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Apache Cochise Staffel 1 – Western


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tiefverwurzelte Furcht vor den Indianern und ihre berüchtigte Schießwut neue Fehden zwischen den beiden Rassen auslösen würden.

      Tief in seine düsteren Gedanken verstrickt, ritt Cochise auf der anderen Seite die Paßstraße hinab und verließ sie dann, um Pfade zu nutzen, die nur der rote Mann kannte.

      *

      General Oliver O. Howard hörte sich den Bericht der beiden Scouts geduldig an. Er unterbrach mit keinem Wort. Colonel White, der dem Rapport lauschte, schwieg ebenfalls. Zwei scharfe Falten standen über seiner Nasenwurzel, ein Zeichen, daß er den Bericht der Scouts geistig verarbeitete.

      Howard saß hinter seinem Feldtisch und warf nur dann und wann prüfende Blicke auf den Colonel und die Scouts. Als Haggerty geendet hatte, lehnte er sich zurück und wartete.

      Miller saß mit halb geschlossenen Augen neben Haggerty. Beide waren müde und verschwitzt. Sie rochen unangenehm nach kaltem Schweiß, nach Tabak und Wildnis.

      Den General schien der Mief nicht zu stören.

      »Was meinen Sie zu der Sache, Colonel White?«

      White trat vor, zuckte mit den Achseln und wedelte fahrig mit den Händen.

      »Ich weiß nicht so recht, General… Sir. Mr. Haggerty ist der Auffassung, daß Cochise den mündlich geschlossenen Vertrag einzuhalten beabsichtigt. Wenn jedoch die Weißen weiterhin unkontrolliert von seinem Land Besitz ergreifen, kann das nicht gut ausgehen.«

      »Das ist auch meine Meinung«, sagte Howard kühl wie immer. »Schicken Sie einen Boten nach Tombstone, Colonel. Der Leiter der hiesigen Sektion soll sich bei mir melden. Ich möchte eine Erklärung für dieses Verhalten.«

      »Sehr wohl, Sir.« White wollte das Zelt verlassen, um sich einen geeigneten Mann im Feldlager zu suchen, aber Haggertys Stimme hielt ihn auf.

      »Sir«, sagte der Scout, während er sein Kinn massierte, »es gibt noch einen Punkt, den wir besprechen sollten.«

      Howard nickte. »Ja. Reden Sie, Mr. Haggerty.«

      Der strich sich mit den schmutzigen Fingern versonnen über die Augen.

      »Nicht nur Fort Buchanan ist den Chiricahuas ein Dorn im Auge, sondern auch die Ranch, die in der Nähe des Forts liegt. Von unserem Stützpunkt aus wird der Paß kontrolliert, okay. Daran haben sie sich mittlerweile gewöhnt. Bis zum heutigen Tage ist in diesem Gebiet zwischen Rot-häuten und Armeeangehörigen auch nichts vorgekommen.

      Ich habe Erkundigungen über die Ranch eingezogen. Sie gehört einem John Ward. Abgesehen von seinen Raufereien in Tombstone und Tubac, kann der Mann auch sonst nicht viel taugen. Messerstechereien, illegaler Handel mit den Indianern, Waffen, Whisky, was weiß ich…«

      John sah auf, aber Howard hörte ihm immer noch geduldig zu. White war beim Ausgang stehengeblieben und sah John an. Die Falte auf seiner Stirn hatte sich vertieft.

      »Bitte, Scout, fahren Sie doch fort.«

      »Wir wissen, daß Ward seine Cowboys sehr oft zum Rindersuchen in die Gebirgstäler schickt, besonders im Herbst, wenn die Frühjahrsrinder sich von den Muttertieren absetzen und ihre eigenen Wege gehen.

      Wenn Ward dabei ist, passiert nichts, sollten sie auf Apachen stoßen. Sie kennen den Mann. Wenn sie ihn auch nicht lieben, so dulden sie ihn wenigstens, weil sie einen gewissen Profit davon haben.

      Aber, wenn er einmal nicht mitreitet, sieht die Sache anders aus. Er hat ein paar rauhe Typen in seiner Mannschaft, schnell mit dem Eisen und skrupellos. Sie kennen ja die Reaktion, die einen Weißen zuerst beherrscht, wenn er unerwartet einen Indianer vor sich sieht. Er zieht und schießt. Fragen stellt er nachher. Hier sehe ich eine viel größere Gefahr für den Frieden als durch den Neubau der Poststation.«

      General Howard schob nachdenklich die Unterlippe vor, drehte sich zu White herum und sah ihn an.

