A.M. Arthur

Uniquely Us


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mit allem fertig.«

      Was zum Henker war das? Er liest in mir wie in einem Buch. Das schafft nicht einmal Onkel Charles.

      »Wie hast du das angestellt?«, fragte Dell.

      »Genau wie du beobachte ich Menschen.«

      Hm.

      »Aber Dell«, fuhr Cris fort, »bis zu einem gewissen Punkt geht es bei Freunden und Beziehungen darum, ihnen zu vertrauen, dass sie sich kümmern, wenn du Hilfe brauchst. Ich kann nicht behaupten, genau zu wissen, was du durchmachst, denn das tue ich nicht. Aber ich verstehe etwas von Albträumen und Geheimnissen und wenn du jemals reden möchtest, werde ich zuhören.«

      Dell wusste besser als jeder andere, dass es nie gut ausging, wenn man Geheimnisse für sich behielt, aber er war sich nicht sicher, ob er Cris' Angebot annehmen konnte; besonders, falls seine Freundschaft zu Taro vorüber war. Die Erinnerung an sein Versagen wäre zu viel. Dennoch… »Danke, Cris.«

      »Jederzeit.«

      Cris nahm sich einen Apfel und ging. Dell erinnerte sich vage an ein Gespräch, laut dem Cris ein paar Tage im Monat ehrenamtlich im Krankenhaus arbeitete. Ein schneller Blick auf den Kalender am Kühlschrank bestätigte, dass er genau dort hinwollte.

      Es ist Dienstag. Wenigstens bekommt Cris Taro heute zu sehen und ich werde mir sicher sein können, dass es ihm gut geht. Cris würde etwas sagen, wenn Taro nicht auftaucht, weil er von einem Fremden namens Marty gekidnappt wurde, der Star Wars mag.

      Er war albern. Dennoch sah er erneut auf sein Handy – keine E-Mails von Taro, nur ein paar, die mit der Arbeit zu tun hatten. Dell ging nach unten ins Büro und beantwortete sie von dem Computer dort. Dann rief er den Plan für den Dreh heute Abend auf. Bis dahin würden noch Stunden vergehen, aber da Dell nicht so bald Schlaf finden würde, konnte er genauso gut arbeiten.

      Eine Stunde später erhielt er eine Nachricht.

      Taro: Entschuldige noch mal wegen gestern Abend. Ich mache es wieder gut. Brauche nur ein bisschen Zeit.

      Dell starrte auf die Worte, die nicht im Geringsten halfen, seine Nerven zu beruhigen. Zeit für was? Um sich zu überlegen, wie er Dell behutsam abservierte? Zeit, sich eine Ausrede einfallen zu lassen, warum Taro nicht länger mit einem Junkie befreundet sein konnte?

      Das war dumm. Taro war der unvoreingenommenste Mensch, den Dell je kennengelernt hatte, sogar im Vergleich zu Onkel Charles. Es musste etwas anderes dahinterstecken.

      Dell: Bitte ruf mich an, wenn nötig. Lass mich dir ein Freund sein. Bitte?

      Es dauerte lange, bevor Taro sich meldete. Bald. Danke.

      Zwei kleine Worte waren nicht viel, aber für den Moment mussten sie reichen.

      Kapitel Vier

      Dell bot an, das Set aufzuräumen und die Ausrüstung wegzustellen, nachdem sie mit dem Drehen fertig waren und die Darsteller gegangen waren. Er konnte sehen, wie begierig Onkel Charles war, nach oben zu Cris und Jake zu gelangen, und Dell hatte nichts gegen die zusätzliche Arbeit einzuwenden.

      Der Dreh war perfekt geeignet gewesen, um sich von Taros anhaltendem Schweigen und den möglichen Gründen abzulenken. Sie hatten sich nur zwölf Tage lang geschrieben, was wirklich nicht lange war, aber manchmal kam es Dell vor, als würde er Taro schon seit Jahren kennen.

      Das letzte Mal hatte er so empfunden, als Rick Fowler bei ihnen geklingelt hatte, um für das Studio vorzusprechen. Nachdem das Bewerbungsgespräch vorüber war, hatten sie beinahe eine Stunde damit verbracht, sich im Flur zu unterhalten. Damals war alles so leicht gewesen, genau wie mit Taro auf der Geburtstagsparty.

      Dell wusste nicht, ob er es ertragen könnte, schon wieder einen Freund zu verlieren.

      Es war nach elf, als er alles für das nächste Mal verstaut hatte. Erst dann nahm er sein Handy aus dem Regal und stellte es wieder auf laut – eine Lektion, die er während seines zweiten Drehs gelernt hatte, als ein Anruf den Moneyshot zerbombt hatte. Dell war am Boden zerstört gewesen, aber die anderen hatten es locker genommen, besonders Onkel Charles.

