James Fenimore Cooper

Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper


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weiter ist als ein Anschlagen an den Stahl der Pfanne und das andere plötzlichen Tod bringt. Packe dich also aus dem Weg, Bursche, damit ich Billy Kirby zeigen kann, wie man einen Weihnachtsputer schießt!«

      »Laßt einem Neger ehrlich Spiel«, rief der Schwarze, der entschlossen seinen Posten behauptete und sich in der kriechenden Weise seiner Kaste auf das Billigkeitsgefühl der Umstehenden berief. »Jedermann weiß, daß das Abschnappen für einen Schuß gilt. Fragt Massa Jones – fragt die Dame.«

      »Gewiß«, sagte der Holzfäller, »das ist hierzulande so der Brauch, Lederstrumpf. Wollt Ihr noch einmal schießen, so müßt Ihr einen andern Schilling bezahlen. – Nun, ich will mein Glück wieder probieren, John, da ist mein Geld. Ich habe den nächsten Schuß.«

      »Möglich, daß Ihr die Gesetze der Wälder besser kennt als ich, Billy Kirby«, erwiderte Natty ironisch. »Ihr kamt mit den Ansiedlern ins Land, einen Ochsenstachel in Eurer Hand, und ich kam schon lange vor dem alten Krieg herein, die Mokassins an meinen Füßen und eine gute Büchse auf meinen Schultern. Wer muß es da wohl besser wissen? Niemand soll mir weismachen wollen, ein Abschnapper sei so gut wie ein Schuß, wenn einmal der Drücker berührt ist.«

      »Fragt Massa Jones«, rief der um sein Eigentum besorgte Neger, »er muß es wissen.«

      Diese Berufung an Richards Sachkenntnis war zu schmeichelhaft, um unberücksichtigt zu bleiben. Er trat daher ein wenig von der Stelle vor, an welche ihn Elisabeths Delikatesse gebannt hatte, und gab mit der Würde, welche die wichtige Frage und sein eigener Rang forderten, folgende Ansicht kund:

      »Es scheint hier eine Meinungsverschiedenheit über den Punkt obzuwalten, ob Nathanael Bumppo das Recht hat, auf Abraham Freeborns Truthahn zu schießen, ohne daß besagter Nathanael einen Schilling dafür zahlt.«

      Diese Tatsache war zu einleuchtend, um in Abrede gezogen werden zu können, und nach einer kurzen Pause, während welcher das Auditorium die Einleitung verdaut haben konnte, fuhr Richard fort:

      »Ich finde es nicht unpassend, daß diese Frage mir zur Entscheidung vorgelegt wird, da ich die Verpflichtung habe, über den Frieden des Distrikts zu wachen; Menschen mit tödlichen Waffen in den Händen sollte man nie in einen Streit geraten lassen, in welchem ihre bösen Leidenschaften die Oberhand gewinnen können. Es scheint, daß in dem bestrittenen Falle weder ein mündlicher noch ein schriftlicher Vertrag vorliegt, weshalb er vernünftigerweise mittelst der Analogie, das heißt durch Vergleichung eines Dinges mit dem andern, beurteilt werden muß. Es gilt aber in Duellen, wo beide Teile schießen, allgemein das Abschnappen für einen Schuß; wenn dies schon da zutrifft, wo die Gegenpartei ein Recht hat wiederzuschießen, so scheint es mir eine unvernünftige Behauptung, daß ein Mann einen ganzen Tag dastehen und auf einen Truthahn abschnappen dürfe. Meine Meinung geht demnach dahin, daß Nathanael Bumppo seinen Schuß verloren hat und einen anderen Schilling zahlen muß, ehe ihm das Recht eines neuen Versuches zugestanden werden kann.«

      Diese Ansicht von Seiten eines so bedeutenden Mannes, die noch obendrein mit gehörigem Nachdruck ausgesprochen wurde, brachte alle zum Schweigen; denn die Zuschauer hatten schon mit großer Wärme für die verschiedenen Beteiligten Partei genommen. Nur Lederstrumpf gab sich nicht so leicht zufrieden.

      »Ich denke, man sollte auch Miss Elisabeths Gedanken hören«, sagte Natty. »Ich bin oft Zeuge davon gewesen, daß die Weiber sehr guten Rat erteilten, wenn die Indianer sich nicht mehr zu helfen wußten. Sobald sie erklärt, daß ich verloren habe, bin ich zum Verzicht bereit.«

      »Dann bin ich der Meinung, daß Ihr diesmal im Nachteil seid«, versetzte Miss Temple. »Aber ich will die Einlage zahlen, und Ihr mögt den Schuß erneuern, wenn anders Brom es nicht vorzieht, mir den Hahn für einen Dollar abzutreten. Ich will ihn bezahlen und das Leben des armen Opfers retten.«

      Dieser Vorschlag behagte den Umstehenden augenscheinlich wenig, und selbst der Neger hoffte, sein Tier durch eine Fortsetzung des Schießens besser anzubringen. Inzwischen hatte sich Billy Kirby auf einen zweiten Schuß vorbereitet, und Natty verließ unmutig den Stand, indem er vor sich hinmurmelte:

