Die allmenschliche Sprache der Poesie
Biografische Notizen der Autorinnen und Autoren von „LebensLichtSpuren“
Fantasie-Autorin für die Titelseite
Danksagung und Selbstbetrachtung
GELEITWORT
Es ist ein schöner Gedanke, bewegende Lebensszenen von miteinander wohlvertrauten Literaten zu einem gemeinsamen Werk zu vereinen. Das ist wörtlich zu nehmen, denn die Beiträge der Autorinnen und Autoren sind alle nach einem sorgfältig ausgeklügelten Plan zunächst anonym miteinander „vermischt“ – ein Mix. Daraus ist in der Tat ein echtes Experiment mit verschiedenen schriftstellerischen bzw. poetischen Eingangsgrößen entstanden. Liegt somit eine Art kulturanthropologischer Neu(er)findung von Literatur in unserem Zeitalter der zunehmend globaler werdenden Welt vor? Auf die Bedeutung dieser Frage für die Dichtung von gestern und heute geht in seinem Essay der Schriftsteller Stevan Tontić am Ende dieses Buches ein.
Mit dem experimentellen Charakter dieser literarischen Kompositionen wird echtes Neuland auch in psychologischer Hinsicht betreten. Ja, es wird das Wagnis auf sich genommen, die herkömmlichen Schranken („Grenzen“) von poetischen Gewohnheiten und Ambitionen zu sprengen zugunsten des harmonischen Zusammenwirkens von verschiedenen Repräsentanten aus ganz unterschiedlichen Kulturkreisen. Lässt sich auf eine solche Weise der Grundgedanke des griechisch-deutschen Denkers Peter Coulmas einlösen mit dessen kosmopolitischer Erfahrungswelt, im Bemühen um ein sozial-kultures Weltbürgertum – jetzt mit den Mitteln des künstlerischen Schaffens von Literaten? Vielleicht.
Seinerzeit hat Max Wertheimer im nordamerikanischen Exil mit dem Klassiker „Produktives Denken“ neue Wege aufgezeigt, um festgefahrene negative Gewohnheiten und unbewusst-rigide Einstellungen („Vorurteile“) aufzubrechen mit dem Ziel eines möglichst produktiven Zusammenwirkens von Motivationen und Geisteskräften sehr verschiedener Persönlichkeiten – das also heißt möglichst kreativ miteinander umzugehen. Über dieses im jeweiligen Alltag schwer einzulösende Anliegen hat auch sein Sohn, Michael Wertheimer (USA) – ebenfalls ein Psychologe – immer wieder nachgedacht (dabei das Thema des Denkens und Verhaltens speziell von Nichtjuden versus Juden in Europa und in aller Welt berührend). Und vor einiger Zeit habe ich meinerseits auf der Insel Samos ein Buch von Karl Popper aufgeschlagen – mit dem Blick auf die nahe türkische Festlandsküste – und dabei über die Welt der Vorsokratiker Parmenides, Xenophanes und Heraklit nachgedacht, die psychologisch-philosophische Relativität unseres Wahrnehmens und Strebens reflektierend. Vielleicht lassen sich solche und andere Gedanken mit dem Anliegen verknüpfen, welches die Dichtung in dem vorliegenden Werk zum Ausdruck bringen will? Sehen Sie selbst, liebe Leserin und lieber Leser, was dieses experimentelle Poesiebändchen für Sie bedeutet.
Viktor Sarris
Frankfurt a. M., Dezember 2020
VORWORT
Liebe Leserin, lieber Leser,
Sie haben Interesse an dem Buch „LebensLichtSpuren“, darüber freuen wir uns. Es ist als weltumspannendes Experiment geschrieben worden. Wir bitten Sie: Lassen Sie sich auf das Geheimnis dieser LebensLichtSpuren ein und lesen Sie das Werk zunächst unvoreingenommen, ohne im hinteren Teil zu suchen, wer sich hinter den zahlreichen Szenen verbirgt.
Wir alle wissen, dass diese Welt und die darin lebenden Menschen von künstlich gesetzten Grenzen, Dogmen und Konventionen behaftet sind und das Andere, das Fremde, oft angstbesetzt erscheint. Dagegen wollen wir mit „LebensLichtSpuren“ ein Zeichen setzen. Wir wissen, dass es diesen von Menschen gesetzten Rahmen gibt, aber wir sind fest davon überzeugt, dass er nur eine kalte Hülle für die Menschen auf dieser Erde ist, egal, wo sie sich aufhalten.
Aber es gibt eine andere Sichtweise. Das warme Leben kennt nur die Vielfalt der Kulturen und die Einzigartigkeit von jedem von uns. Dies ist ein Schatz für die Völker und das gelebte Leben des einzelnen Menschen, und in dieser Betrachtung wird die Begegnung mit dem Fremden, dem Anderen, zum inneren und äußeren Reichtum der Individuen.
Wenn Sie sich beim Lesen auf diesen Pfad begeben, hoffen wir, dass Sie entdecken, welche und wie viele Leben sich hier offenbart haben. Vielleicht entsteht für Sie eine Weltseele, die in den bewegenden Elementen des Lebens keine künstlichen Barrieren kennt, sondern das Einfache, Wertvolle, Abenteuerliche im Alltag in sich vereint und dem Fremden, dem Anderen, zugeneigt ist. Dann wären die interessengeleiteten Grenzen, Dogmen und Konventionen überwunden, eine Brücke zwischen den Kulturen und den Mitmenschen wäre gebaut. Bauen Sie bitte beim Lesen an dieser Brücke mit. Danke!
Autorinnen, Autoren und Verlag
QUADRATISCHES MEER
Das erste Mal, als ich das Meer sah, war es quadratisch und es lag am Ende der Straße. Meine Mutter, zwei Tanten, meine Schwester, meine älteren Cousins und ich trugen Stühle, Regenschirm und Matten. Als die Straße ihr Ende erreichte, erstreckte sich das Meer vor mir. Ich trat auf den Strand, und das Meer wurde noch größer. Seine rechte Seite war von einem Berg begrenzt, die linke Seite verschwamm mit der Stadt in einem heißen Nebel, ganz hinten spaltete es den Horizont. Das Meer schien mit seinem fettleibigen Bauch nach oben zu liegen. Meine Mutter und meine Tanten pflanzten den Regenschirm in den Sand, klappten ihre Stühle auf und setzten sich. Meine ältere Schwester lief mit meinen beiden Cousins ins Wasser. Ich ging hinterher. Doch als ich das unbekannte Terrain betrat, zögerte ich. Die Wellen, die sich an meinen Beinen brachen, schienen mich auf den Grund zu ziehen, der Schaum verwirrte mich. Ich wollte nicht weitergehen. Aber meine Schwester und meine Cousins waren schon weit vor mir. Die Angst, nicht zu wissen, was dies war, hielt mich zurück.
Niemand erklärte mir, was für eine Kraft an meinen Beinen zog, und ich stieg wieder aus dem Wasser. Lieber wollte ich stundenlang mit Eimer und Schaufel im Sand spielen. Der Sand würde mich nirgendwohin ziehen, nicht gegen meinen Willen. Aber das Meer bewegte sich die ganze Zeit, die Wellen kamen und gingen, immer unterschiedlich voneinander. Manchmal waren sie nett, manchmal aggressiv, unbeugsam, und ich verstand nicht, was dahinter steckte und warum nur ich diese Angst hatte. Dort drüben war der dicke Bauch des Meeres größer als ich. Und der Horizont schien sich nicht darum zu