Art gesagt, dass Sie stören?“
„Jaaaa.“ Cem grinste. „Unser Prinzlein vergisst manchmal seine guten Manieren.“
Das stimmte. Trotz all der vielen Gedanken, die sich Ino Mmah wohl machte, konnte er überraschend ausfällig werden. Kaya ließ das Thema fallen, als sie mit Cem die Küche betrat. Ein strahlend weißer Raum mit Glasvitrinen und Geräten, die Kaya nicht benutzen konnte. LIR hatte es geschafft ihr Waffeleisen und den kleinen tragbaren Campingofen, der mit Gas funktionierte, zu modifizieren und die Geräte funktionierten, als wären sie Teil der Alienkombüse.
„Das riecht gut“, sagte Kaya anerkennend.
„Diesmal sind die Soufflés aufgegangen. Allerdings weiß ich nicht, wann ich sie rausnehmen soll.“ Cem war größtenteils schuld daran, dass Kayas Vorräte zu Ende gingen. Er versuchte ihre Backkunst zu erlernen. Ob er dazu aufgefordert worden war oder sich einfach entsetzlich langweilte, wusste Kaya nicht. Sie lächelte über seinen Enthusiasmus.
„Bei Soufflés gibt es keinen Spielraum für Schätzungen.“ Kaya beugte sich zur Backröhre hinunter. Die kleinen Küchlein wölbten sich wie aus dem Bilderbuch über den Förmchenrand. „Die sehen toll aus“, rief sie. „So wie sie sich unter der Hitze bewegen, würde ich sagen, noch eine halbe Minute.“ Kaya sah auf ihre Armbanduhr.
Cem kauerte sich neben ihr nieder. Der Goldschimmer, der über seine blaue Iris huschte, verriet seine Aufregung.
„Cem…“ Kaya ließ den Zeiger ihrer Uhr nicht aus den Augen. „Haben Sie mein Funkgerät gesehen?“
Er würde nicht lügen. Irgendwie wusste sie das. Kaya hatte überall nach ihrer Kommunikationsmöglichkeit gesucht. Erfolglos.
„Nein, Gaia. Ich habe es seit zwei Tagen nicht gesehen.“ Der Ssorsa stierte in den Ofen und seine Schulter berührte die von ihr. Er zuckte nicht einmal ertappt. Er war die Ruhe selbst.
„Kann ich es wiederhaben?“
„Das müssen Sie den Äile fragen.“
Kaya unterdrückte ein Seufzen.
„Jetzt habe ich echt Lust, Ihre Soufflés verbrennen zu lassen.“ Sie packte die Topflappen und holte die kleinen Köstlichkeiten heraus. „Sie müssen sie sofort servieren. Sonst klatschen sie zusammen. Ich gratuliere Ihnen. Soufflés zu machen ist eine Kunst.“ Kaya schlurfte zur Tür.
„Sie sind eine bewundernswerte Person, Gaia Michaels“, sagte Cem in ihren Rücken.
Sie blieb stehen.
„Der Äile ist anderer Ansicht.“
„Der Äile ist ein junger Ssorsa, der noch viel lernen muss.“
Kaya drehte sich um.
„In meiner Gesellschaft war ich vor einem Jahr noch minderjährig. Das bedeutet, dass ich noch nicht meine vollen Rechte und Pflichten hatte. Wollen Sie mir also sagen, dass die Geschicke unserer Schicksale in den Händen von Heranwachsenden wie mir und dem blutjungen Prinzen liegen?“
Cem zeigte ein Lächeln und sah sie beinahe zärtlich an.
„Die Alten sind oft nicht so waghalsig, meine Liebe. Aber diesen Wagemut braucht es manchmal.“
Kaya deutete mahnend auf die Soufflés und verließ die Küche. Vielleicht hatte Ino Mmahs Diener recht. Aber Kaya wusste, dass jemand ihr Funkgerät genommen hatte und es nicht zurückgeben würde. Sie fühlte sich betrogen. Niedergeschlagen verkrümelte sie sich in Tedes Zimmer und lernte Vokabeln. Die Pilotin hatte vor zwei Tagen alle Aufzeichnungen und jeden Gegenstand, der auf die Beschaffenheit ihres Heimatplaneten hinweisen könnte, entfernt. Kaya war klar, dass sie es nicht aus eigenem Entschluss getan hatte. War es wirklich so schlimm, wenn sie mehr über Ssor erfuhr? Anfangs hatte der Prinz ihr doch auch Bilder gezeigt.
Als im Schiff Ruhe einkehrte, wusste Kaya, dass die Ssorsa Mittagsruhe hielten. Ein festes Ritual, dass den Alltag bestimmte wie essen und arbeiten. Tede kam in die Kabine und Kaya machte sich rücksichtsvoll davon.
