Джек Марс

Jagd Auf Null


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von der sektenähnlichen Terrorgruppe Amun indoktriniert wurde, bis er glaubte, dass seine Handlungen nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar notwendig wären. Maya hatte von Natur aus eine Gabe, die aus der gefährlichen Kombination von Intelligenz und Neugier bestand. Nach dem Bombenattentat in Davos hatte sie viel über Terrorismus und Fanatismus gelesen. Die Abwesenheit ihres Vaters während dieses Ereignisses führte sie zu der Spekulation, dass er etwas damit zu tun hatte, dass diese Organisation aufgehalten und zerlegt wurde.

      Sie wusste ganz genau, dass dieser Mann sich nicht durch Bitten, Betteln oder Flehen beeinflussen lassen würde. Sie wusste, dass man ihn nicht umstimmen konnte, und es war ihr auch klar, dass er nicht davor Halt machen würde, Kinder zu verletzen. Das alles stärkte sie nur in ihrem Beschluss, zu handeln, sobald sich eine Möglichkeit ergeben würde.

      „Ich muss zur Toilette.”

      „Das ist mir egal”, antwortete Rais.

      Maya runzelte die Stirn. Sie war schon einmal einem Mitglied von Amun auf der New Jersey Uferpromenade entkommen, indem sie vorgab, auf die Toilette zu müssen. So konnte sie auch ihre Schwester Sara in Sicherheit bringen. Keine Sekunde hatte sie die Geschichte ihres Vaters, dass es sich um ein Mitglied einer örtlichen Bande hielt, geglaubt. Es war das Einzige, was ihr jetzt einfiel, damit die beiden auch nur eine kostbare Minute allein zusammen hätten, doch ihre Bitte wurde abgelehnt.

      Still fuhren sie einige Minuten auf der Bundesstraße in Richtung Süden weiter, während Maya über Saras Haar strich. Ihre jüngere Schwester schien sich soweit beruhigt zu haben, dass sie nicht mehr weinte. Vielleicht waren ihr aber auch einfach die Tränen ausgegangen.

      Rais blinkte und lenkte den Wagen die nächste Abfahrt hinunter. Maya schielte aus dem Fenster und verspürte ein wenig Hoffnung, denn sie fuhren auf eine Raststätte zu. Sie war winzig, kaum mehr als ein Flecken für ein Picknick, der von Bäumen umsäumt war, und neben dem ein kleines, niedriges Backsteinhaus mit Toiletten stand, doch das war schon etwas.

      Er würde sie die Toilette benutzen lassen.

      Die Bäume, dachte sie. Wenn Sara es zum Wald schafft, dann kann sie ihn vielleicht abhängen.

      Rais parkte den Kleintransporter und ließ den Motor einen Moment laufen, während er das Gebäude beobachtete. Maya tat dasselbe. Dort standen zwei Laster, lange Sattelzugmaschinen, die parallel zum Backsteinhaus geparkt waren, doch sonst war da niemand. Außerhalb der Toiletten standen ein paar Verkaufsautomaten unter einem Vordach. Mit Bestürzung bemerkte sie, dass es auf dem Gelände keine Kameras gab, zumindest keine sichtbaren.

      „Die Damentoilette ist auf der rechten Seite,” stellte Rais fest. “Ich bringe euch dort hin. Solltest du versuchen, zu schreien oder nach jemandem zu rufen, dann bringe ich die Person um. Wenn du auch nur eine Geste oder ein Signal von dir gibst, dass irgendetwas nicht stimmt, dann bringe ich sie um. Ihr Blut klebt dann an deinen Händen.”

      Sara zitterte erneut in ihren Armen. Maya umarmte sie fest. „Ihr zwei haltet euch an den Händen. Wenn ihr euch trennt, dann wird Sara verletzt.” Er drehte sich ein wenig um, damit er sie ansehen konnte - insbesondere Maya. Er hatte schon vermutet, dass sie diejenige sei, die ihm eher Schwierigkeiten bereiten würde. „Habt ihr mich verstanden?”

      Maya nickte und lenkte dabei ihren Blick von seinen wilden, grünen Augen weg. Er hatte dunkle Ringe unter ihnen, so als ob er schon einige Zeit nicht mehr geschlafen hätte, und sein dunkles Haar war kurz abrasiert. Er schien nicht sehr alt, ganz bestimmt jünger als ihr Vater, doch sie konnte sein Alter nicht erraten.

      Er hielt eine schwarze Pistole hoch - die Glock, die gerade noch ihrem Vater gehört hatte. Maya hatte versucht, sie gegen ihn zu verwenden, als er in das Haus eingebrochen war, und er hatte sie ihr entrissen. „Die hier ist in meiner Hand, und meine Hand wird in meiner Tasche sein. Wenn du mir Schwierigkeiten bereitest, so bedeutet das Schwierigkeiten für sie.” Mit dem Kopf wies er auf Sara. Sie wimmerte ein wenig.

