sofort ihre Hand, er begann an den Knöcheln und breitete sich nach oben aus, bis zu ihrem Ellenbogen. Sie schrie und griff danach. Doch auch Rais war von dem Hieb schwer angeschlagen, er fiel fast zu Boden.
Ein Arm griff sich um ihre Taille und zog sie zurück. Ihre Füße hoben vom Boden ab und traten ins Nichts, während sie mit beiden Armen um sich schlug. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie brüllte, bis eine dicke Hand sich über ihre Nase und ihren Mund legte und ihr damit sowohl ihre Stimme als auch ihren Atem abschnitt.
Doch dann sah sie sie - eine kleine Figur, die immer kleiner wurde. Sara rannte den Weg zurück, den sie gekommen waren und verschwand in der Dunkelheit der Frachtstapel.
Ich hab’s geschafft. Sie ist weg. Sie ist entkommen. Es war Maya egal, welches Schicksal sie nun heimsuchen würde. Hör nicht auf zu rennen, Sara. Renn immer weiter, finde Leute, finde Hilfe.
Eine weitere Figur schoss voran wie ein Pfeil - Rais. Er setzte Sara nach und verschwand ebenfalls in den Schatten. Er war schnell, viel schneller als Sarah, und es schien, als hätte er sich schnell von Mayas Angriff erholt.
Er wird sie nicht finden. Nicht in der Dunkelheit.
Mit der Hand, die über ihr Gesicht gepresst war, konnte sie nicht atmen. Sie kratzte daran, bis die Finger herunterrutschten, nur ein wenig, doch genug, um Luft durch die Nase einzuatmen. Der stämmige Mann hielt sie fest, einen Arm um ihre Hüfte, und ihre Füße reichten immer noch nicht zum Boden. Doch sie bekämpfte ihn nicht, sie hielt still und wartete ab.
Für mehrere lange Moment war der Kai ruhig. Das Gebrumme der Maschinen am anderen Ende des Hafens hallte durch die Nacht. Das machte es unwahrscheinlich, dass Mayas Schreie gehört worden waren. Sie und die zwei Männer warteten auf Rais’ Rückkehr - sie hoffte verzweifelt, dass er mit leeren Händen wieder auftauchte.
Ein kurzer Schrei erschütterte die Stille und Mayas Gliedmaßen erschlafften.
Rais kam wieder aus der Dunkelheit zurück. Er hatte Sara unter einem Arm, so wie man ein Surfboard trägt, die andere Hand war über ihren Mund gelegt, um sie still zu halten. Ihr Gesicht war knallrot und sie schluchzte, doch ihr Weinen erklang nur gedämpft.
Nein. Maya hatte versagt. Ihre Attacke hatte nichts genützt, sie hatte Sara nicht in Sicherheit gebracht.
Rais hielt ein paar Meter vor Maya an und starrte sie mit reiner Tobsucht in seinen hellgrünen Augen an. Ein dünnes Rinnsal aus Blut trat aus einem seiner Nasenlöcher, wo sie ihn geschlagen hatte.
„Ich hab’s dir gesagt”, zischte er. „Ich hab’ dich davor gewarnt, was passieren würde, wenn du etwas tätest. Jetzt musst du dabei zusehen.”
Maya strampelte erneut, versuchte zu schreien, doch der Mann hielt sie fest.
Rais rief barsch Etwas in der Fremdsprache zu dem Mann in der Lederjacke. Der eilte hinüber und nahm Sara. Er hielt sie fest und geknebelt.
Der Attentäter zog das lange Messer, jenes, das er verwendet hatte, um Mr. Thompson und die Frau in der Raststättentoilette zu ermorden. Er zog Saras Arm auf einer Seite heraus und hielt ihn fest.
Nein! Bitte tu ihr nicht weh. Tu das nicht. Lass es sein... Sie versuchte, Worte zu formen, sie herauszuschreien, doch sie kamen nur als gellende, gedämpfte Rufe hinaus.
Sara versuchte, sich zu entwinden, während sie weinte, doch Rais hielt ihren Arm in eisernem Griff. Er zog ihre Finger auseinander und steckte das Messer in den Raum zwischen Ringfinger und kleinem Finger.
„Du wirst zuschauen”, sagte er nochmals und starrte Maya dabei direkt an, „während ich deiner Schwester einen Finger abschneide. Er drückte das Messer gegen die Haut.
Nein, nein. Bitte, lieber Gott, nein...
Der Mann, der sie festhielt, der mit dem Schmierbauch, murmelte etwas.
Rais hielt inne und sah ihn genervt an.
Die beiden tauschten sich kurz aus, wovon Maya kein Wort verstand. Es war auch egal, denn ihr Blick war auf ihre kleine Schwester gerichtet, deren Augen zugekniffen waren, während Tränen ihr beide Wangen und die Hand hinunterliefen, die ihren Mund zuhielt.
