James Fenimore Cooper

Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper


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Marsch«. Da dieses Manöver ungeübte Truppen mit einem Male dem Feind entgegenführen sollte, so kann man sich denken, daß es nicht mit der gehörigen Genauigkeit ausgeführt wurde; sobald aber die Musik den begeisternden Yankee-doodle zu spielen anfing und Richard, von Herrn Doolittle begleitet, kühn die Straße hinab den Truppen voranging, setzte sich auch der Zug in Bewegung, mit Kapitän Hollister an der Spitze, der den mit einem niedrigen Eckenhut versehenen Kopf noch einmal so hoch trug und einen schrecklichen Dragonersäbel vor sich ausstreckte, während eine ungeheure stählerne Scheide kriegerisch genug hinter seinen Fersen nachklirrte. Es war ein etwas schwieriges Geschäft, alle Rotten (es waren ihrer sechs) dahin zu bringen, daß sie in die gleiche Richtung blickten; doch befanden sich die Truppen, als sie endlich die Brücke erreichten, in ziemlich guter Ordnung. In dieser Weise marschierten sie den Berg hinan, und es fand keine weitere Veränderung in der Verteilung der Streitkräfte statt, als daß der Sheriff und der Friedensrichter, denen ob der Anstrengung der Atem ausgehen wollte, allmählich hinter den Nachtrab gerieten. Wir halten es für unnötig, die weiteren Bewegungen im einzelnen zu beschreiben, und begnügen uns mit der Angabe, daß die zurückkehrenden Kundschafter die Meldung brachten, die Flüchtlinge hätten Wind von dem Angriff erhalten; aber weit entfernt, sich zurückzuziehen, wie man doch hätte vermuten sollen, seien sie augenscheinlich im Begriff, sich zu einem verzweifelten Widerstand zu befestigen. Diese Nachricht brachte einen wesentlichen Wechsel nicht nur in die Pläne der Führer, sondern auch in die Gesichter des Soldateska. Die Krieger warfen sich gegenseitig bedenkliche Blicke zu, und Richard fing an, sich abseits mit Hiram zu beraten.

      So standen die Dinge, als Billy Kirby, die Axt unter seinem Arm und seinem Gespann ebensoweit voraus, wie dies bei Kapitän Hollister seinen Truppen gegenüber der Fall war, auf der Straße daherkam. Der Holzfäller war über die militärische Parade nicht wenig verwundert, aber der Sheriff ließ ihn nicht lange im unklaren, indem er ihn, eingedenk, wie vorteilhaft eine solche Verstärkung sein dürfte, zum Beistand in Vollstreckung des Gesetzes aufforderte. Billy hatte vor Herrn Jones zu große Achtung, um etwas dagegen einzuwenden, und es wurde sofort beschlossen, daß er, ehe man zum Äußersten schritte, die Garnison zur Übergabe auffordern solle. Die Truppen teilten sich jetzt, indem die eine Hälfte unter der Anführung des Kapitäns über den Visionsberg marschierte, um sich der Höhle von der linken Seite zu nähern, während die andere unter dem Befehl des Leutnants von rechts gegen den feindlichen Posten vorrückte. Herr Jones und Doktor Todd – denn natürlich gehörte auch der Wundarzt dazu – wählten ihren Standpunkt auf der Felsenplattform unmittelbar über den Häuptern der Belagerten, jedoch so, daß sie von diesen nicht gesehen werden konnten. Hiram hielt eine solche Nähe für gefährlich und begleitete daher Billy Kirby an der Seite des Berges hin, aber nur bis auf eine sichere Entfernung von der Festung, wo er hinter einem Baum Schutz suchte. Wunderbar war es, welch einen richtigen Blick die meisten Soldaten bei dieser Gelegenheit entfalteten, indem sie gar geschickt irgendeinen Gegenstand in die Linie zwischen sich und dem Feinde zu bringen wußten; denn die zwei einzigen Belagerer, die sich den Augen der Gegner preisgaben, waren Kapitän Hollister auf der einen und der Holzfäller auf der anderen Seite. Der Veteran stand kühn und beharrlich, den schweren Säbel erhoben, im Vordergrund und faßte den Feind kühn ins Auge, während die ungeheure Gestalt Billys in größter Gelassenheit, die Hände in seinen Brusttaschen und die Axt unter seinem rechten Arm, im Stehen ausruhte wie seine Ochsen. Bis jetzt war noch kein Wort zwischen den kriegführenden Mächten gewechselt worden. Die Belagerten hatten einen Haufen schwarzer Holzstämme und Baumzweige zusammengetragen und daraus eine Art Bollwerk gebildet, in welchem vor dem Eingang der Höhle ein kleiner zirkelförmiger Verhau angebracht war. Da der Boden in jeder Richtung um den Platz steil, abschüssig und schlüpfrig, und auf der einen Seite hinter den Werken Benjamin, auf der andern Natty aufgestellt war, so konnte man diese Verteidigungsmaßregeln durchaus nicht verächtlich nennen, namentlich da die Vorderseite durch ihre schwer zugängliche Lage schon hinreichenden Schutz hatte. Kirby hatte inzwischen seine Befehle erhalten; er klomm ganz ruhig und mit einer Nachlässigkeit, als gehe er seinem gewöhnlichen Geschäft nach, den Berg hinauf. Als er sich den Werken ungefähr bis auf hundert Fuß genähert hatte, sah er Lederstrumpfs gefürchtete lange Büchse über der Böschung zum Vorschein kommen und hörte ihn laut rufen:

