeordnet.

      »Ich habe zu tun und will nicht gestört werden«, antwortete Kobas. »Außer Frau Kahn ruft an.« Und mit einer Gereiztheit, die nicht gespielt war, fügte er hinzu: »Gerade heute, wo wir so viel Arbeit haben, geht es nicht, dass Frau Kahn nach Hause geht.«

      Kobas zog sich in van Rooyens Büro zurück, setzte sich hinter den Schreibtisch, griff zum Telefon und wählte die Nummer von Frau Kahns Wohnung.

      Niemand meldete sich.

      Was war los? Das gehörte nicht zum Plan. Frau Kahn hätte hier in der Firma bleiben müssen.

      Kobas wurde ungeduldig, erhob sich, schritt auf und ab, schaute zum Fenster hinaus und spielte dabei an den Vorhängen herum. Dann geriet das Ölgemälde mit der Windmühle in sein Blickfeld. Wie vertraut und doch wie fern ihm dieses Bild erschien. Es hatte im Elternhaus der Brüder Jan und Erik van Rooyen gehangen, genauer im Esszimmer.

      »Iss nicht so schnell. Jan! Dein Bruder möchte auch noch etwas.«

      Nein, er mochte nichts mehr, hatte Mühe damit, den bereits vollgeschöpften Teller leer zu essen.

      »In diesem Haus wird alles brüderlich geteilt«, betonte die Mutter.

      »Iss nicht so gierig, Jan.«

      »Hast du keinen Hunger mehr, Erik, mein Liebling?«

      Kobas riss sich von dem Bild los. Er spürte, wie er unruhiger wurde. Wo blieb seine Komplizin?

      Nach einer Stunde, während der er mehrere Male ohne Erfolg versucht hatte, Frau Kahn telefonisch zu erreichen, hielt er es nicht mehr aus.

      Er fuhr mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage und gelangte von dort über einen Hinterausgang auf die Straße. Nachdem er einige hundert Meter zu Fuß gegangen war, hielt er ein Taxi an und ließ sich zur Wohnung von Frau Kahn bringen.

      »Wieso kommst du her?«, empfing ihn seine Komplizin.

      »Du bist also hier«, stellte Kobas fest.

      »Komm rein«, forderte ihn Frau Kahn auf. »Wir brauchen das nicht vor der Tür zu besprechen.«

      »Ich habe ein Taxi genommen«, erklärte er ihr gleich. »In der Firma hat mich niemand weggehen sehen.«

      »Es ist trotzdem riskant!«, hielt sie ihm vor.

      »Du hättest eben nicht aus der Firma abhauen sollen. Das war nicht verabredet. Also, wo warst du?«

      »Hier, in meiner Wohnung«, antwortete sie.

      »Das kann nicht sein, denn ich habe mehrere Male versucht, dich anzurufen.«

      »So«, sagte sie. »Kaffeewasser kocht«, lenkte sie dann ab und eilte in die Küche,

      Kobas folgte ihr, stellte sich unter die Tür, schaute der Frau zu, wie sie mit ruhiger Hand das kochende Wasser in den Filter mit dem Kaffee goss.

      »Auch einen?«, fragte sie ihn.

      Er konnte dem würzigen Duft nicht widerstehen. »Ja«, sagte er.

      Sie lächelte ihn an, strich sich eine Strähne, die sich aus dem nach hinten frisierten und verknoteten Haar gelöst hatte, mit dem Handrücken aus der Stirn. Die Armreife schlugen klimpernd gegeneinander.

      »Du warst also wirklich hier in deiner Wohnung?«, wollte Kobas wissen.

      »Du kannst übrigens nicht lange bleiben«, ging Frau Kahn nicht darauf ein. »Du musst dich in die Firma zurückfahren lassen, sonst könnte dort jemand misstrauisch werden, denn van Rooyen ist nie ungesehen abgehauen. Das gehört nicht zu seinem Stil. Und achte darauf, dass dich nun auch niemand kommen sieht.«

      »Schon gut, aber ich will wissen, ob du hier in der Wohnung warst!« Kobas wurde heftiger. »Und warum du einfach aus der Firma verschwunden bist.«

      »Ich hatte noch einige Dinge zu erledigen, die dich jetzt aber nicht zu interessieren brauchen«, antwortete sie ihm und hantierte mit zwei Kaffeetassen.

      »Mich interessiert alles, was im Zusammenhang mit der Nummer, die wir hier abziehen, zu tun hat. Schließlich halte ich mein Gesicht hin, ich bin es, der die ganze Sache erst möglich macht. Vergiss das also nicht.«

      »Genau