      White nickte zögernd, kam zurück und fragte den Scout:

      »Was ist dieser John Ward für ein Mann? Ich meine, ist er streitsüchtig und rowdyhaft?«

      »Kann man wohl sagen. Er lebt mit einer Mexikanerin namens Jesua Martinez zusammen. Die hat einen Sohn, dessen Vater Apache ist, der sie mal in sein Jacale verschleppt hatte.«

      »Hm. Ist der Vater ein Chiricahua?»

      »Nein, ein Pinal-Apache.«

      »Weshalb haben Sie uns das jetzt erzählt?« wollte General Howard wissen.

      »Die Pinals wollen das Kind zurückhaben. Sie sind bereit, um den Besitz des Jungen einen Krieg mit den Leuten von der Ranch zu beginnen. Ich sehe Schwierigkeiten, Sir. Der Kummer liegt darin, daß die Chiricahuas und Mimbrenjos nicht untätig zusehen werden, wenn die Pinals in ihre Jagdgründe eindringen.«

      »Sie sind doch ebenfalls Apachen«, warf White begriffsstutzig ein.

      »Schon, schon«, fuhr John fort. »Aber seit Jahrhunderten befehden sich die Apachenstämme untereinander. Diese Kämpfe arteten nie aus und werden es auch jetzt nicht, wenn es zu einem Streit kommen sollte. Aber wir müssen sie im Interesse unserer Soldaten im Auge behalten.«

      Howard sagte: »Ich bin Ihnen für Ihre Hinweise dankbar, Mr. Haggerty. Was schlagen Sie mir vor?«

      »Wir sollten unseren Einfluß auf Ward ausüben, daß der Junge den Apachen zurückgegeben wird.«

      »Seine Mutter wird das nicht zulassen«, sagte White.

      »Wir könnten Ward unter Druck setzen«, behauptete sich Haggerty. »Er liefert Schlachtrinder an das Feldlager und in die Forts. Stellen wir ihn vor die Wahl, weiterhin Rinder zu liefern und den Jungen auszuliefern. Das wird ihm an die Nieren gehen.«

      White bemerkte: »Das ist eine glatte Erpressung, Mr. Haggerty. Die Armee sollte sich auf so etwas nicht einlassen.«

      »Erpressung oder nicht, Sir, der Zweck heiligt die Mittel. Mir geht’s um das Leben unserer Soldaten.«

      »Ich werde mir Ihren Vorschlag überlegen, Haggerty«, versprach der General. »Reiten Sie doch einmal hinauf zum Paß und sehen Sie dort nach dem Rechten.«

      »Okay, Sir, morgen.« Er stand auf, gab Miller einen leichten Rippenstoß. Als sie in der hitzeflimmernden Luft durch die Zeltgassen schritten, fragte Miller:

      »Siehst du die ganze Angelegenheit mit dem Indianerbengel nicht etwas zu schwarz, John?«

      »Das ist noch untertrieben, Curt. Mit Cochise ist nicht zu spaßen. Wenn er das Gefühl hat, von den Weißen betrogen zu werden, geht das Blutvergießen erneut los. Morgen reite ich zum Paß. Kommst du mit?«

      »Wenn es unbedingt sein muß. Um was geht’s dir dort oben?«

      »Ich will mich umsehen und mit den Leuten reden. Ein paar Verhaltensmaßregeln könnten nichts schaden, meine ich.«

      »Gut, ich bin dabei. Gehen wir uns jetzt den Staub von der Haut spülen.«

      *

      Häuptling Cochise benutzte einen Hohlweg, um auf der kürzesten Strecke zu seinem Lager in dem Hochtal zu gelangen. Der kaum sichtbare Pfad mündete in den »Canyon der Seufzer«. Hier waren vor 100 Jahren drei Jesuiten, die in diesem Gebiet missionieren wollten, von den Apachen gefoltert und schließlich getötet worden.

      Cochise war kaum ein Stück in den Canyon eingedrungen, als er einen klagenden Laut vernahm, der ihn blitzartig aus dem Sattel trieb. Er kauerte sich in den Schatten eines Felsens und suchte mit seinen Blicken die Schlucht ab. Er verfolgte die schwachen Zeichen eines Weges, der von links kam und in einer Mauer aus dichtem Grün weiter hinten verschwand, die sich wie ein Damm über die ganze Breite des Tales dehnte.

      Er sah nichts, hörte auch nichts mehr. War es der Wind gewesen, der ihm einen Streich gespielt hatte? Oder waren Bleichgesichter hier oben?

      Er wollte sich schon wieder seinem Pferd zuwenden, als er das Geräusch erneut vernahm: den klagenden Laut eines gequälten Menschen.

      Cochise