Ralf Nestmeyer

Franken Reiseführer Michael Müller Verlag


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tat­säch­lich 35 Husaren unter der Füh­rung eines un­be­deutenden Leut­nants aus, um Rothen­burg ein­zu­nehmen und auszu­plündern.

      Im Jahre 1802 verdrängte der baye­ri­sche Rautenschild den Königsadler. Ab­seits der wich­tigen Verkehrsströme ver­harrte Rothenburg in seinen Mauern.

      Von den Segnungen des modernen Indus­triezeitalters vergessen, versank Rothen­burg in eine Art Dornrös­chen­schlaf. Erst der fulminante Aufstieg zur ro­man­ti­schen Tourismusmetropole be­en­dete diesen Dämmerzustand. Maler wie Ludwig Rich­ter und Carl Spitzweg streiften, auf der Suche nach der bie­der­meier­lichen Idylle, mit Zei­chenstift, Pinsel und Skizzenbuch durch die Stadt; wenige Jahre spä­ter strömten die durch Zeitungsberichte neugierig ge­wor­denen Kultur­rei­senden in Scharen her­bei. Ro­then­burgs Bürger begriffen schnell, wel­che Mög­lich­keiten der Frem­den­ver­kehr ihrem pittoresken Tau­ber­städt­chen bot. Man wollte „alles auf­bie­ten, um den Fremden den Auf­ent­halt in Ro­then­burg so an­ge­nehm als lieb zu ma­chen“. Hier­zu ge­hörte nicht nur, dass alt­ehr­wür­dige Hand­werks­mei­ster bei­nahe von ei­nem Tag auf den an­de­ren Frem­den­zim­mer ver­mie­te­ten, ganz Ro­then­burg wur­de in ein adret­tes und rein­liches Ausflugsstädtchen ver­wan­delt, die Mist­hau­fen jenseits der Stadttore ver­bannt und die glorreiche Stadt­ge­schich­te mit Schau­spielen und Le­gen­den über Heinrich Toppler und den Meis­tertrunk des Alt­bür­ger­meis­ters Georg Nusch auf­wendig in Szene ge­setzt. Der Erfolg blieb nicht aus: Das Tau­berstädt­chen gilt seither weltweit als das „Knus­per­häus­chen der deut­schen Seele“.

      Einen schweren Schlag musste Ro­then­burg noch kurz vor Ende des Zwei­ten Welt­kriegs hinnehmen. Es wurde von amerikanischen Flugzeugen bom­bar­diert und da­bei empfindlich getrof­fen: Mehr als 40 Prozent der Stadt - 300 Wohnhäuser, neun Türme und 750 Me­ter Stadtmauer - lagen in Schutt und Asche. Auch das Rat­haus wurde schwer beschädigt, die Fassade blieb jedoch un­versehrt. Die größ­ten Ver­lus­te hatte man im Areal zwischen Wei­ßem Tor­turm und Rödertor zu be­kla­gen. Das zer­störte Viertel wurde in An­leh­nung an den ursprünglichen Zu­stand wie­der auf­gebaut, wobei man vor allem bemüht war, den Verlust zu­min­dest op­tisch wett­zumachen.

      Die Meistertrunk-Legende

      Als Urheber der Meistertrunk-Legende gilt der Rothenburger Chronist Georg Heinrich Schaffert (1739-1794). Die historisch nicht belegte Episode aus dem Dreißigjährigen Krieg diente dem Lokalpoeten Adam Hörber als Grundlage für ein Schauspiel, das 1881 in Rothenburg uraufgeführt wurde. Die Zuschauer waren so begeistert, dass die Meistertrunk-Legende nicht nur einen festen Platz im städtischen Festkalender bekam, sondern schon we­nige Jahre später als Kunstuhr den Giebel der Ratstrinkstube zierte. Mehr­mals täglich zur vollen Stunde erscheint seither der Altober­bürgermeister Nusch in einem Fenster und leert einen Humpen Wein, während im Fenster auf der anderen Seite der Uhr der kaiserliche Feldherr Graf von Tilly er­staunt mit dem Mar­schall­stab winkt. Der über den Rothenburger Wider­stand verbitterte Tilly, so die Legende, wollte im Herbst 1631 die Stadt zerstö­ren und den Rat hinrichten lassen; bei der Übergabe des mehr als drei Liter fassenden Willkommenstrunks hatte er aber den Einfall, Gnade walten zu lassen, „wenn einer von Euch Kraft und Mut besitzt, den Pokal in einem Zug zu leeren“. Altoberbürgermeister Nusch trat hervor und gab eine Kost­pro­be seiner überwältigenden Trinkfestigkeit, woraufhin der schwer beein­druck­te Tilly von seinem Vorhaben abließ und die Stadt verschonte.

