Martina Meier

Wünsch dich ins große Wunder-Weihnachtsland Band 1


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gewässert wird und nicht verdursten muss“, erwiderte der Regenaugust schnippisch.

      Die Blitzhexe, der es großen Spaß bereitete, ihren nassen Freund auf dessen Reisen zu begleiten, um dabei allerlei Schabernack anstellen zu können, rief dazwischen: „Genau, es geht doch nichts über ein richtig schönes Gewitter mit vielen Blitzen und lautem Donnerschlag.“ Schadenfroh grinste sie die rundliche Frau Holle an. Hatte sie diese doch erst kürzlich furchtbar erschreckt, weil sie blitzartig in das Wolkenbett der alten Dame gesprungen war. So ging es einige Zeit hin und her, bis die Wetterfee ein Machtwort sprach.

      „Gut!“, bestimmte sie energisch. „Alles zu seiner Zeit! Dieses Jahr soll es Frau Holle zur Weihnachtszeit nach Herzenslust schneien lassen.

      Und so geschah es dann, dass alles unter einer weißen Decke verborgen lag, welche die Landschaft in ein märchenhaftes Gewand kleidete.

      Auch im Weihnachtsdorf, weit hinter den Wolken, war es bitterkalt geworden. An den Dachrinnen der eng beieinander stehenden Häuser hingen lange Eiszapfen, die hin und wieder abbrachen und mit lautem Getöse auf dem Boden aufschlugen.

      Die Elfen hatten gerade in dieser Zeit mächtig viel zu tun, daher war es den Gehilfen des Weihnachtsmannes gar nicht so recht, dass es schon seit Tagen schneite. Sie froren entsetzlich, bibberten vor Kälte und bliesen in ihre Hände, mit denen sie kaum mehr imstande waren, die vielen Maschinen in der Spielzeughalle zu bedienen oder gar die Teile der Holzeisenbahnen zusammenzuschrauben, geschweige denn, die winzigen Puppenkleider zu nähen.

      „Oje, oje! Wie soll man bloß bei dieser Kälte arbeiten können?“, jammerte der Weihnachtself Flavius. Auch die anderen stöhnten, weil sie nicht so flink wie sonst vorankamen und sich Berge von unfertigen Spielsachen vor ihnen auftürmten. Mürrisch beugten sie sich wieder über ihre Arbeit, während Flavius entschlossen seine Mütze vom Haken griff und sich auf den Weg zum Weihnachtsmann machte. Der Elf wollte seinen Chef bitten, doch ein gutes Wort bei der Wetterfee einzulegen, damit die vielen Wunschzettel weiter abgearbeitet werden konnten und die Kinder am Weihnachtsmorgen ihre Geschenke unter dem Baum vorfinden würden.

      Heftig atmend blickte er kurz darauf in das gütige Gesicht des alten Mannes. „Die Elfen schaffen die Arbeit nicht rechtzeitig bis zum Termin, wenn die Wetterfee kein Einsehen zeigt!“, berichtete Flavius. „Lieber würden wir bei vierzig Grad arbeiten, als bei diesen eisigen Temperaturen.“

      Das hörte die Sonne, die sich gerade anschickte, ihr blasses Winterlicht auszulöschen und sich zur Ruhe begeben wollte. Voller Mitleid strengte sie sich an und strahlte mit ganzer Kraft auf das Weihnachtsdorf nieder. Flink drehte Flavius sich um und rannte zurück zur Halle. Jedoch traute er seinen Augen nicht, was er dort sah. Schwitzend saßen die Elfen nun an den Tischen. Sie schauten kraftlos auf Mengen von buntem Weihnachtspapier und Rollen mit glänzendem Schleifenband.

      „Das darf doch nicht wahr sein!“, flüsterte der Elf erschrocken. Bald schon wurde es drückend heiß und der Schweiß rann den mutlosen Arbeitern über ihre erschöpften Gesichter.

      Verzweifelt lief Flavius erneut den langen Weg zum Hause des weisen Mannes. „Ich wünschte, ein Gewitter zöge auf!“, rief er schon von Weitem. Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, wurde es finstere Nacht. Gleich darauf zuckten Blitze kreuz und quer über den dunklen Himmel. Krachend entlud sich das Donnerwetter über dem Kopf des ängstlichen Elfen. Aber nicht ein Regentropfen brachte die ersehnte Abkühlung. Enttäuscht machte sich Flavius auf den Rückweg.

      „Dein Wunsch soll dir erfüllt werden“, kicherte die Blitzhexe und schickte gleich noch einen ihrer Blitze hinterher.

      Aus der Weihnachtswerkstatt drang kein Laut. Im Dach klaffte ein großes Loch und die Maschinen standen still. Kein einziges Spielzeug fiel in den großen Korb, der am Ende des Förderbandes stand.

      „Die Blitzhexe ist in die Stromleitung gefahren“, erzählte die Elfe Lisa aufgeregt. „Das ganze Dorf liegt im Dunkeln.“

      Zwei dicke Tränen lösten sich aus den Augenwinkeln des Weihnachtselfen und rollten über seine roten Wangen. Das hatte Flavius nicht gewollt, als er so unüberlegt seine Wünsche geäußert hatte.