      Cris war einer der Darsteller an dem Tag. Er war immer nett, hat mich nie verurteilt. Kein Wunder, dass Onkel Charles sich so zu ihm hingezogen fühlt.

      Dell fand eine Handvoll neuer E-Mails im Postfach der Website, aber am meisten überraschte ihn der Hinweis, dass über Skype ein Anruf eingegangen war. Er hatte die App seit Ewigkeiten nicht verwendet und sein Herz blieb beinahe stehen, als er erkannte, dass es sich um Taros Nummer handelte. Er antwortete, ohne weiter darüber nachzudenken.

      Beinahe sofort sprang der Bildschirm auf. Dell konnte nicht verhindern, dass ihm beim Anblick von Taros Gesicht der Mund aufklappte. Über seinen linken Wangenknochen zog sich ein dunkler Bluterguss um eine Platzwunde, die so lang wie Dells kleiner Finger war. Sein linkes Auge war blau unterlaufen.

      »Himmel, Taro«, quiekte Dell.

      »Ich weiß, es sieht übel aus, aber es ist nicht so wild«, erwiderte Taro. Seine Haltung und sein Tonfall waren zu zögernd. Das war nicht der selbstsichere Mann, an den Dell sich erinnerte.

      »Hat Marty das getan?«

      »Nein, es war nicht seine Schuld.«

      Dell konnte nicht aufhören, die Wunde anzustarren, die Taros atemberaubendes Gesicht verunstaltete; schockiert, dass so etwas Grausiges existieren durfte. »Geht es dir gut? Was ist passiert?«

      »Es war ein Unfall, aber ich war hinterher furchtbar verlegen und das hat meine Zwangsstörung getriggert. Daher musste ich mich Montag an meine Routine halten. Ich kam da nicht raus und ich fühle mich wirklich mies, dass ich dich versetzt habe. Und deshalb ging es mir heute noch viel schlechter, sodass ich auch noch mein Essen mit Cris abgesagt habe.«

      »Oh.« Taros Worte zerbrachen die Schale der Angst, die sich seit Sonntag um Dells Herz gelegt hatte. Es war nicht seine Schuld. Er hatte es doch nicht verdorben. »Danke fürs Anrufen. Ich habe mir wirklich Sorgen gemacht.«

      »Ich weiß und es tut mir so leid.« Taros Blick löste sich von seinem. »Wo bist du?«

      »Noch unten im Studio. Wir haben einen Dreh hinter uns und ich bin zum Aufräumen hiergeblieben. Ich dachte, Onk… Chet. Nein, weißt du was? Scheiß drauf. Ich nenne ihn Onkel Charles, denn so heißt er für mich eben.«

      »Nenn ihn, wie immer du magst. Ich kann mir Zweitnamen merken, versprochen.« Taros Lächeln ließ die furchtbare Verletzung etwas weniger grausig erscheinen.

      »Wie dem auch sei, ich dachte, Onkel Charles möchte so viel Zeit wie möglich mit seinen, nun, Lebensgefährten verbringen. Sie scheinen nun offiziell zusammen zu sein.«

      »So viel hat Cris heute Abend auch gesagt.«

      Dell blinzelte. »Ich dachte, du hättest abgesagt.«

      »Ich hab's versucht. Der sture Hund kam trotzdem bei mir vorbei, hat mich zum Reden gezwungen, war fürchterlich um meine Ehre besorgt und hat uns Take-away geholt, sodass wir doch noch zu unserem Abendessen gekommen sind.«

      »Oh.« Dell ging zu einem der Sofas am Set, um sich hinzusetzen. »Würdest du mir erzählen, was passiert ist? Bitte?«

      »Marty hat es nicht getan, aber Cris hat mir geholfen zu erkennen, dass es dennoch in gewisser Hinsicht seine Schuld war.« Taro kratzte sich am Kinn, die Lippen angespannt. »Wir haben uns wie verabredet Sonntag zum Mittagessen getroffen und haben eine tolle Zeit miteinander verbracht. Haben uns über alles Mögliche unterhalten, inklusive der Tatsache, dass ich demi bin. Er schien das aufrichtig zu akzeptieren und wirkte interessiert, was nicht oft geschieht, das kannst du mir glauben. Um es kurz zu halten: Er hat mich in seine Wohnung eingeladen, um mir seine Sammlung Pop-Vinyls anzuschauen, die ich ebenfalls sammle.«

      »Was ist Pop-Vinyl? Schallplatten?«

      Taros Gelächter kitzelte angenehm über Dells Wirbelsäule. »Nein, es sind Action-Figuren aus der Popkultur beziehungsweise Spielzeuge. Ich schicke dir ein Bild meiner Sammlung, damit