für sich haben, das heisst soweit man wiederum über die vorausgesetzten Masse und Gewichte im klaren ist. Wäre wirklich der Kupferdenar gemeint, so wären die Hauptresultate folgende: die festgesetzten Arbeitslöhne erscheinen etwas niedriger als der vor etwa drei Jahrzehnten für Frankreich geltende Durchschnitt, diesen zu 1 Fr. 25 Cent. angenommen; der Ackerknecht erhielt täglich 65 Centimes, der Maurer, der Zimmermann, der Schmied, der Bäcker, der Kalkbrenner 1 Fr. 25 Cent., der Maultiertreiber, Schäfer, Wasserträger, Kloakenreiniger usw. die Nahrung und 50 bis 60 Cent.; von den Lehrern bekam der eigentliche Pädagog für jeden Zögling monatlich 1 Fr. 25 Cent., ebenso der Leselehrer und Schreiblehrer, dagegen der Rechnungslehrer und Schnellschreiblehrer 1 Fr. 90 Cent., der Grammatiker für griechische Sprache 5 Fr., ebenso der für lateinische Sprache und der Geometrielehrer. Ein Paar Schuhe sollte kosten: für Bauern und Tiertreiber 3 Fr., für Soldaten 2 Fr. 50 Cent., für Patrizier 3 Fr. 75 Cent., für Frauen 1 Fr. 50 Cent., wobei Gestalt und Arbeit natürlich ungleich war. Die Fleischpreise waren, in römischen Pfunden zu 24 Lot, für Rind- und Hammelfleisch etwa 28 Cent., für Lamm- und Schweinefleisch etwa 35 Cent.; der sehr umständlich aufgezählten Würste und der eigentlichen Leckerbissen nicht zu gedenken. Der gewöhnliche Wein, den Sextarius zu ½ Liter gerechnet, wurde etwas wohlfeiler angesetzt, als er jetzt gilt, nämlich zu 20 Cent., der bessere alte Wein zu 60 Cent., die edlen italienischen Weine, auch Sabiner und Falerner, zu 75 Cent., das Bier (cervesia cami?) zu 10 Cent., eine geringere Art (zythum) zu 5 Cent. Wir haben diese wahrscheinlich zu niedrig berechneten Preise (aus Dureau de la Malle) beibehalten, weil sie den einstweilen einzig möglichen Zweck, das Proportionale in den Werten zu veranschaulichen, genügend erreichen. Leider fehlt völlig der Preis des Weizens, welcher entscheiden würde. Die Preise sind im Edikt selbst ohne Zweifel hoch genommen, weil mit niedrigen von vornherein nichts wäre zu erreichen gewesen, und man darf sich nicht durch jenes Wort der Idatianischen Jahrbücher irren lassen: »Die Kaiser befahlen, dass Wohlfeilheit sei«.
Von allem, was Diocletian je getan hat, wird man diese Einführung des Maximums vielleicht am schärfsten tadeln können. Hier hatte sich einmal der absolute Staat im Vertrauen auf seine Zwangsmittel vollständig verrechnet; doch wird man die gute Absicht auch nicht ganz verkennen dürfen. Dieselbe tritt auch in dem neuen Kataster deutlich hervor, welchen Diocletian im letzten Jahre seiner Regierung (305) durch das ganze Reich hindurch aufnehmen liess. Wohl heisst112 es »er liess das Land vermessen und beschwerte es mit Abgaben« – allein es war dabei sicher nicht bloss auf die Erhöhung, sondern auch auf die billigere Verteilung der Steuern abgesehen.