      ♦ An Pfingsten und an den Reichs­stadt-Festtagen im Herbst wird die Legende vom Meistertrunk gespielt, und Rothen­burg hüllt sich in ein mittelalterliches Flair. Infos und Termine unter www.meistertrunk.de.

      Pittoresk: Markusturm

      Altstadt: Die wichtigste Achse der stau­fi­schen Stadt war die heutige Herrn­gasse, ein breiter, einst als Viehmarkt genutzter Straßenmarkt, der von der Rothenburger Burg nach Nürnberg, einer anderen für die Staufer be­deu­tenden Stadt, weist. An der Kreuzung mit einer den Norden und Süden ver­bindenden Straße, über die spä­ter der Fernhandel von Würzburg nach Augs­burg führte, entstand der viereckige Marktplatz. In der Vielzahl der öffent­li­chen Gebäude, welche die Stadt am Markt­platz errichten ließ, manifestierte sich ihre wachsende Bedeutung. Zu den pittores­kesten Winkeln Rothenburgs gehört der als „Plönlein“ bezeichnete Platz mit Blick auf den Siebersturm und das tiefer gelegene Kobolzeller Tor.

      ♦ Tgl. ca. 9-17 Uhr. Eintritt 2 €.

      Rathaus: Das Rothenburger Rathaus nimmt unter den frühneuzeitlichen Rat­häu­sern zweifellos eine archi­tek­to­nisch herausragende Stellung ein. Der mächtige Bau be­steht aus zwei Teilen: Der ältere ist der gotische mit dem weit­läufigen Kaisersaal und dem Turm, der vordere Renaissancebau wurde in den Jahren 1572-1577 er­rich­tet, nach­dem ein Brand den alten Ostflügel größtenteils zerstört hatte. Ein Licht­hof trennt die beiden Gebäude. Die Arka­den wurden erst 1681 angefügt, um ei­nen alten, baufällig gewordenen Gang zu ersetzen. Mithilfe eines Bildes von Fried­rich Herlin, das sich auf der Rückseite des Zwölfbotenaltars in der Jakobskir­che befindet, kann man den jetzigen Bau mit dem Rathaus im Jahre 1446 verglei­chen.

      ♦ Der Rathausturm kann zu folgenden Zeiten bestiegen werden: April bis Okt. und Dez. 9.30-12.30 und 13-17 Uhr, Nov. bis März Sa und So 12-15 Uhr. Eintritt 2 €, erm. 0,50 €.

      Rathaus und Marktplatz

      Ratstrinkstube: Die 1446 erbaute Trink­stube durfte nur von den Ratsherren betre­ten werden. Damals war das Erd­geschoss, in dem heute die Tourist-Infor­mation un­ter­gebracht ist, eine offene Halle, in der die offizielle, ge­eich­te Rats­waage stand. Die Kunst­uhr mit der Darstellung des legendären, aber his­to­risch unwahren „Meis­ter­trunks“ ist ein Geschenk der Nürn­berger Freunde Alt-Rothen­burgs von 1910. Täg­lich zu jeder vollen Stunde von 11 bis 15 sowie um 21 und 22 Uhr hebt der Alt­bür­ger­meister Nusch vor dem staunenden Feldherrn Graf Tilly und unter den Au­gen zahl­loser Be­su­cher einen 3,25-Liter-Humpen Wein und leert ihn auf einen Zug. Tou­ris­ten aus aller Herren Länder halten diese Szene Tag für Tag mit der Kamera fest.

      Historiengewölbe: Durch das Portal des gotischen Rathauses gelangt man über den Innenhof zum Eingang in die Historiengewölbe. Die neun Gewölbe geben ei­nen Einblick in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, in die Kon­flikte zwischen der Katholischen Liga und der Protestantischen Union; auch die damaligen sozialen und religiösen Verhältnisse von Rothenburg ob der Tauber werden nicht ausge­spart. In Ver­bindung mit den Gewölben kann das Verlies der Reichsstadt besich­tigt wer­den, in dem 1408 die Hinrich­tung des Rothenburger Bürgermeisters Hein­rich Toppler nach mehr als zwei­mo­natiger Kerkerhaft erfolgte.

      ♦ Mai bis Okt. 9.30-17 Uhr, sonst meist 12-16 Uhr. Eintritt 2 €, erm. 1,50 €.