James Fenimore Cooper

Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper


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zu heiraten.«

      »Das glaube ich kaum«, erwiderte Effingham nach einem kurzer Nachdenken. »Ich wüßte in der Tat nicht, wer in dieser Gegend für sie passen könnte.«

      »Vielleicht in dieser Gegend nicht; es gibt aber noch andere Ort und andere Kirchen als die neue Sankt-Pauls-Kirche.«

      »Kirchen, Elisabeth? Unmöglich kannst du Herrn Grant zu verlieren wünschen; denn ungeachtet seiner Einfachheit ist er ein vortrefflicher Mann: ich werde nie einen zweiten finden, der nur halbsoviel Achtung vor meiner Rechtgläubigkeit hätte. Du würdest mich von einem Heiligen zu einem gewöhnlichen Sünder erniedrigen.«

      »Es muß sein, mein Lieber«, entgegnete die Dame mit einem halb unterdrückten Lächeln, »und solltest du dabei von einem Engel zu einem gewöhnlichen Menschen herabsinken.«

      »Aber du vergißt die Meierei.«

      »Er kann sie nach dem Beispiel anderer verpachten. Außerdem – wäre es wirklich dein Wunsch, daß sich ein Geistlicher mit Feldarbeit abgäbe?«

      »Und wohin sollte er gehen? Du vergißt Luise.«

      »Nein, ich vergesse Luise nicht«, versetzte Elisabeth, abermals ihre schönen Lippen zusammendrückend. »Du weißt, Effingham, daß mein Vater dir sagte, ich hätte ihn beherrscht, und ich würde auch dich beherrschen. Ich bin nun im Begriff, von meiner Gewalt Gebrauch zu machen.«

      »Du sollst ganz deinen Willen haben, liebe Elisabeth, nur nicht da, wo es auf unser aller Unkosten und auf Unkosten deiner Freundin geschieht.«

      »Wie kannst du wissen, daß ich meine Freundin dadurch zu beeinträchtigen wünsche?« sprach die Dame, indem sie ihre Augen mit einem spähenden Blick auf das Antlitz ihres Gatten heftete, ohne jedoch etwas anderes als den unverdächtigen Ausdruck des Bedauerns darin zu finden.

      »Wie ich das wissen kann? Nun, ist es nicht natürlich, daß sie uns sehr vermissen würde?«

      »Es ist unsere Pflicht, gegen unsere natürlichen Gefühle anzukämpfen«, erwiderte die Dame, »auch glaube ich, daß wenig Ursache vorhanden ist zu besorgen, Luises Geist werde sich nicht darein zu finden wissen.«

      »Nun, und dein Plan?«

      »Hör zu, du sollst alles erfahren. Mein Vater hat für Herrn Grant eine Stelle in einer der Städte am Hudson erwirkt, wo er ein leichteres Leben haben wird und nicht durch diese Wälder zu wandern braucht; wo er imstande ist, den Abend seines Lebens in Ruhe und Bequemlichkeit zu verbringen, und wo vielleicht seine Tochter Gesellschaft und Verbindungen trifft, die für ihre Jahre und ihren Charakter passen.«

      »Beß, du setzt mich in Erstaunen! Ich hätte solche Schritte von dir nicht erwartet.«

      »Oh, meine Schritte gehen weiter, als du dir denken magst«, sagte Elisabeth mit einem schalkhaften Lächeln. »Es ist aber einmal mein Wille, und so kommt es dir zu, dich zu unterwerfen, – vorderhand wenigstens.«

      Effingham lachte; als sie sich aber dem Ende ihres Spaziergangs näherten, brachen sie dieses Gespräch ab.

      Der Ort, an dem sie jetzt anlangten, war der kleine ebene Grund, wo Lederstrumpfs Hütte so lange gestanden hatte. Elisabeth fand den Schutt weggeräumt und durch schönen Rasen ersetzt, der unter dem Einfluß der häufigen Regenschauer so schön wie die ganze umliegende Gegend ergrünte, fast als hätte ein neuer Frühling das ganze Land heimgesucht. Der Platz war mit einer kreisförmigen Mauer umgeben, in der sich eine kleine Tür befand; in der Nähe der letzteren lehnte zur großen Überraschung des jungen Paares Nattys Büchse. Hektor und die Slut ruhten zu ihrer Seite im Grase, als wüßten sie trotz der Veränderungen, daß sie sich an einem Ort befänden, mit dem sie vertraut waren. Der Jäger selbst lag auf der Erde hingestreckt vor einem Grabstein von weißem Marmor und strich mit seinen Händen das lange Gras beiseite, das an der Basis aus dem üppigen Boden aufgeschossen war, augenscheinlich, um die Inschrift freizumachen. An der Seite dieses Steines, der nur aus einer einfachen Platte bestand, befand sich ein reiches, mit einem Aschenkrug geziertes Denkmal mit eingehauenen Ornamenten.

