bin außer mir vor Freude, daß du alles gut überstanden hast!« antwortete er.
»Nein«, sagte sie, »ich meinte unseren Sohn!«
»Doch, natürlich freue ich mich über unseren Sohn«, entgegnete er verwirrt.
Woher kam es, daß ihn dieses kleine Wesen nicht interessierte? War es wirklich erst ein Jahr her gewesen, daß sich seine Gedanken unablässig mit dem männlichen Erben beschäftigten, der später einmal das Majorat übernehmen sollte?
Die Schwester trat wieder ins Zimmer. »Sie müssen jetzt gehen, Herr Arundsen«, sagte sie streng. »Ihre Frau braucht Ruhe. Sie dürfen morgen wiederkommen!«
Rainhart umfaßte Ulrikes schmale Rechte. »Leb wohl, Ully«, sagte er mit einem Blick voll zärtlicher Liebe. »Ich werde die ganze Nacht an dich denken und keine Minute schlafen können!«
*
»Ein strammer Bub«, sagte Konrad Eckhoff mit großväterlichem Stolz und beugte sich über die Babywiege.
Rainhart Arundsen stand daneben und blickte auf das Kind hinab, das sein Sohn war. Er konnte es immer noch nicht fassen, und zu seiner größten Bestürzung mußte er feststellen, daß er keine innere Beziehung zu dem winzigen Wesen verspürte, das unruhig in seiner Wiege strampelte.
»Nun ist dein größter Wunsch erfüllt«, sagte Konrad Eckhoff und blickte den Schwiegersohn mit einem langen Blick an, »du hast deinen Erben.«
»Du zürnst mir immer noch deswegen«, sagte Rainhart langsam, während er den Schwiegervater in sein Arbeitszimmer führte, »aber eigentlich hast du dazu keinen Grund.«
Eckhoff nickte bedächtig. »Ich weiß. Ulrike hat sich das Baby ebenso sehr gewünscht wie du.«
»Das meinte ich nicht. Zwischen Ulrike und mir hat sich alles verändert«, fuhr Rainhart zögernd fort. »Du weißt, weshalb ich Ulrike geheiratet habe…«, er brach ab. Es kam ihm jetzt beinahe unvorstellbar vor, daß er ohne Liebe diese Ehe eingegangen war.
»Du warst anständig genug, wenigstens mir die Wahrheit zu sagen«, erwiderte er. »Aber eines darf ich dir heute bestätigen: Du hast dir wirklich Mühe gegeben, Ulrike froh und glücklich zu machen. Dafür muß ich dir danken.«
»Du brauchst mir nicht zu danken«, wehrte Rainhart hastig ab. »Ich habe es nicht getan, weil ich es dir versprochen habe, sondern weil ich Ulrike liebe.«
»Du liebst sie?« fragte er heiser.
»Ja, Vater, schon lange. Und jetzt möchte ich alles tun, damit sie gesund wird.«
Eckhoffs Züge beschatteten sich. »Du weißt, daß es keine Rettung gibt!«
»Ich werde nichts unversucht lassen«, entgegnete Rainhart fanatisch. »Wir waren vorgestern, ehe wir auf das Gut zurückkamen, bei Professor Schildren, dem berühmten Krebsspezialisten, der Ulrike schon einmal untersucht hatte. Es war zwar sehr schwierig, Ulrike zu diesem Arztbesuch zu bewegen, weil sie sich angeblich nicht krank fühlt, und ich konnte ihr ja schließlich meine geheimen Befürchtungen nicht offenbaren.« Mit einem tiefen Seufzer senkte er den Kopf.
Eckhoff nickte. »Ich weiß, wie schwer es ist, ihr die furchtbare Wahrheit vorzuenthalten. Ich habe es ja selbst durchgemacht!«
Rainhart fuhr sich gequält durch das Haar. »Professor Schildren sagte mir nach der Untersuchung, daß er erstaunlicherweise eine geringe Besserung in Ulrikes Befinden feststellen konnte. Aber er fügte auch sofort hinzu, daß diese neue Diagnose zu keinen großen Hoffnungen Anlaß gebe!«
Eckhoff runzelte die Brauen. »Schildren hat eine neue Therapie bei Lymphdrüsenkrebs entwickelt. Wußtest du das?«
»Selbstverständlich. Schon seit langem verfolge ich die gesamte Fachliteratur und lese alle neuen medizinischen Veröffentlichungen, die auf diesem Gebiet erscheinen.«
Konrad Eckhoff sah seinen Schwiegersohn erstaunt an. »Ich bin beschämt, Rainer«, murmelte er. »Du tust mehr für Ulrike, als ich jemals für sie getan habe!«
Rainhart hob den Blick. »Sie ist meine Frau, und ich liebe sie«, erwiderte er schlicht.