      »Kann man doch nie mehr einen guten Flintenstein an den Ufern des Sees kaufen, seit diese Krämer damit das Land durchziehen; und wenn man an den Flüssen in den Talgründen einen holen will, so ist zehn gegen eins zu wetten, daß einem der Pflug einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Es ist mir fast, als ob mit dem Seltenerwerden des Wildes derjenige, welcher gutes Schießzeug braucht, um sein Leben fortzubringen, zu allem Unstern verdammt sei. Aber ich will einen andern Stein einsetzen; denn ich weiß: Billy Kirby hat nicht das Auge für ein solches Ziel.«

      Der Holzfäller schien wohl zu begreifen, daß es sich jetzt um seinen Ruf handle, und vernachlässigte kein Mittel, um sich den Erfolg zu sichern. Er legte die Büchse an, zielte und zielte, ohne daß er abfeuern zu wollen schien. Kein Laut, nicht einmal von Brom, ließ sich während dieser inhaltsschweren Bewegungen vernehmen, bis endlich Kirby sein Gewehr abfeuerte, aber mit ebenso geringem Erfolg wie früher. Alsbald erscholl das Freudengeschrei des Negers und hallte von den Bäumen des benachbarten Waldes wieder wie der Schlachtruf eines Indianerstammes. Er lachte und warf den Kopf hin und her, bis seine ausgelassene Lustigkeit erschöpft war. Er tanzte im Schnee herum, solange seine Beine ausdauern wollten, und zeigte, mit einem Wort, all das Ungestüm der Freude, welches einen gedankenlosen Neger charakterisiert.

      Der Holzfäller hatte all seine Kunst aufgeboten und fühlte daher einen entsprechenden Verdruß über dieses Fehlschlagen. Zuerst untersuchte er den Vogel mit der größten Aufmerksamkeit, und mehr als einmal behauptete er, eine seiner Federn gestreift zu haben. Aber die Stimme der Menge war gegen ihn, und diese fühlte sich geneigt, auf den oft wiederholten Ruf des Schwarzen: »Laßt einem Neger ehrlich Spiel«, zu hören.

      Als Kirby es unmöglich fand, irgendeinen Anspruch auf den Vogel geltend zu machen, wandte er sich stolz an den Schwarzen und sagte:

      »Halt deinen Rachen, du Krähe! Wo ist ein Mann, der einen Truthahnskopf auf hundert Ellen treffen kann? Ich war ein Narr, daß ich’s versuchte. Du hast nicht nötig, einen Lärm darüber anzuschlagen wie eine fallende Fichte. Zeige mir den Mann, der es tun kann!«

      »Nun, Billy Kirby«, versetzte Lederstrumpf, »man trete nur aus dem Weg, und ich will Euch einen Mann zeigen, der vordem schon bessere Schüsse getan hat, und das zu einer Zeit, als er von den Indianern und wilden Bestien gleich bedrängt wurde.«

      »Vielleicht ist jemand da, der ein Vorrecht vor uns hat, Lederstrumpf«, sagte Miss Temple. »Wenn dies der Fall ist, so wollen wir zurückstehen.«

      »Wenn Sie das in Beziehung auf mich sagen«, entgegnete der junge Jäger, »so muß ich erklären, daß ich zu keinem weiteren Versuch geneigt bin. Mein Arm ist noch zu schwach, wie ich finde.«

      Elisabeth hatte ihn aufmerksam betrachtet, und es war ihr, als habe ein Rot seine Wangen überflogen, das in dem Bewußtsein seiner Armut begründet sein mochte. Sie schwieg daher und hatte nichts dagegen, daß ihr eigener Kämpe sich für den Versuch vorbereitete. Obgleich Natty Bumppo gewiß hundertmal weit wichtigere Schüsse auf seine Feinde oder auf sein Wild getan hatte, so bot er doch nie so sehr alle seine Kraft auf. Er erhob sein Gewehr zu verschiedenen Malen – einmal, um sein Ziel zu nehmen, das zweitemal, um die Entfernung zu berechnen, und wieder einmal, da der Vogel, beunruhigt durch die totenähnliche Stille, seinen Kopf rasch umwandte, um nach seinen Feinden zu sehen. Aber das viertemal drückte er ab.

      Der Rauch, der Knall und der Eindruck des Augenblicks verhinderten die Zuschauer, das Ergebnis sogleich gewahr zu werden; aber für Elisabeth blieb es kein Geheimnis, als sie ihren Ritter den Schaft seiner Büchse in den Schnee stoßen und seinen Mund sich zu dem bekannten stummen Lachen verziehen sah, worauf er ganz kaltblütig sein Gewehr aufs neue zu laden begann. Die Knaben eilten nach dem Baumstumpf und hoben den leblosen Truthahn in die Höhe, dessen Kopf nur noch an einem Lappen hing.

      »Bringt das Tier her und legt es der Dame zu Füßen«, rief Lederstrumpf. »Ich habe in ihrem Namen geschossen, und der Vogel ist ihr Eigentum.«

      »Nun, Ihr habt Euch als ein guter Sachwalter bewährt«, sagte Elisabeth, »so gut, Vetter Richard, daß ich dir raten möchte,