zurückgehen, und jene, die sich langsam entwickelt haben, und von denen keine Gründer bekannt sind. Obwohl es solche Ursprungsgestalten gegeben haben muss, gibt es keine Überlieferungen von ihnen und daher auch keine Verehrung seitens der Gläubigen. Zu den stifterlosen Religionen gehört beispielsweise die Gruppe der unter der Bezeichnung Hinduismus zusammengefassten indischen Religionssysteme.
Manche Religionen gehen auf konkrete Personen zurück, deren Existenz wissenschaftlich nicht gesichert nachweisbar ist. Mose als Stifter des Judentums oder Laozi, auf den der Taoismus zurückgeht, wären hier exemplarisch zu nennen. Auch wenn angesehene Fachleute die Historizität dieser Personen anzweifeln, verehren deren Anhänger diese Religionsstifter bis heute, die, unabhängig davon, ob es sie wirklich gegeben hat, eine immense Wirkungsgeschichte hatten.
Das vorliegende Buch stellt elf große Religionsstifter der Menschheitsgeschichte näher vor. In zwei Gruppen beschreibt das Buch zum einen vier Religionsstifter ausführlich: ihr Leben, ihre Lehre, die Welt in der sie lebten, die Quellen, die von ihnen berichten usw. Auf diese vier Männer gehen vier der bedeutendsten und heute noch maßgeblichen Weltreligionen zurück: Mose für das Judentum, Buddha für den Buddhismus, Jesus für das Christentum und Muhammad für den Islam. Zum anderen werden sieben Männer vorgestellt, die ebenso Stifter großer Religionen waren. Deren Religionen haben eine weniger starke Anhängerschaft oder fanden nur regionale Verbreitung. Aus diesem Grund zählen sie in der Regel nicht zur Gruppe der Weltreligionen. Diese sieben Religionsstifter sind: Echnaton, Zarathustra, Konfuzius, Laozi, Mani, Guru Nanak sowie Baha’ullah.
Es wurde versucht, die Viten der einzelnen Personen möglichst objektiv, aber trotzdem wertschätzend zu beschreiben. An vielen Stellen sind daher Originaltexte bzw. Zitate aus frühen Schriften der Religion angeführt, die an die neue deutsche Rechtschreibung angepasst wurden.
Zwei Punkte sind beim Schreiben besonders aufgefallen:
Zum einen gab es bei fast allen Religionsstiftern eine starke Legendenbildung, und es war nicht immer einfach, den historischen Kern von der Dichtung zu unterscheiden. Am stärksten war die Legendenbildung dort, wo den späteren Biografen keine historischen Fakten mehr vorlagen. Das war häufig bei der Geburt, beim Berufungserlebnis und bei der Todesstunde der Fall. So finden sich manchmal fast identische Legendenmotive bei den Lebensbeschreibungen mehrerer Religionsstifter.
Zum zweiten fällt auf, dass alle Religionsstifter Männer waren. Dieses Faktum soll jedoch nicht über den Einfluss einiger Frauen bei den genannten Personen hinwegtäuschen, auch wenn die Geschichtsschreibung von männlichen Begleitern und Anhängern tendenziell bevorzugt berichtet. Zudem ist diese Tatsache des patriarchalen Übergewichtes ein Spiegelbild früherer Gesellschaften und jener Kulturen, in denen die Lebensbeschreibungen überliefert wurden.
Ansonsten bildet die Gruppe der elf Personen eine bunte Mischung: vom Pharao bis zum Findelkind; vom wohlhabenden Fürstensohn bis zum ärmlichen Handwerker; vom Religionsstifter, der ein Berufungserlebnis hatte, bis zu jenem, dessen Lehre das Ergebnis eines langen Gedankenprozesses war; von dem, der schon in Kindestagen seine erste Vision hatte, bis zu dem, der bereits im fortgeschrittenen Alter war, als er erstmals eine himmlische Stimme vernahm; vom Lehrer mit einer großen Schülerschar bis zu jenem, der einsam unterwegs war; von dem, der einen monotheistischen Gott verkündete, bis zu dem, in dessen Lehre die Götter keine bedeutende Rolle spielten; von dem, der am Ende seines Lebens die große Verbreitung der von ihm gelehrten Religion sah, bis hin zu jenem, dessen Lehre die Menschen damals kaum interessierte; von dem, der am Ende des Lebens wohlhabend und sehr beliebt war, bis zu dem, der mittellos und einsam starb; und schließlich: vom Weisen, der in seiner Todesstunde ruhig entschlief, bis hin zu jenem, der grausam ermordet wurde.