      Oliver und Elisabeth näherten sich mit leichten Tritten den Gräbern, so daß sie von dem alten Jäger nicht gehört wurden, dessen sonnverbrannte Züge Spuren innerer Aufregung zeigten und dessen Augen blinzelten, als ob irgend etwas die Schärfe ihrer Sehkraft hemme. Nach einer Weile erhob sich Natty langsam vom Boden und sprach laut:

      »Nun, nun, ich denke wohl, daß alles recht ist! Es muß doch nicht Übles ums Lesen sein; so aber weiß ich mir nichts aus der Sache zu machen, obgleich die Pfeife, der Tomahawk und die Mokassins nicht übel – gar nicht übel sind, um so mehr, da der Mann, welcher sie ausmeißelte, diese Gegenstände wahrscheinlich nie gesehen hat. Ach da liegen sie Seite an Seite, und ihnen ist wohl! Aber wer wird eins da sein, um meine Gebeine in die Erde zu legen, wenn meine Zeit kommt?«

      »Wenn diese unglückliche Stunde eintritt, Natty, so wird es Euch an Freunden nicht fehlen, die Euch diesen letzten Dienst leisten« sprach Oliver, etwas ergriffen von dem Selbstgespräch des Jägers.

      Der alte Mann wandte sich um, ohne eine Überraschung an den Tag zu legen; denn er hatte sich in dieser Beziehung ganz nach der Gewohnheiten der Indianer gebildet, und während er mit der Hand unter seiner Nase wegfuhr, schien er zugleich jede Spur von Kummer wegzuwischen.

      »Ihr seid gekommen, um die Gräber zu besuchen, Kinder, nicht wahr?« sagte er. »Nun, nun, es ist ein heilsamer Anblick für alt und jung.«

      »Ich hoffe, sie sind nach Eurem Geschmack«, versetzte Effingham »Niemand hat ein besseres Recht, darüber zu urteilen, als Ihr.«

      »Nun ja, da ich nicht sonderlich an den Anblick schöner Gräber gewöhnt bin«, entgegnete der alte Mann, »so kommt mein Geschmack wenig in Betracht. Sie haben doch den Kopf des Majors nach Westen und den Mohegans nach Osten legen lassen?«

      »Es ist Eurem Wunsch gemäß so gehalten worden.«

      »Dann ist’s recht«, erwiderte der Jäger. »Sie meinten, sie hätten verschiedene Wege zu gehen, Kinder, obgleich es einen gibt, der über allen steht, der zu seiner Zeit die Gerechten zusammenbringen wird der auch die Haut des Mohren bleichen und ihn auf eine Höhe mit Fürsten stellen kann.«

      »Es gibt keinen Grund, das zu bezweifeln«, versetzte Elisabeth deren entschiedener Ton in einen weichen, wehmütigen verwandelt war. »Ich lebe der zuversichtlichen Hoffnung, daß wir uns alle wiedersehen und glücklich sein werden.«

      »Werden wir das, werden wir das, Kind?« rief der Jäger mit ungewöhnlicher Wärme. »Ja, es liegt ein Trost in diesem Gedanken. Doch ehe ich gehe, möchte ich wohl wissen, was diese Grabsteine den Leuten, die wie die Tauben im Frühjahr dieses Land bedecken, vor dem alten Delawaren und von dem wackersten weißen Manne, der je diese Berge betreten hat, erzählen.«

      Effingham and Elisabeth waren von der ungewöhnlichen Feierlichkeit in Lederstrumpfs Benehmen überrascht; da sie jedoch deren Grund nur in dem Anblick der Grabstätte suchten, so trat der junge Mann alsbald an das Denkmal und las laut:

      »Dem Andenken Oliver Effinghams

       vormaligen Majors im Sechzigsten Infanterie-Regiment

       Seiner Majestät des Königs von Großbritannien.

      Er war ein Krieger von erprobter Tapferkeit, der mit ritterlicher Treue an seinem König hing, ein Mann von dem biedersten Charakter und ein wahrer Christ. Den Morgen seines Lebens verbrachte er in Ehre, Reichtum und Macht; aber der Abend wurde durch Armut, Mangel und Krankheit getrübt, die ihm nur durch die zarte Sorgfalt seines alten treuen, aufrichtigen Freundes und Dieners, des Nathanael Bumppo, erträglich gemacht wurden. Um die Tugenden des Herrn zu ehren und ihren Dank gegen den Diener bleibend auszudrücken, errichteten dieses Denkmal

      Die Hinterbliebenen.«

      Lederstrumpf fuhr zusammen, als er seinen eigenen Namen nennen hörte, und ein freudiges Lächeln überflog seine runzligen Züge.

      »Und das steht wirklich hier, Junge?« fragte er. »Ihr habt also den Namen des alten Mannes an