      „Wir haben kein Licht mehr und auch keinen Strom für die Spielwarenmaschine. Durch meine Schuld werden die Menschenkinder keine Gaben unter dem Christbaum liegen haben“, murmelte er traurig. Lisa versuchte ihn so gut es ging zu trösten. Aber Flavius schüttelte niedergeschlagen den Kopf.

      Plötzlich jedoch stahl sich ein Lächeln in das Gesicht des Elfen. „Ich habe eine Idee!“, rief er freudestrahlend und lief geschwind zur großen Milchstraße. Dort stürmte er in die Sternenstube und schilderte den Sternenkindern die ausweglose Situation. Diese flitzten über das weite Himmelszelt, dass es nur so funkelte und glitzerte. Die Sterne mit den größten Strahlenkränzen stellten sich genau über die Spielzeughalle und beleuchteten jeden Winkel des Raumes. Von überall her kamen fleißige Helfer und nähten, klebten, schraubten die unfertigen Spielzeuge zusammen, um sie dann in Windeseile mit bunt bedrucktem Weihnachtspapier zu verpacken. Auch die Englein und Wichtel, denen das geschäftige Treiben am Himmel nicht verborgen geblieben war, fanden sich in der weihnachtlichen Werkstatt ein und halfen bei der Herstellung der Spielsachen. Gerade noch rechtzeitig beluden alle den Schlitten des Weihnachtsmannes, der in seinem roten mit weißem Fell besetzten Mantel mitten zwischen den Paketen stand. Um den dicken Bauch trug er einen schwarzen Gürtel mit einer goldenen Schnalle und seine Stiefel blinkten, sodass man sich darin spiegeln konnte. „Zur Belohnung darfst du mich begleiten“, nickte er Flavius freundlich zu. Stolz sprang der Elf in das Gefährt, vor das sechs prächtige Rentiere gespannt waren.

      Nachdem sie alle Geschenke bei den Menschenkindern unter die festlich mit Kerzen, Kugeln und Lametta geschmückten Tannenbäume verteilt hatten, griff der alte Mann noch einmal in den Sack und gab Flavius ein kleines Päckchen.

      „Frohe Weihnachten, mein Freund“, sagte der Weihnachtsbote lachend. Er schnalzte mit der Zunge und ließ seine Peitsche durch die Luft knallen. „Ho! Ho! Ho!“, trieb er seine treuen Begleiter an, und von den silbernen Glöckchen am Schlitten ertönte ein leises Klingeln durch die Stille des weihnachtlichen Morgens.

      Die Blitzhexe aber bekam von der Wetterfee eine ordentliche Standpauke gehalten und durfte zur Strafe eine lange Zeit keine Blitze mehr verschleudern. Und Frau Holle befreundete sich mit der Sonne und so bescherten sie mit vereinten Kräften allen Bewohnern des Universums zum Weihnachtsfest strahlend schönes Winterwetter.

      Marika Krücken, geboren 1953 in Uelzen bei Hannover, lebt mit ihrem Mann und ihrer mittlerweile 21-jährigen Tochter in Köln. Seit 1985 schreibt und illustriert sie Kindergeschichten.

      *

      Der falsche Bart des Weihnachtsmannes

      Dass der Weihnachtsmann einen Bart hat, weiß ja wohl jeder. Lang und weiß ist er und ganz weich, wie aus Wolle. Aber dass der nur aufgeklebt ist, wissen die wenigsten. Und das kam so:

      Vor ziemlich langer Zeit, hundertfünfzig Jahre ist es bestimmt schon her, da hatte der Weihnachtsmann noch einen echten Bart. Er war sehr stolz auf ihn und bürstete und pflegte ihn jeden Tag. Es kam der Dezember und im Haus des Weihnachtsmannes ging es rege zu. Wichtel und Elfen, Zwerge und viele Waldtiere halfen bei den Vorbereitungen für das Weihnachtsfest. Es wurde gemalt und gebastelt, Geschenke wurden verpackt und sortiert und jedes Päckchen beschriftet, damit es auch das richtige Kind bekam.

      Der Weihnachtsmann holte seinen Schlitten aus dem Stall. Da musste manches repariert und poliert werden. Drei Tage vor Weihnachten war alles schon bereit. Es fehlte nur noch eines: Schnee! Ohne Schnee konnte der Weihnachtsmann seinen Schlitten nicht benutzen. Und ohne seinen Zauberschlitten war es unmöglich, in einer einzigen Nacht alle Geschenke zu verteilen. Der Weihnachtsmann war verzweifelt. Da beschlossen die Waldtiere, ihm zu helfen. Die Rentiere, die am schnellsten von allen laufen konnten, wurden ausgesandt, zum lieben Gott zu gehen und ihn um Schnee zu bitten.

      Der Weg war weit. Durch dichte Wälder, über steile Berge und durch tiefe Flüsse mussten die Rentiere, aber sie gaben nicht auf. Immer wenn sie glaubten, es ginge nicht weiter, dachten sie an den Weihnachtsmann und an die armen