Noch manche weiteren Aspekte wären hier aufzuzählen, aber die Leserinnen und Leser mögen sich selbst ein Bild über die hier beschriebenen Persönlichkeiten machen.
Eine interessante Lektüre wünscht | Walter Vogel Graz, 2007 |
MOSE
Mose war ein Prophet, unter dessen Führung das israelitische Volk der Sklaverei in Ägypten entkommen konnte. Wann bzw. ob er überhaupt gelebt hat, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Am wahrscheinlichsten war seine Lebenszeit im zweiten Jahrtausend vor Christus. Als Kind wundersam gerettet, wuchs er laut biblischem Bericht im Haus des Pharao auf, ehe er als junger Erwachsener nach einer Bluttat ins Exil fliehen musste. Er lebte lange Zeit als Hirte in Midian. Durch ein Berufungserlebnis vor einem brennenden Dornbusch bekam er von seinem Gott Jahwe den Auftrag, sein Volk aus der Sklaverei zu befreien. Nach längerem Zögern ließ der Pharao die Israeliten ziehen, und Mose führte sein Volk nicht nur aus Ägypten heraus, sondern auch viele Jahre lang durch die Wüste. Am Berg Horeb empfing er von Jahwe die sogenannten zehn Gebote sowie weitere Vorschriften. Der Überlieferung nach starb Mose, kurz bevor das israelitische Volk in das verheißene Land gelangen konnte.
Obwohl Abraham laut biblischer Quelle der Urvater des Glaubens war, gilt Mose als der Begründer der mosaischen Religion, die heute allgemein Judentum genannt wird. Seinen Namen tragen auch die fünf Bücher Mose, welche nicht nur die wichtigsten Schriften der Juden darstellen, sondern auch für Christen einen zentralen Teil ihres biblischen Kanons bilden. Heute bekennen sich rund 10 bis 15 Millionen Gläubige zum Judentum.
Für den Großteil jüdischer und christlicher Gruppierungen ist die Historizität Mose unbestritten. Viele Theologen sehen aber in Mose lediglich eine Symbolfigur des jüdischen Volkes, die ihrer Meinung nach nie gelebt hat. Als Tatsache gilt jedenfalls, dass Mose eine immense Wirkungsgeschichte auf das Judentum hatte und wesentlich zur Einheit des jüdischen Volkes beitrug – egal ob er tatsächlich gelebt hat oder nicht.
Zeittafel: Mose und die Entwicklung des Judentums
Wichtige jüdische Begriffe erklärt
Quellen
Die wichtigste Quelle für die Rekonstruktion der Vita des Mose bilden die fünf Bücher Mose, auch Pentateuch genannt. Entgegen der namentlichen Andeutung wurden die fünf Bücher Mose nicht von ihm selbst verfasst. Theologen sind sich darin einig, dass die Verschriftlichung der Bücher erst viele Jahrhunderte nach Moses Tod erfolgte. Oft wird sogar von einer Zeitspanne von fast 1.000 Jahren zwischen seinem Leben und der Abfassung der Schriften gesprochen. Trotz dieser großen zeitlichen Differenz und trotz der Tatsache, dass Mose wahrscheinlich selbst nichts niedergeschrieben hat, bilden diese fünf Bücher praktisch die einzige brauchbare Zugangsweise zu seiner Person und zu seinem Leben.
Der Pentateuch ist der größte zusammenhängende Textbereich der Bibel. Beginnend bei der Erschaffung der Welt und des Menschen über die Erzelternerzählungen, den Erzählungen um Mose ab dem Buch Exodus über Gebote, Kultvorschriften bis hin zum Tod des Mose im Buch Deuteronomium bildet der Pentateuch trotz mehrerer in sich geschlossener Abschnitte ein durchlaufendes Werk.
In der Antike und im Mittelalter waren sich die Gelehrten darin einig, dass Mose den Pentateuch verfasst hat bzw. dass es sich bei diesen Schriften um „Gottes Wort“ handelte. Mosis Autorenschaft war unbestritten. Einzig Teile des letzten der fünf Bücher mit der Erzählung