E.D.M. Völkel

Nullmenschen


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      E.D.M. Völkel

      Nullmenschen

      © 2020 E.D.M. Völkel

      Verlag und Druck:

      tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN
Paperback:978-3-347-19390-1
Hardcover:978-3-347-19391-8
e-Book:978-3-347-19392-5

      Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

      Ein dickes Dankeschön an meine Familie für die großartige Unterstützung, den unermüdlichen Kaffeenachschub und die immense Geduld beim Probe-Lesen.

      Zudem mein Dank an Herrn Klomann, der mir mit seinem historischem Wissen wertvolle Informationen gegeben hat, und an die vielen anderen Menschen, die mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben.

      Prolog

      Völkel stand am Klingelschild des kleinen Eckhauses in der Bergstraße Eschborn. Im weitläufigen Garten leuchteten in kräftigen Farben die letzten Blüten der Herbststauden. Karmesinrot blitzten die Hagebutten durch das grüne, dünner werdende Laub der Kletterrosen über dem Eingang des Gartentores. Der Weg am Haus entlang führte in einen mit hellgrauen Natursteinen gepflasterten Hof. Dieser wurde durch die Garage und einen Gartenschuppen zum Nachbargrundstück begrenzt. Hier standen, vor dem kälter werdenden Novemberwind geschützt, die empfindlichen Pflanzen und warteten darauf, in ihr Winterquartier gebracht zu werden. Der sonst weitaufgespannte Sonnenschirm war in seiner Hülle verpackt im Schuppen abgestellt. Dort lagen ebenfalls die Abdeckungen für den Holztisch, die Bank und die Stühle bereit.

      Evas Schmerz über den unerwarteten Tod der Eltern, welcher ihre Rückkehr aus Hamburg nach Eschborn auslöste, wurde nach knapp zwei Jahren schwächer. Doch die Erinnerungen an die überaus merkwürdigen Umstände brannten sich unauslöschbar in ihren Kopf. Diese Ereignisse hatten eine gigantische Welle an Änderungen für ihr bisheriges Leben ins Rollen gebracht.

      Als Tochter eines Wissenschaftlers war sie im Grunde ihres Wesens neugierig. Sie versuchte mit den bescheidenen Möglichkeiten, welche ihr zur Verfügung standen, die Fakten der abrupten Todesfälle zu klären, um diese vielleicht zu verstehen. Ihre Wertvorstellungen von richtig und falsch gerieten massiv ins Wanken. Letztendlich stürzten sie über ihr zusammen und begruben sie mitsamt ihrem Glauben an die Menschlichkeit unter sich.

      Neue Freunde entpuppten sich als heimtückische Feinde, Personen, die unerreichbar schienen, wurden zu engen und geliebten Partnern. Die ungleichen Kumpel Moritz, der Journalist, und Chris, der überaus findige Fachmann am Computer, nahmen sie ohne Vorbehalte in ihre Gemeinschaft auf. Von ihnen lernte sie alles, was zum investigativen Journalismus gehörte. Rasch merkte Eva, das der bisherige Job in der Bank lediglich eine vorübergehende Tätigkeit gewesen war. Die erlebnisreiche Zusammenarbeit mit den beiden gefiel ihr weitaus besser, als sie es jemals für möglich gehalten hätte.

      Ihre zögerliche und fast schon ängstliche Haltung in der ersten Recherche verwandelte sich stetig in entdeckerischen Wagemut. Dieser bescherte ihrem neuen Freund Moritz viele schlaflosen Nächte. Die gerade beendeten Nachforschungen, welche in einem spektakulären Artikel ihren Höhepunkt fanden, schlugen hohe Wellen. Die Ausläufer waren auch heute noch spürbar. Ihre Suche führte sie zu den fragwürdigen Machenschaften alteingesessener Aristokratie und als ausgleichendes Gegengewicht zu dem ortsansässigen Rockerclub, Lakota MC. Schmunzelnd bemerkte sie im vergangenen Sommer, dass ihre Vorstellung vom typischen Klischee des Rockers passte. Sie teilte die Männer für sich in drei Gruppen auf. Die drahtigen, die bierbäuchigen, und jene, die sich noch nicht entschieden hatten, zu welcher sie gehören wollten. Glücklicherweise hatte sie bei ihren Besuchen in deren Clubhaus auch Normalos kennengelernt und mit Tina, der Frau des Präsidenten, verband sie eine lockere Freundschaft.

      Die gefährlicher werdenden Recherchen bescherten ihr unter anderem eine unfreiwillige Fahrt im Auflieger mit einem alptraumhaften Aufenthalt im Vorderen Orient. Moritz verlangte daraufhin, dass sie niemals mehr während einer laufenden Ermittlung einer Spur folgte, ohne Nachricht, wohin sie gehe.