Überhaupt möchte seine Regierung alles in allem genommen eine der besten und wohlwollendsten gewesen sein, welche das Reich je gehabt hat. Sobald man den Blick freihält von dem schrecklichen Bilde der Christenverfolgung113 und von den Entstellungen und Übertreibungen bei Lactantius, so nehmen die Züge des grossen Fürsten einen ganz andern Ausdruck an. Man wird vielleicht einen Zeitgenossen, welcher ihm ein Werk dedizierte, nicht als gültigen Zeugen anerkennen; immerhin darf es nicht übergangen werden, dass laut dem Biographen des Marc Aurel in der Historia Augusta (Kap. 19) dieser edle Fürst in Sitte und Wandel sowohl als in der Milde das Vorbild Diocletians war und in dessen Hauskult eine der vornehmsten Stellen einnahm. Hören wir jedoch einen Spätern. Der ältere Aurelius Victor, welcher auch für die Schattenseiten keineswegs blind und, wo Italien in Frage kommt, sogar ein Gegner ist, sagt von ihm: »Er liess sich den Herrn nennen, benahm sich aber als Vater; der kluge Mann wollte ohne Zweifel zeigen, dass nicht schlimme Namen, sondern schlimme Taten entschieden.« Und weiter nach Aufzählung der Kriege: »Auch die Einrichtungen des Friedens wurden durch gerechte Gesetze befestigt; . . . für die Verproviantierung, für Rom, für das Wohl der Beamten wurde eifrig und emsig gesorgt, überhaupt durch Beförderung der Wackern und Bestrafung der Missetäter der Trieb zum Guten gesteigert . . .«. Endlich bei Anlass der Abdankung schliesst Victor:
»Bei dem Widerstreit der Meinungen ist der Sinn für den wahren Sachverhalt verlorengegangen; unsere Ansicht aber geht dahin, dass es einer hohen Anlage114 bedurfte, um mit Verachtung alles Pompes wieder in das gemeine Leben herabzusteigen.«
Und dieser absolute Herrscher, der sein Land schrittweise der Usurpation hatte abkämpfen müssen, war auch grossgesinnt genug, um die politische Spionage abzuschaffen115. Wahrscheinlich fand er seine Macht gerade durch die Teilung so vollständig gesichert, dass es dessen nicht mehr bedurfte. Allerdings war das Späheramt in die Hände einer Korporation geraten, welche der Regierung selber gefährlich werden konnte; es waren die Frumentarier, ursprünglich die den Armeen vorausgesandten Proviantmacher, später als Ordonnanzen und endlich als Träger und Vollstrecker bedenklicher Befehle gebraucht; ausgeartet zu einer Clique, welche durch falsche Anklagen und durch den Schrecken davor namentlich in entlegenen Provinzen die angesehenen Leute auf das schändlichste brandschatzte. Viel mehr ist nicht davon bekannt116, aber man darf sich den Missbrauch wohl sehr furchtbar ausmalen; eine Bande böser Menschen, unter hoher Protektion, gegenseitig sich stützend und haltend, alle Stimmungen des Misstrauens in der Seele der Herrscher erlauschend und benutzend, und diesen hilflos gegenüber die reichen, altangesehenen Familien in Gallien, Hispanien oder Syrien, geängstigt und zu den grössten Opfern genötigt, um nicht als Teilnehmer an erdichteten Verschwörungen denunziert zu werden. Später, seit Constantin, der sonst die Angeber hasste117, kam die Sache wieder, nur unter anderm Namen; abermals waren es die Unternehmer des kaiserlichen Fuhrwesens, welche als agentes in rebus, als veredarii, jene schmähliche Rolle weiterspielten.
Sonst ist der Despotismus der römischen Kaiser überhaupt nicht mit der peinlichen Aufsicht über alle Kleinigkeiten, mit dem Hineinregieren in alles und jedes, namentlich nicht mit dem Diktieren und Kontrollieren geistiger Richtungen behaftet, die dem modernen Staat ankleben. Diese verrufene Kaiserherrschaft, welche das Leben des einzelnen so wenig achtete, so drückende Steuern eintrieb, für die öffentliche Sicherheit so schlecht sorgte – sie begnügte sich doch mit ihren nötigsten Zwecken und überliess sonst die einst mit Strömen Blutes unterworfenen Provinzen ungehemmt ihrem lokalen Leben. Auch sonst sah sie zu da, wo sie hätte eingreifen können. Dies zeigt sich nicht nur an den örtlichen, sondern auch an den Standesunterschieden, die sie bestehen und neu aufkommen liess. Es bildet sich zum Beispiel eine Aristokratie der Steuerfreiheit für die senatorischen Familien, die vom Staat angestellten Lehrer und Ärzte nebst einigen andern Kategorien, wozu in der Folge auch die christlichen Priester kamen. Von einer lebendigen neuen Gliederung des Staatswesens konnte allerdings nicht mehr die Rede sein; das Höchste, was selbst ein Regent wie Diocletian zu erreichen hoffen durfte, war die Erhaltung des Reiches in seinem Umfang und eine leidliche Ausbesserung der Schäden im Innern118.
Fußnoten
47 Der Name bei Orelli, Insc. Lat.sel., nr. 1052: Gaius Aurelius Valerius Diocletianus. – Er war schon Statthalter von Moesia gewesen, auch einmal consul suffectus, und hatte den Carus in der hohen Stellung eines comes domesticorum in den Orient begleitet. – Vgl. Theodor Preuss, Kaiser Diocletian und seine Zeit (Leipzig 1869), S. 19 ff. Wir werden uns auf diese treffliche Monographie noch oft beziehen.
48 Ich wüsste nicht, weshalb die Wissenschaft gegen diesen von Romieu aufgebrachten Ausdruck sich spröde erweisen sollte, indem derselbe eine ganz bestimmte Sache sehr gut bezeichnet.
49 Über den Gebrauch dieser beiden Titel vgl. die Untersuchung bei Preuss, a. a. O., S. 174 ff.