Sie schnappte sich ihre Stiefel und die Jacke. Ein bisschen frische Luft würde ihr guttun. Sie konnte zwar das Schiff nicht verlassen, aber die Luke durfte sie öffnen und ein wenig auf der Rampe stehen und frieren.
Als sie die Treppe nach unten stieg, wunderte sie sich über die Klänge, die durch den Gang hallten. Dean Martins Stimme drang an ihr Ohr. Die Ssorsa hatten selbst schöne Musik, aber als Kaya unterschiedliche Stile von Musik vorstellte, hatte es dieser Schnulzensänger aus dem 20. Jahrhundert dem Äile angetan. Er mochte auch Frank Sinatra, doch an Dean Martin hatte er einen Narren gefressen. Kaya musste schmunzeln. Das würde Stoupidis als Anlass nehmen dem jungen Kapitän Schwachsinnigkeit zu bescheinigen.
Ino Mmah saß am Eingang und sah in den Flockentanz hinaus. Er hatte lässig die Beine aufgestellt und die Arme auf die Knie gelegt. Zwischen seinen drei Fingern hielt er eine dampfende Tasse. Eine ziemlich menschliche, entspannte Haltung. Doch die glitzernde grüne Haut und das Schimmern der silbernen Nieten an seinen Schläfen verdarben den Eindruck gründlich. Kaya fragte sich, wie Ino Mmah von seinesgleichen gesehen wurde. War er ein gutaussehender Prinz von dem jede Ssorsafrau schwärmte? Über den die Klatschzeitungen in seiner Heimat schrieben und die Alienmädels kreischten, wenn er huldvoll am Fenster winkte?
Ino Mmah war hochgewachsen. Er hatte Kaya erlaubt ihn zu messen und zu wiegen. Er war 2,05 Meter groß und brachte 105 Kilo auf die Waage. Trotzdem bewegte er sich mit einer eleganten Leichtigkeit. Kaya biss sich auf die Unterlippe. Sie sollte sauer auf ihn sein. Weil er ihr Funkgerät gemopst hatte. Stattdessen wollte sie ihn mögen. Zum Kuckuck mit all diesen verwirrenden Gefühlen!
Das violette Schimmern, das sich wie ein wippendes Spinnennetz in der Lukenöffnung zeigte, verriet Kaya, dass der Prinz den Magnetvorhang angelassen hatte. Man konnte ungehindert hindurch schreiten, aber er dämmte ein wenig die Kälte. Kaya hasste es hindurch laufen zu müssen. Jedes Mal luden sich ihre Haare elektrisch auf.
Ino Mmah bemerkte sie plötzlich und drehte den Kopf.
„Äile.“
„Gaia.“
So begannen ihre Gespräche meistens.
„Ich wollte nur frische Luft schnappen.“
„Dann bitte.“ Er machte eine einladende Geste neben sich.
Kaya zögerte kurz und drückte ihre Winterjacke gegen den Bauch. Dann setzte sie sich. Die Schneeflocken prasselten auf das Magnetfeld und verdampften. Die Tannen in zehn Meter Entfernung waren kaum zu erkennen. Kaya konnte aus den Augenwinkeln sehen, dass der Prinz auch ins Freie starrte. Wie immer mit diesem faszinierenden nachdenklichen Gesichtsausdruck. Kaya nestelte die Finger nervös ineinander.
„Morgen geht die Woche zu Ende, die uns gesetzt wurde. Meint Ihr, wir kriegen das hin?“
Ino Mmah wandte den Blick zu ihr.
„Was hinkriegen?“
„Eine diplomatische Lösung zu unterstützen.“
Der Prinz zog die schmalen Lippen zu einem traurigen Lächeln auseinander.
„Eine diplomatische Lösung?“ Er schüttelte den Kopf und deutete an die Decke. „Ich habe ein Schiff da oben mit 250 Mann Besatzung. Die wollen alle nachhause. Denen ist es egal, dass ihr eure Meere so liebt. Die sagen, ihr habt mehr als genug Wasser und könnt ruhig etwas davon abgeben. Zumal wir die Mittel haben es uns einfach zu nehmen. 250 Mann! Und ich bin ihr Prinz, dem sie gehorchen. Noch.“
„Und da Eure Leute nicht wissen, wo Ihr Euch befindet und ob Ihr noch lebt, könnt Ihr nicht sagen, ob die Crew nicht bald eigenmächtig handelt.“
„Meine Position als würdiger Thronfolger ist noch nicht gefestigt. Das Geburtsrecht alleine reicht nicht. Der Grund dieser langen Reise der O-Timre ist eben jener. Ich muss ein großer Mann werden.“ Er seufzte tief.
Kaya nickte und versuchte ihren kleinen Jubel zu verbergen. Der Prinz hatte endlich von sich erzählt. Da war es zweitrangig, was das mit