      »Zurück, Billy Kirby, zurück! Ich möchte Euch nicht gerne ein Leid tun; wenn aber einer von Euren Leuten nur um einen Schritt näher kommt, so fließt Blut zwischen uns. Gott möge dem verzeihen, der uns zuerst dazu nötigt, aber es muß sein.«

      »Pah, alter Knabe«, versetzte Billy gutmütig, »seid nicht rappelköpfig, sondern hört, was man Euch zu sagen hat. Ich habe bei der Sache nichts zu schaffen und will nur sehen, daß es ehrlich dabei zugehe; auch kümmere ich mich keinen Zimmerspan darum, wer den Sieg davonträgt; aber Squire Doolittle, der hinter jener Buche steht, hat mich ersucht mitzugehen und Euch aufzufordern, daß Ihr Euch dem Gesetz fügen sollt – das ist alles.«

      »Ich sehe das Gewürm! Ich sehe seine Kleider«, rief der entrüstete Natty, »und wenn er nur so viel Fleisch zeigt, daß ich eine Büchsenkugel, dreißig aufs Pfund, darin begraben kann, so soll er meine Hand fühlen. Packt Euch fort, Billy, sage ich Euch; Ihr wißt, wie ich ziele, und ich habe keinen Groll gegen Euch.«

      »Ihr überschätzt Eure Geschicklichkeit«, entgegnete der andere, indem er hinter eine in der Nähe stehende Fichte trat, »wenn Ihr glaubt, einen Mann durch einen drei Fuß dicken Baum treffen zu können. Ich bin imstande, Euch diesen Stamm in weniger als zehn Minuten auf den Kopf zu stürzen; deshalb seid höflich, – ich will nichts weiter, als was recht ist.«

      Nattys Züge waren umwölkt, und man konnte wohl sehen, daß es ihm mit der Sache Ernst war; doch konnte man ebensowenig verkennen, daß er nur ungern Menschenblut vergoß. Er antwortete daher auf die Prahlerei des Holzfällers:

      »Ich weiß, daß Ihr diesen Baum hinfallen lassen könnt, wohin Ihr wollt, Billy Kirby; wenn Ihr aber bei solch einem Geschäft eine Hand oder einen Arm zeigt, so wird es Knochen einzurichten und Blut zu stillen geben. Wenn Ihr bloß in die Höhle wollt, so wartet noch zwei Stunden, und es soll Euch kein Hindernis in den Weg gelegt werden, aber jetzt darf es durchaus nicht geschehen. Es liegt bereits eine Leiche auf diesem kalten Felsen, und da ist noch ein anderer, von dem man kaum sagen kann, wie lange es mit ihm dauern wird; wollt Ihr jedoch hereinkommen, so wird es Tote innen und außen geben.«

      Der Holzfäller trat furchtlos aus seinem Versteck hervor und rief:

      »Das nenne ich ehrlich, und was ehrlich ist, ist recht. Er verlangt, daß Ihr noch zwei Standen zuwartet, und das ist nichts Unbilliges. Ist einer im Unrecht, so mag er allenfalls nachgeben, wenn man ihm nur nicht zu stark zusetzt; tut man aber dies, so geht’s wie mit einem störrischen Ochsen – je mehr man darauf losschlägt, desto weniger ist mit ihm auszurichten.«

      Die etwas schroffen Begriffe von Unabhängigkeit, die Billy hierdurch an den Tag legte, paßten weder für das Dringliche des Falles noch sagten sie der Ungeduld des Sheriffs zu, der vor Begierde brannte, die Geheimnisse der Höhle zu erforschen. Er unterbrach daher diese freundliche Zwiesprache durch seine eigene Stimme.

      »Ich befehle Euch, Nathanael Bumppo, Eure Person dem Gesetze zu übergeben. Und ich befehle Euch, meine Herren, mir in Ausübung meiner Pflicht Beihilfe zu leisten. Benjamin Penguillan, ich arretiere Euch und gebiete Euch kraft dieses Verhaftbefehls, mir in das Gefängnis des Bezirks zu folgen.«

      »Ich würde Ihnen folgen, Squire Dickens«, versetzte Benjamin, die Pfeife aus seinem Mund nehmend (denn während des ganzen Auftritts hatte der Exmajordomo in größter Ruhe fortgeraucht), »ja, ich würde hinter Eurem Kielwasser dreinsegeln bis an das Ende der Welt, wenn es ein solches gäbe, was aber nicht der Fall ist wegen ihrer Rundung. Vielleicht, Meister Hollister, wißt Ihr das nicht, weil Ihr Euer ganzes Leben auf dem Lande zugebracht habt; seht also – –«

      »Ergebt Euch!« unterbrach ihn der Veteran mit einer Stimme, ob der jeder Hörer erschrak und die auch in der Tat zur Folge hatte, daß seine eigenen Truppen um einige Schritte zurückbebten, »ergebt Euch, Benjamin Penquillum, oder erwartet keinen Pardon.«

      »Zum Teufel mit Eurem Pardon!« entgegnete Benjamin, indem er von dem Holzblock, auf dem er saß, aufstand und über den Lauf der Feldschlange wegschielte, die in der Nacht auf den Berg