      Rais stieg zuerst aus und steckte seine Hand mit der Pistole in seine schwarze Jackentasche. Dann öffnete er die hintere Tür des Wagens. Maya kam zuerst heraus, ihre Beine zitterten als ihre Füße den Asphalt berührten. Sie streckte sich zurück in das Auto, um nach Saras Hand zu greifen und ihrer jüngeren Schwester herauszuhelfen.

      „Los.” Die Mädchen liefen vor ihm, als sie sich auf die Toilette zubewegten. Sarah fröstelte, denn Ende März in Virginia bedeutete, dass das Wetter gerade erst umschlug und es zwischen 12 und 15 Grad waren. Beide Mädchen hatten noch ihre Schlafanzüge an. Maya trug nur Flip-Flops an den Füßen, gestreifte Flanellhosen und ein schwarzes, ärmelloses Hemd. Ihre Schwester hatte Turnschuhe ohne Socken, Popeline-Schlafanzughosen mit einem Ananasaufdruck und ein altes T-Shirt ihres Vaters, ein gebatiktes, altes Ding mit dem Logo einer Band, von der die beiden noch nie etwas gehört hatten, an.

      Maya drehte den Türknopf und ging zuerst in die Toilette. Angewidert rümpfte sie instinktiv ihre Nase. Der Raum stank nach Urin und Schimmel, und der Boden war aufgrund eines undichten Rohres am Waschbecken nass. Dennoch zerrte sie Sarah hinter sich in die Toilette hinein.

      Es gab ein einziges Fenster dort, mit einer Scheibe aus mattiertem Glas, hoch oben an der Wand, die sich nach außen öffnen würde, gäbe man ihr einen kräftigen Stoß. Bekäme sie ihre Schwester dort durch einen Schubs hoch und hinaus, dann könnte sie Rais ablenken, während Sara ihm entkäme...

      „Bewegt euch.” Maya zuckte zusammen, als der Attentäter nach ihnen in die Toilette kam. Er würde sie keine Minute allein lassen. „Du, dahin.” Er zeigt auf Maya und dann auf das zweite von drei Toilettenabteilen. Er wies Sara auf das dritte.

      Maya ließ die Hand ihrer Schwester los und ging in das Abteil. Es war verdreckt. Sie hätte es nicht einmal benutzen wollen, wenn sie wirklich gemusst hätte, doch sie musste wenigstens so tun, als ob. Sie begann, die Tür zu schließen, doch Rais hielt sie mit seiner Handfläche offen.

      „Nein”, befahl er ihr. „Lass sie offen.” Und dann drehte er sich um und blickte in Richtung Ausgang.

      Er geht keine Risiken ein. Sie setzte sich langsam auf den geschlossenen Toilettendeckel und atmete in ihre Hände. Es gab nichts, was sie tun könnte. Sie hatte keine Waffen gegen ihn. Er hatte ein Messer und zwei Pistolen, von der sich eine gerade in seiner Hand, versteckt in der Jackentasche, befand. Sie könnte versuchen, auf ihn zu springen, damit Sara entkam, doch er blockierte die Tür. Er hatte schon Mr. Thompson umgebracht, und das war ein ehemaliger Marine und ein Bär von Mann, mit dem die meisten einen Kampf um jeden Preis vermeiden würden. Welche Chance hätte sie schon gegen ihn?

      Sara schniefte in der Kabine neben ihr. Das ist nicht der richtige Moment, um zu handeln, wusste Maya. Sie hatte darauf gehofft, doch sie würde weiter warten müssen.

      Plötzliche quietschte die Tür zur Toilette laut, als sie aufgestoßen wurde, und eine überraschte weibliche Stimme rief, „Oh! Entschuldigung... bin ich in der falschen Toilette?”

      Rais trat einen Schritt zur Seite, neben das Abteil und außerhalb von Mayas Sichtweite. „Es tut mit so leid, meine Dame. Nein, sie sind am richtigen Ort.” Seine Stimme verstellte sich sofort zu einem angenehmen, fast höflichen Tonfall.

      „Meine zwei Töchter sind hier drin und... naja, vielleicht bin ich ein wenig zu beschützerisch, aber dieser Tage kann man einfach nie zu vorsichtig sein.”

      Diese Finte ließ den Ärger in Maya aufbrodeln. Die Tatsache, dass dieser Mann sie von ihrem Vater entführt hatte und jetzt vorgab, er zu sein, ließ ihr Gesicht vor Wut aufglühen.

      „Oh, ich verstehe. Ich möchte nur das Waschbecken benutzen”, antwortete die Frau.

      „Natürlich.”

      Maya hörte, wie ihre Schuhe gegen die Kacheln klickten, und dann kam eine Frau teilweise in ihr Sichtfeld. Sie hatte ihr Gesicht von ihr abgewandt, als sie am Wasserhahn drehte. Sie schien mittleren Alters, mit Haar, das ihr ein wenig über die Schulter reichte, und war vornehm angezogen.

      „Ich kann es ihnen nicht zum Vorwurf machen”, meinte die Frau zu Rais.