Lisbeth Pahnke

Britta, die Reitlehrerin


Скачать книгу

und Madeleine stellte vor: „Das ist also Kicki, von der ich dir schon viel erzählt habe!“

      „Wie ich dich kenne, hast du bestimmt die greulichsten Räubergeschichten über mich verbreitet!“ lachte Kicki.

      „Und dies ist Britta.“ Madeleine ließ sich nicht beirren. „Du weißt, Kicki, daß ich mit Britta zusammen Gazelle und das Fohlen habe! Britta interessiert sich sehr für euer Vorhaben“, fügte sie hinzu.

      „Kommt mit, dann zeige ich euch alles“, antwortete Kicki. „Am besten gehen wir zuerst gleich in den Stall. Wenn man diesen alten Schuppen schon so nennen kann. Jedenfalls wird dies unser Stall, Thomas und seine Freunde arbeiten wirklich hart daran.“

      In der Stalltür tauchte jetzt die Ziege wieder auf, die bei unserer Ankunft an uns vorbeigaloppiert war.

      „Diese Jungen!“ schimpfte Kicki und zeigte auf die rot bemalten Hörner der Ziege. „Sie streichen ihre Pinsel ab, wo es ihnen gerade paßt. Letzte Woche hatte die Ziege weiße Hörner, denn da malten wir gerade das Dach …“

      Im Stall wurde eifrig gearbeitet. Alle Altersstufen waren vertreten. Überall herrschte Unordnung. Bretter und Planken lagen herum, daneben Hammer, Beile, Sägen.

      Ein paar kleine Mädchen bemühten sich angestrengt, die Wand eines Verschlages ganz in der Nähe der Stalltür mit roter Farbe zu streichen. Weiter vorn zimmerten zwei Jungen die Türen der Boxen zurecht, unterstützt von Freunden, die aus dem bereitliegenden Bauholz alte Nägel herauszogen und die Latten zurechtsägten. Niemand kümmerte sich um uns. Deshalb blieben wir nahe der Stalltür stehen, um sie nicht zu stören.

      „Wir wollen ganz hinten vier große Boxen machen“, erklärte Kicki und zeigte zum Ende des Ganges. „Dann Verschläge zu beiden Seiten, und hier, an der Tür, wo die Kinder arbeiten, sollen Pony-Verschläge gebaut werden. Die sind ja beinahe fertig. Zunächst werden wir also für zehn Pferde Platz haben. Aber wenn es notwendig ist, können wir ja weiter ausbauen.“

      „Und wieviel Pferde habt ihr jetzt?“ fragte ich.

      Kicki antwortete: „Haben … haben … ehe der Stall und auch die Weideplätze nicht ganz fertig sind, können wir keine Pferde annehmen. Demnach haben wir im Augenblick nur zwei. Sie stehen drüben im alten Fahrzeughaus, neben dem kleinen Anbau. Dort gab es zwei riesengroße Boxen für Ardenner, die haben wir schon gerichtet. Der Scheck ist unser Hauspferd. Ihr habt ihn schon gesehen, sicher läßt er es sich auch heute gutgehen und läuft ums Haus herum. Dann haben wir noch Rauhbein. Er arbeitet zufällig einmal! Hasse hat ihn angespannt und fährt gerade die Latten für den Zaun zur Reitbahn hinaus.“

      Rauhbein – das mußte also das Pferd sein, das wir oben am Waldsaum gesehen hatten, überlegte ich, während wir den Stall verließen.

      „Und hier seht ihr den alten Stall“, sagte Kicki und zeigte auf ein kleines Haus, das etwas abseits stand.

      „Aber das ist doch ein Haus!“ protestierte ich.

      Kicki lachte.

      „Stimmt genau! Es wurde auch, bis unser Klub das ganze Anwesen mietete, bewohnt. Das gute dabei ist, daß der Stall an das Haus angebaut wurde.“ Sie kicherte verschmitzt. „Wer weiß, vielleicht lagen die Schlafräume unmittelbar daneben? Müßte es nicht gemütlich sein, bei Pferdegetrampel und Gestampfe und was noch alles so durch die Wände dringt, einzuschlafen? – Aber seht doch!“ rief sie plötzlich und zeigte zur Reitbahn. „Sie haben tatsächlich schon den halben Zaun aufgestellt. Da kommt auch Hasse mit Rauhbein angefahren. Sie bringen eine neue Ladung Bretter! Die einzige, die hier nichts tut, bin also ich. Es wird Zeit, daß ich ins Haus gehe. Drinnen warten die Mädchen auf mich, wir waren nämlich gerade dabei, Gardinen aufzuhängen, als ihr ankamt …“

      „Können wir nicht irgendwie mithelfen?“ fragte ich voller Eifer.