      * * * * * * *

      Der November verlängerte den goldenen Oktober mit seinem atemberaubenden Farbenspiel der Natur. Dennoch kam der Herbst; unerbittlich zog er mit großen Schritten über das Land und kündigte den nahenden Winter an. Die Zeit des aus den Wiesen und Feldern aufsteigenden Nebels verwandelte die Landschaft auf geheimnisvolle Art und Weise.

      ›Jetzt fehlt nur noch der unverkennbare Geruch des Kartoffelfeuers‹, ging es Eva durch den Kopf. Sie seufzte und wandte sich den vertrockneten Stängeln der Stauden zu, die darauf warteten, abgeschnitten zu werden. Moritz kam eilig den Gartenweg entlang auf sie zugelaufen und reichte ihr das Telefon. Er hatte keine Augen für die feinen, schimmernden Tautropfen auf den in bunten Herbstfarben leuchtenden Blätter.

      »Kathi ist dran, sie erzählt so viel durcheinander, ich kann damit nichts anfangen«, verdrehte er die graugrünen Augen. Eva warf ihrem ein Meter achtzig großen und muskulösen Freund glücklich strahlend einen Kuss zu.

      »Hey Kathi, wo bist Du gestern hin verschwunden? Wir haben Dich gesucht…«, sie strich sich eine aus dem geflochtenen Zopf gelockerte Haarsträhne aus der Stirn.

      »Ich musste mal an die frische Luft…«, entgegnete diese ohne Begrüßung, was alles bedeuten konnte.

      »Gerade bin ich in der alten Firma. Stell Dir vor, er hat doch tatsächlich versucht, die Inhaber zu überzeugen, mich zu feuern und vor versammelter Mannschaft als unfähig hingestellt!«, drang ihre Stimme schrill und aufgebracht aus dem Hörer.

      ›Die unglaubliche Geschichte, geht weiter. Hatte der blaublütige, arglistige Vater der unantastbare Herr von Arche seine Tochter jetzt endgültig auf der Abschussliste?! Traute er selbst einer Frau selbst im 21. Jahrhundert nicht die Führung eines Unternehmens wie der Automo-Hessen zu?‹ »Ehrlich, mich wundert gar nichts mehr. Er ist und bleibt ein widerlicher, heimtückischer Fiesling«, kommentierte Eva schneller als gewünscht.

      »Sie geben mir eine Chance mit fast unerreichbaren Zielen. Wenn ich es schaffe, den Kunden an Land zu ziehen, kann ich bleiben. Falls ich es verbocke, räum` ich meinen Schreibtisch«, keuchte sie. »Es sei ein Test, ob ich überhaupt fähig wäre einen Teil der Geschäftsleitung zu übernehmen.«

      »Er hat auch dort so weitreichende Kontakte? Wo stecken eigentlich seine Finger nicht drin?!«

      »Ja und noch sehr viel weiter. Beim letzten Mal hat er gedroht, mir das Leben so schwer wie möglich zu machen. Wenn er will, kann er mich jederzeit auf immer vernichten«, flüsterte sie. »Wie Du selbst erfahren hast, haben die von Arches fast überall die Finger drin, bis ganz nach oben in die Führungsebenen der Politik und Wirtschaft. Genau wie in Deinem Artikel beschrieben. Es macht ihm Spaß mich scheibchenweise zu diskreditieren. Er stellt mir Fallen wo es geht, nur um mir zu zeigen, dass ich keine Chance habe jemals in dem uralten Konstrukt aus Männermacht fußzufassen. Als Frau hast Du in dieser Familie keinerlei Rechte.«

      Eva erinnerte sich an die ungeheuren Erkenntnisse. Eingeschworene Gruppen versuchten die neuralgischen Punkte des Staates und der Wirtschaft zu unterwandern, um diese zum geeigneten Zeitpunkt zu übernehmen. Innerlich hoffte sie, dass in Zukunft die Kontrollbehörden, aufgeschreckt der gefundenen Tatsachen, gründlicher arbeiteten. Die Ansicht von Moritz: Die Hintermänner sitzen in so hohen Positionen und haben ihre eigenen Vorstellungen. Außerdem hängt die halbe Politik, Industrie und Wirtschaft dort mit drin. Das Schlimmste, über all dem schwebt die Hand des allmächtigen Geldes und schützt sie; war ihr noch lebhaft im Gedächtnis.

      »Kathi, was ganz anderes, Du warst gestern richtig fertig. Was war los? Können wir Dir helfen?«

      »Erinnere mich bitte nicht mehr an