Jutta von Kampen

Mami Bestseller Staffel 3 – Familienroman


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auf. »Krebs ist doch unheilbar, nicht wahr? Es gibt kein Mittel gegen diese Krankheit, wenn sie erst so spät wie bei mir erkannt wird!«

      »Wer sagt dir, daß du Krebs hast?«

      »Ich weiß es!«

      »Hat Professor Deval…« Er sprach seinen Satz nicht zu Ende, weil er merkte, daß er sich verraten hatte.

      »Also ist es wahr!« rief Ulrike hastig. »Warum belügst du mich auch jetzt noch, Rainhart! Ist es nicht viel einfacher, wir sprechen endlich die Wahrheit aus? Laß mich sterben, das ist mein einziger Wunsch!«

      »Nein! Niemals!« stieß er erstickt hervor und umarmte sie leidenschaftlich.

      »Du ruinierst dich und das Gut«, fuhr Ulrike mit überstürzten Worten fort, »und es hat doch alles keinen Sinn.«

      »Vielleicht gibt es doch eine Möglichkeit!« Plötzlich wies er den Vorschlag, den ihm Deval vor einer Stunde gemacht hatte, nicht mehr so entschieden von sich wie vorhin.

      Ulrike schüttelte heftig den Kopf. »Nein, es gibt keine«, antwortete sie. »Ich will nicht mehr! Ich will sterben.«

      »Ully! Wie kannst du so etwas sagen!« Alles in ihm bäumte sich gegen die grauenvolle Erkenntnis auf, daß Ulrike ihren Lebenswillen verloren hatte und sich selbst aufgab.

      »Laß mich, bitte!« Erschöpft sank sie in die Kissen zurück. »Es gibt keine Rettung – keine!« Ihre Worte erstarben in undeutlichem Murmeln.

      *

      »Heute erst hat er es mir gesagt«, berichtete Ulrike mit strahlenden Augen, als Rainhart sie in der Klinik Professor Maurers besuchte. »Und du hast es mir auch verschwiegen!«

      »Was?« Rainhart beobachtete verwundert das zu neuem Leben erwachte Gesicht seiner Frau, das ihm noch gestern in völliger Apathie entgegengesehen hatte.

      »Wir sollen ein Kind haben – ein zweites Baby!« sagte Ulrike mit glänzenden Augen. »Das könnte die Rettung bringen!«

      »Unsinn!« wehrte er hastig ab.

      »Deval hat diese Möglichkeit nur erwogen, aber es ist keinesfalls sicher…« Ulrike unterbrach ihn. »Sicher ist nur eins: daß ich sterben muß, wenn wir nicht auch diesen Weg noch versuchen!« Sie umklammerte seine Hände. »Nach den

      eingehenden Untersuchungen, die Maurer und Professor Deval bei mir angestellt haben, ist er der Meinung, daß ich eine zweite Schwangerschaft ohne weiteres aushalten kann.«

      »Aber ich will es nicht!«

      »Warum nicht?«

      »Ich will dich nicht auf diese Weise verlieren!« entfuhr es ihm unbeherrscht.

      Doch Ulrike lächelte nur. »Ob ich an Krebs sterbe oder an der Schwangerschaft, ist doch gleich, nicht?«

      »Du wirst nicht sterben!« stieß er hastig hervor.

      »Wir wollen uns doch keiner Täuschung hingeben, Rainer«, antwortete Ulrike sanft und sah ihren Mann durchdringend an. »Ein Kind könnte den Körper regenerieren, so wie es damals während der ersten Schwangerschaft geschehen ist. Aber die Veränderung der inneren Wirkstoffe reichte nicht aus, um eine völlige Genesung herbeizuführen. Erst eine zweite Schwangerschaft könnte diesen Prozeß vollenden.« Sie lächelte siegessicher. »Deval hat mir alles genau erklärt.«

      Ulrike nahm seine Rechte in ihre beiden schmalen Hände und sah ihn mit einem verzweifelten Flehen an. »Wenn du mich wirklich liebst, Rainer, dann erfüllst du mir diesen einen Wunsch – den einzigen, letzten, den ich jemals äußern werde!«

      Seine Kehle wurde eng. Er konnte nicht sprechen. Nach langem Zögern nickte er wortlos.

      *

      »Ein Schwesterchen!« rief Trudi begeistert aus und stürzte ins Kinderzimmer. »Alexander, du hast ein kleines Schwesterchen bekommen!«

      Der Kleine, der knapp zweieinhalb Jahre alt war, warf sein Spielzeugauto auf den Boden und sprang auf. »Is das wahr?« fragte er mit ungläubigem Staunen.