Eckhoff streckte dem Schwiegersohn bewegt die Hand entgegen. »Ich glaube, ich habe dir sehr viel abzubitten«, sagte er.
»Wir wollen beide, daß Ulrike gesund wird«, sprach Rainhart weiter. »Und dazu ist mir jedes Mittel recht. Ich würde sogar das Gut verkaufen, wenn es nötig sein sollte!«
Eckhoff fuhr auf. »Das darfst du nicht tun!«
Rainhart lächelte. »Vorläufig ist es auch noch nicht soweit!«
»Solltest du finanzielle Schwierigkeiten haben, wende dich bitte an mich!« sagte Eckhoff. »Ich werde dir jederzeit helfen.«
»Danke, Vater. Ich hoffe, es kommt nicht dazu! Ich habe den Plan, Ulrike in Kürze zu Professor Schildren in die Klinik zu geben. Er hat mir selbst den Vorschlag einer neuerlichen Behandlung gemacht.«
Eckhoff kniff die Augen zusammen. »Und was sagt Ulrike selbst dazu?«
Rainhart machte eine verzweifelte Handbewegung. »Sie weiß noch nichts von meiner Absicht, und ich zerbreche mir den Kopf, wie ich es ihr beibringen könnte.«
»Meines Erachtens ist es im Augenblick unmöglich, solange Ulrike das Kind stillt.«
Mit einem gequälten Ausdruck blickte Rainhart den Schwiegervater an. »Sie kann nicht mehr lange stillen! Sie ist viel zu schwach dazu. Sie ahnt nicht, daß es über ihre Kräfte geht!«
Konrad Eckhoff schwieg einen Augenblick. Dann fragte er: »Wer soll das Kind versorgen, wenn Ulrike in der Klinik ist?«
»Ich habe bereits ein Kindermädchen engagiert. Es wird in der nächsten Woche auf dem Gut eintreffen.«
»Weiß es Ulrike schon?«
»Ich habe es nur beiläufig erwähnt, doch sie widersprach sofort. Daraufhin habe ich das Thema fallenlassen und auf einen günstigeren Moment verschoben.«
Eckhoff stand auf und ging in Rainharts Arbeitszimmer hin und her. »Ich muß dich etwas fragen, Rainer«, sagte er schließlich und blieb vor dem Schwiegersohn stehen. »Bedeutet dir das Kind gar nichts?«
Arundsen war verwirrt. »Wie kommst du darauf?«
»Ich spüre es«, antwortete Eckhoff knapp. »Du sprichst von dem Baby wie von einer Sache, die dich nicht eigentlich berührt.«
»Vielleicht hast du recht«, gab er mit finsterer Miene zu. »Ich habe mir diesen Sohn gewünscht, und jetzt kann ich ihn nicht einmal lieben!«
»Das ist schlimm«, sagte Eckhoff. »Da habt ihr nun euer Wunschkind Alexander, und trotzdem bist du nicht glücklich!«
In Rainers Augen standen Schmerz und namenlose Qual. »Wie kann ich glücklich sein, wenn meine Frau todkrank ist!«
»Siehst du«, sagte Eckhoff leise, »jetzt leidest du genauso wie ich! Seit du sie liebst, ist alles viel schlimmer!«
»Und darum werde ich auch nichts unversucht lassen!« Rainer richtete sich entschlossen auf. »Nächsten Monat fahre ich mit Ulrike zu Professor Schildren!«
*
Ulrike lehnte sich mit einem unterdrückten Seufzer in dem bequemen Sessel zurück und schloß einen Moment die Augen, um den Schwächeanfall zu überwinden.
Klein-Alexander, den sie in den Armen hielt, bewegte sich unruhig.
»Mein Liebling«, flüsterte Ulrike angestrengt, »mein liebes kleines Herzchen, wenn ich doch etwas mehr Kraft hätte, um mich dir ausgiebig widmen zu können!«
Der Kleine strampelte mit den Beinchen und krähte vor Vergnügen.
Es waren die schönsten Minuten des Tages für sie, wenn sie ihr Kindchen bei sich haben konnte.
»Ich bin dir keine gute Mutter«, flüsterte Ulrike, während sie jetzt ihr kleines