Melisande Arven

Kuchen für die Aliens


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      Damit schien die Alienfrau vorerst zufrieden. Äile Ino Mmah stand auf. Der Besuch war zu Ende. Ein stiller Kerl, der stets hinter ihm gewartet hatte, reichte Kaya höflich ihre Jacke. Da es noch Kuchen gab, ließ sie die Platte stehen. Sie verbeugte sich.

      Formvollendet gaben die Herren Erwiderung und Kaya fand sich in Begleitung von Tede schneller in der Kälte wieder, als sie bis drei zählen konnte.

      Damian Stoupidis trabte den olivgrün gestrichenen Gang entlang. Wer immer auch diese Farbe ausgesucht hatte, gehörte erschossen. Er riss die nächste Tür auf und stürmte das Zimmer.

      „Elois, Kaffee! Mindestens einen halben Liter.“

      Die adrette Sekretärin nickte unbeeindruckt.

      „Wo ist Ihre Krawatte?“

      „Für solche Nebensächlichkeiten habe ich jetzt keine Zeit. Wenn wir aus der Sache heil rausgekommen sind, verspreche ich Ihnen, werde ich jeden Tag eine tragen. Mit Windsorknoten.“

      „Nun, ich wage zu hoffen.“ Elois schloss sachte die Tür, nachdem sie einen dampfenden Pott auf den Schreibtisch ihres Chefs gestellt hatte.

      Das Funktelefon rappelte. Stoupidis nahm ab.

      „Ja?“

      „Morgen, Stoupidis.“

      „Hallo, Lichtenauer. Wie steht’s in Deutschland?“

      „Scheiße! Ich habe drei Stunden gebraucht um jemanden aufzutreiben, der diese Verbindung herstellt. Wo bleibt die Unterstützung? Wir wissen seit 24 Stunden, dass diese Bastarde in Süddeutschland runtergegangen sind. Seit 24 verdammten Stunden.“

      „Ich konnte bisher nichts in die Wege leiten. Bedanken Sie sich bei der Pangaea Allianz. Die hatten wieder ihre ganz eigene Vorstellung.“

      „Ich dachte, die BEOCIS gäbe es, damit wir uns um Zuständigkeiten keine Sorgen machen müssen.“

      „Jaaaaa, das ewige Hakeln über die Verfahrensweisen“, seufzte Stoupidis. „Und hören Sie auf derart betont hochdeutsch zu sprechen! Das klingt albern. Ich verstehe Sie auch so. War lange genug in Deutschland stationiert. Sie alter Kniefiesel.“

      „Halten Sie keine Vorträge über Dialekte! Ich brauche hier Männer und Gerät, verstanden?

      „Kriegen Sie, Lichtenauer. Binnen zwei Stunden ist alles zu Ihnen unterwegs.“ Damian grinste. „Ich im Übrigen auch.“

      „Oh, Himmelherrgott!

      Unter der Dusche zu stehen hatte Kaya schon immer geholfen ihre Gedanken zu ordnen. Alle Eindrücke des Vormittags waren unauslöschlich in ihrem Gehirn gespeichert. Eingängig wiederholte sie jedes Wort, das sie in Aliensprache gehört hatte. Der wilde Herzschlag, der sie beinahe beim Denken störte, wollte sich allerdings nicht beruhigen. Tede hatte sie nachhause gebracht, sich hundertmal bedankt und zum Abschied ein kleines Schächtelchen überreicht. Es war aus hauchdünnem weißen Metall mit aufwendigen Verzierungen. Darin befand sich eine Art Keksgebäck, das lecker duftete.

      „Äile nelah tagrentag“, hatte Tede gesagt.

      Offenbar ein Gegengeschenk des Schiffsherrn.

      „Die BEOCIS hat Truppen in Marsch gesetzt“, meinte Vater beim Abendessen. „Es könnte bei uns also etwas ungemütlich werden.“ Er griff nach Linettes Hand, doch die lächelte tapfer.

      „Ich bin eine sehr couragierte Krimiautorin, ich kann einiges aushalten.“

      Kaya linste zu ihrer Schwester. Die sah nicht so mutig aus.

      „Kann ich ins Tal zurück ehe etwas passiert? Bitte, Papa! Ich muss hier weg.“

      „Rebekka, Liebes, es wäre besser, wenn wir uns nicht trennen. Jetzt ins Tal zu fahren wäre zu gefährlich“, sagte Linette.

      „Außerdem ist nach wie vor Ausgangssperre“, fügte Vater Kevin hinzu.