      Trudi nickte. »Ja, bestimmt! Es ist so klein!« Sie breitete die Hände aus.

      »Och« machte Alexander enttäuscht. »So klein? Kann ich ja gar nich damit spielen!«

      »Nein«, antwortete Trudi lachend, »das kannst du auch nicht. Du mußt warten, bis das Schwesterchen größer ist.«

      »Wächst es denn?«

      »Natürlich! Du wächst doch auch!«

      »Bin ja auch ’n Junge!«

      Trudi amüsierte sich wieder einmal köstlich. »Mädchen wachsen ebenfalls, Alexander. Hast du gedacht, sie bleiben immer so klein?«

      Alexander steckte ein Fingerchen in den Mund und dachte nach. »Weiß nich«, sagte er dann kleinlaut. Plötzlich besann er sich. »Wo ist’n die Mami?«

      »Die Mami ist unten im Schlafzimmer. Du kannst jetzt nicht zu ihr, Alexander. Aber es geht ihr gut, und sie läßt dich schön grüßen.«

      »Und wo is’n der Papi?«

      »Unten in der Halle. Wir werden zu ihm gehen, ja?« Trudi nahm den Kleinen an die Hand und ging mit ihm die Treppe hinunter.

      Rainhart kam ihnen mit blassem, angespanntem Gesicht entgegen. Er streckte die Arme aus und hob seinen Sohn hoch in die Luft. »Wir haben ein gesundes Baby, Alexander!« rief er aus. »Was sagst du dazu?«

      »Is fein, Papi!« erwiderte der Kleine jauchzend. »Kann ich zu Mami?«

      »Nein, Alexander, vorläufig noch nicht. Aber in einer halben Stunde, wenn der Onkel Doktor fortgegangen ist, werden wir sie gemeinsam besuchen, ja? Sie wird sich bestimmt freuen, wenn wir beide zu ihr kommen.«

      »Und wo is das Schwesterchen?«

      »Das Schwesterchen ist bei Mami im Schlafzimmer und wird gebadet und gewickelt«, erwiderte Rainhart und war noch aufgeregter als sein Sohn, der das freudige Ereignis bedeutend ruhiger aufnahm.

      »Zeig’s mal!« verlangte Alexander.

      Rainhart mußte trotz der Anspannung, in der er sich immer noch befand, herzhaft lachen. »Damit müssen wir auch noch warten, Alexander. Wenn wir dann die Mami im Schlafzimmer besuchen, werden wir auch das Schwesterchen im Körbchen ansehen, ja?«

      Trudi kam aus der Küche mit einer Tasse Kakao. Voll Erstaunen beobachtete sie die herzliche Szene zwischen Vater und Sohn, ehe sie dazwischentrat und Alexander zum Trinken nötigte.

      *

      Professor Deval saß ihnen im Wohnzimmer gegenüber.

      Rainhart schenkte Sherry ein, und Ulrike trank ohne Zögern mit.

      »Es ist ein Wunder«, sagte Deval und hob das Glas. »Ich hatte darauf gehofft, aber nun, da eingetreten ist, was wir alle gewünscht haben, steht man doch stumm und ergriffen vor der Macht eines Höheren.«

      In Ulrikes Augen schimmerte es feucht. »Sie haben mir den Mut zum Durchhalten gegeben, Herr Professor«, sagte sie. Dann streckte sie ihre Hand nach Rainhart aus. »Und deine Liebe hat es möglich gemacht, daß das Wunder geschehen konnte: Ich bin gesund! Ich bin wirklich gesund!«

      »Wir wollen darauf trinken«, erwiderte Deval schlicht. »Wunder geschehen höchst selten. Ihre Gesundung ist eines.« Er nickte Ulrike mit einem warmen Lächeln zu.

      Später zog sich Deval in das Gästezimmer zurück, und Ulrike und Rainhart blieben allein zurück.

      »Ich kann es immer noch nicht glauben«, flüsterte Ulrike und schmiegte sich an ihren Mann. »Aber ich fühle, daß es wahr ist. Alles ist anders – ich bin frei und kräftig und ohne Angst. Es ist ein herrliches Gefühl!«

      Rainhart Arundsen legte die Hände auf die Schultern seiner Frau. »Jetzt sind alle Schatten geschwunden«, sagte er ernst. »Und nun will ich arbeiten wie nie zuvor in meinem Leben!«

      Sie