Rais knurrte frustriert. Schließlich ließ er endlich Saras Hand los. Der dicke Mann ließ Maya los und gleichzeitig schubste der in der Lederjacke Sara vorwärts. Maya fing ihre Schwester in ihren Armen auf und hielt sie fest an sich.
Der Attentäter schritt vor und sprach leise. „Diesmal habt ihr noch Glück. Diese Ehrenmänner schlugen vor, dass ich keine Güter beschädige, bevor sie an ihren Zielort gelangen.”
Maya zitterte von Kopf bis Fuß, doch sie wagte es nicht, sich zu bewegen.
„Außerdem”, fügte er hinzu, „wo ihr hinkommt, ist es viel schlimmer, als alles, was ich euch antun könnte. Jetzt gehen wir alle an Bord. Denkt dran, ihr nützt ihnen nur, wenn ihr am Leben seid.”
Der Schmierbäuchige führte sie auf die Rampe, Sara hinter ihm und Maya direkt hinter ihr, als sie erschüttert das Boot betraten. Es hatte keinen Sinn, jetzt zurückzukämpfen. Ihre Hand pochte vor Schmerz an der Stelle, mit der sie Rais den Hieb versetzt hatte. Es waren drei Männer, aber sie waren nur zu zweit und er war schneller. Er hatte Sara in der Dunkelheit gefunden. Sie hatten keine Chance, allein zu entkommen.
Maya blickte über die Seite des Bootes auf das schwarze Wasser hinunter. Für den Bruchteil einer Sekunde spielte sie mit dem Gedanken, zu springen. Vielleicht war es besser, in seinen Tiefen zu erfrieren, als das Schicksal zu erleiden, das sie erwartete.
Doch das konnte sie nicht tun. Sie konnte Sara nicht allein lassen. Sie konnte nicht ihr letztes Bisschen Hoffnung verlieren.
Sie wurden zum Heck des Schiffes gebracht, wo der Mann in der Lederjacke einen Schlüsselbund herauszog und das Vorhängeschloss an der Tür eines Stahlcontainers, der in rostigem Orange bemalt war, öffnete.
Er öffnete die Tür und Maya keuchte vor Horror.
In der Kiste blinzelten im schwachen, gelben Licht mehrere andere junge Mädchen. Es waren mindestens vier oder fünf, die Maya sehen konnte.
Dann wurde sie von hinten geschubst und ins Innere gezwungen. Das Gleiche geschah mit Sara und sie fiel auf dem Boden des kleinen Containers auf die Knie. Als die Tür hinter ihnen zuschwang, kroch Maya zu Sara und nahm sie in ihre Arme.
Dann schlug die Tür zu und sie wurden in Finsternis getaucht.
KAPITEL NEUN
Die Sonne ging schnell am grau bewölkten Himmel unter, während der Quadopter in Richtung Norden raste, um seine Fracht, einen gewissen, entschlossenen CIA Agenten und Vater, zum Starlight Motel in New Jersey zu bringen.
Seine geschätzte Ankunftszeit betrug fünf Minuten. Eine Nachricht auf dem Bildschirm blinkte eine Warnung: Auf den Einsatz vorbereiten. Er blickte aus der Seite des Cockpits heraus und sah, dass weit unter ihnen ein großes Industriegelände aus verschachtelten Lagerhallen und Produktionsanlagen still im Dunkeln lag und nur durch Punkte aus orangefarbenem Straßenlicht beleuchtet wurde.
Er öffnete den Reißverschluss des schwarzen Seesacks, der auf seinem Schoß lag. In ihm fand er zwei Halfter und zwei Pistolen. Reid wand sich in dem winzigen Cockpit aus seiner Jacke heraus und zog das Schulterhalfter an, das eine Standard Glock 22 enthielt - sie hatte keinen von Bixbys biometrischen high-tech Abzugsriegeln, über die damals die Glock 19 verfügt hatte. Er zog sich die Jacke wieder an und krempelte anschließend das Bein der Jeans hoch, um den Knöchelhalfter anzubringen, der die Ersatzwaffe seiner Wahl enthielt, die Ruger LC9. Es war eine kompakte Pistole mit einem dicken Zylinder, neun Millimeter Kaliber in einem, auf neun Runden vergrößerten, Box Magazin, das nur drei Zentimeter weiter als der Griff hervorstand.
Er hielt sich mit einer Hand an der Abseilsprosse fest, bereit, aus der bemannten Drohne auszusteigen, sobald sie eine sichere Höhe und Geschwindigkeit erreicht hatten. Er wollte sich gerade die Kopfhörer von den Ohren ziehen, als Watsons