      Bekkas Blick wurde dunkel.

      „Ausgangssperre? Dann möchte ich wissen, wohin Kaya immer verschwindet!“

      Die komplette Familie wandte sich an das jüngste Mitglied.

      „Bist du etwa draußen gewesen, Süße?“ Linette tat erstaunt obwohl ihr der Grund während des Sprechens aufzugehen schien. „Papas Geräte sind jetzt unwichtig. Du musst nicht wie gewohnt nach ihnen sehen. Wir befinden uns in einer Notlage.“

      Kevin schnaubte. Wieder sackten dabei seine Schultern nach unten. Er war sauer.

      „Na, so unwichtig ist es nicht, was ich tue. Alles steht dafür, dass ein Unwetter aufzieht. Silvester könnte im Schneechaos untergehen. Das würde militärische Unternehmungen ziemlich beinträchtigen.“

      Kaya stimmte dem schweigend zu. Auch sie konnte Wetterkarten lesen und selbst bei mangelnder Satellitenunterstützung den Himmel deuten. Bekkas Blick bohrte sich immer noch in ihre Richtung. Kaya sah sie an. Ein herzförmiges Gesicht, blasse Haut und graublaue Augen. Dazu eine zierliche Statur, nicht allzu viel Oberweite. Bekka drückte ihre Brille nach oben.

      „Das kapiert die nicht“, zischte sie über den Tisch. „Kaya würde noch an ihrem strukturierten Alltagstrott festhalten, wenn die Welt unterginge und die Aliens überall grünen Schleim verteilt haben.“

      Kaya stieg die Hitze in die Wangen. Sie ballte die Fäuste und war kurz davor die Gabel nach ihrer Schwester zu werfen.

      „Kaya ist trotz ihres Wissens zu nichts zu gebrauchen.“

      „Bekka….“, begann Linette mit langem Stöhnen, doch diesmal schoss Kaya vom Stuhl hoch.

      „Nur weil du die Hosen gestrichen voll hast, musst du das noch lange nicht an mir auslassen, du dumme, gemeine Zicke!“ schrie sie in voller Lautstärke.

      Dann war nur noch das Ticken der Wanduhr zu hören. Kevin rutschte langsam der Löffel in die Suppenschale. Kaya bebte vor Zorn am ganzen Körper. Sie war nicht weniger erschrocken. Noch nie hatte sie jemanden so angebrüllt und schon gar nicht solche Worte verwendet. Was zum Donner war mit ihr los? Nach drei weiteren Zeigerbewegungen an der Küchenuhr stob Kaya aus dem Raum und schlug die Tür hinter sich zu. Kaum war sie in ihrem Zimmer angekommen, warf sie sich auf das Bett und fing an bitterlich zu weinen. Sie wusste nicht warum. Sie hasste und liebte in diesem Moment die ganze Welt und sie wünschte sich zum ersten Mal in ihrem Leben, dass sie jemand fest in den Arm nahm.

      Im Jahr des Echow 5/27

      Logbucheintrag 27

      Kapitän Äile Ino Mmah von Bugschiff I

      Ort: Unbekannt

      Status: Wir sitzen auf einem Haufen Schrott

      Kontakt zu einheimischen weiblichen Wesen hergestellt. Name Gaia. Funktion und Befugnisse unbekannt. Verglichen mit anderen Individuen scheint betreffende Person noch eine kleine Frau zu sein. Der Scan ihres Körpers lieferte uns wichtige Informationen über die Anatomie der Bewohner des blauen Planeten. Wir sind jetzt auch darüber aufgeklärt, wie sie mit dem niedrigen Sauerstoffgehalt hier zurechtkommen.

      Besonders hervorzuheben ist ein Umstand, der sich für uns als nützlich erweisen könnte. Das Wesen Gaia kann uns verstehen. Ihre Hörfähigkeit scheint die von anderen ihrer Art zu übertreffen. Außerdem macht sie einen intelligenten Eindruck.

      Aus Gründen, die mir noch nicht ganz klar sind, hat sie uns ein Geschenk kulinarischer Art gemacht. Name: Guhen.

      Ich sah davon ab Tede Beg zu bestrafen, obwohl sie das Zusammentreffen mit Gaia am Vortag verschwiegen hatte. Die beiden unterhalten eine gewisse Sympathie, die ich nicht stören darf.

      Offizieller Teil Ende

      Der Guhen war verdammt lecker.

      Kapitel 2

      Der angekündigte Schneesturm war über die