      „Wenn du Lust hast, kannst du Kaffee kochen. Ich bin überzeugt, daß Hasse gern eine Tasse trinken würde, ehe er die nächste Ladung rausfährt. Also, kommt ins Haus!“

      Ich beginne zu träumen

      Wir betraten eine große altmodische Küche. Zwei Mädchen von etwa fünfzehn Jahren hatten eine Bank vor eines der Fenster gerückt und standen nun mit den Zehenspitzen darauf und hängten grüngelb karierte Gardinen auf.

      „Hübsch, diese Gardinen“, stellte Madeleine fest.

      „Vielen Dank!“ beeilte sich Kicki dieses Lob einzuheimsen. „Ich habe sie nämlich ausgesucht und genäht!“ Die beiden Mädchen waren nun fertig, sprangen von der Bank, traten ein paar Schritte zurück, um ihr Werk im richtigen Abstand zu betrachten.

      „Sie machen diese riesige, langweilige Küche nahezu hell“, sagte eines von ihnen.

      „Sei bloß froh, daß die Küche so groß ist!“ meinte Kicki. „Und wenn ihr euer Werk genügend bewundert habt, lauft zu den anderen in den Stall und sagt, daß es Kaffeezeit ist.“

      Nun halfen wir alle, und im Nu war der Kaffee fertig. Auf den großen, runden Küchentisch stellten wir Tassen und Teller.

      „Von allen Seiten wurde uns altes Geschirr gespendet“, erzählte Kicki, „deshalb sind die Tassen so bunt! Wundert euch auch nicht, wenn manchmal die Henkel fehlen … Ach, zu dumm! Jetzt haben wir wieder vergessen, Kaffeelöffel mitzubringen.”

      Mit betrübter Miene hielt sie einen kleinen Plastiklöffel in die Höhe, der in der Kaffeedose steckte.

      „Der einzige Kaffeelöffel des Klubs!“ verkündete sie lachend. „Wir müssen ihn eben rundgehen lassen.“

      In lehmigen Stiefeln und mit schmutzigen Händen kamen sie alle nacheinander in die Küche und setzten sich. Irgend jemand hatte ein langes Weißbrot mitgebracht, das ich jetzt in Scheiben aufschnitt und auf einer Platte anordnete. Die meisten hatten belegte Brote mit, ebenso Thermosflaschen mit warmem Kakao. Es wurde recht eng um den Tisch, aber alle schienen sich wohl zu fühlen.

      „Die reinste Invasion, was?“ sagte Kicki, die mit ihrem Freund Thomas neben uns saß. „Was haben wir doch für ein Glück, daß wir dieses alte Haus als Klubhaus bekommen haben! Am schönsten finde ich, daß wirklich alle mithelfen, ob es nun Mädchen, Jungen oder Erwachsene sind.“

      „Und woher werdet ihr die Pferde für die Reitschule bekommen?“ wollte ich wissen.

      „Zunächst bringt Hasse noch zwei Pferde, sobald wir hier mit dem Umbau fertig sind. Dann haben wir ein Mädchen am Tisch, dessen Onkel ein nordschwedisches Pony hat, das sich nicht anspannen läßt. Meistens reitet das Mädchen auf dem Pony, und das wird auch bei uns im Stall stehen. Dann wollen die Schecken noch ein Pony anschaffen.“

      „Die Schecken …?“

      „Ja, die Schecken! Das ist nämlich eine ganze Familie. Ihnen gehört der Schecke, das kleine Pony, das ihr schon kennt. Sie besteht aus Vater, Mutter und drei Kindern. Alle kommen sie herüber und arbeiten mit, wenn sie eine Stunde Zeit haben. Schließlich gibt es noch Leute“, redete Kicki weiter und gab Thomas einen freundlichen Seitenstoß, „Leute, die ständig behaupten, sie würden sich ein Pferd anschaffen! Wie ihr seht, werden es zunächst Privatpferde sein, über die wir als Reitschule stundenweise verfügen können. Aber irgendwann einmal in ferner Zukunft wird unser Klub auch so weit sein, daß er sich eigene Pferde leisten kann.“

      Langsam leerte sich die Küche wieder. Die beiden Mädchen, die vorher die Gardinen aufgehängt hatten, machten sich jetzt ans Geschirrspülen.

      Ich griff mir ein Tuch und trocknete ab. Dabei hörte ich, wie Madeleine Kicki fragte, wen sie als Reitlehrer nehmen wollten.

      „Die Frage ist noch nicht geklärt“, antwortete Kicki mit einem Seufzer. „Wir haben nicht die Mittel, jemanden anzustellen. Jedenfalls nicht jetzt, am Anfang. Deshalb wollen wir uns abwechseln. Hasse und Thomas sind sehr gut. Ein paar Freunde und ich haben ebenfalls so viel Erfahrung, daß wir Anfänger unterrichten können …“

      Ehe wir zurückfuhren, machten