etwas mürrisch eine Stimme, die Leonard auf Anhieb erkannte.
"Mister Lafitte? Hier spricht Clint Leonard!"
"Hatten wir nicht abgemacht, dass Sie mich unter diese Nummer nicht anrufen, Leonard?", fragte die Stimme auf der anderen Seite etwas ungehalten. "Was fällt Ihnen ein! Verdammt, haben Sie den Verstand verloren?"
"Ich würde es nicht tun, wenn es sich vermeiden ließe!"
Lafitte atmete so tief durch, dass man es durch die Leitung hören konnte. "Na, schön!", meinte er dann. "Was gibt es?"
"Ich brauche jetzt Ihre Hilfe. Etwas Furchtbares ist geschehen! Die Polizei war in meiner Wohnung."
"Auf wessen Konto geht das?"
"Die Frau vielleicht... Ich weiß es nicht. Dieser Reiniger war auch dabei. Er steckt seine Nase allmählich entschieden zu tief in die Sache."
"Dann werden wir ihm eine Warnung zukommen lassen müssen", meinte Lafitte. "Eine sehr ernste Warnung."
"Darum geht es jetzt nicht."
"Worum dann?"
"Ich muss untertauchen. Und da ist noch etwas: Ich habe einen Polizisten getötet. Ich hatte keine andere Wahl."
Auf der anderen Seite war ein paar volle Sekunden lang nur Schweigen. Dann sagte Lafitte: "Damit will ich nichts zu tun haben! Ich war von Anfang an dagegen!"
"Sie müssen mir helfen!"
"So, muss ich?"
"Ich werde sonst dafür sorgen, dass ihr alle mit hineingerissen werdet! Darauf können Sie sich verlassen, Lafitte! Glauben Sie vielleicht, Sie können sich von mir die Kastanien aus dem Feuer holen lassen und mich dann einfach so fallen lassen?"
"Es ist Ihr Job, Leonard. Und Ihr Risiko."
"Wie Sie wollen..."
"Warten Sie! Wo sind Sie jetzt? Vielleicht finden wir ja eine Lösung."
15
Am nächsten Tag versuchte Bount, sich mit Karen Tierney in Verbindung zu setzen. Aber als er bei ihr anrief, legte sie einfach auf. Bei weiteren Versuchen nahm sie gar nicht erst den Hörer ab. Als Bount bei ihr auftauchte, tat sie, als wäre niemand zu Hause. Sie reagierte zuerst weder auf die Klingel, noch auf Bounts Klopfen.
Als sie schließlich doch öffnete, sah sie Bount an wie ein Gespenst. Diesmal war sie vollständig angezogen. Sie trug Jeans und einen Sweater.
Sie sagte überhaupt nichts, sondern führte ihn nur in die Wohnung.
"Was ist los mit Ihnen?", fragte Bount. Sie wandte den Kopf zur Seite und schwieg noch immer. "Ich denke, Sie haben mir einiges zu sagen..."
Sie verzog das Gesicht. "Ach, ja?"
"Zum Beispiel wissen Sie, woran Ihr Mann zuletzt gearbeitet hat. Sie wollen es mir nicht sagen und ich frage mich, warum."
"Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen, Mister Reiniger. Und ich möchte Sie bitten, jetzt wieder zu gehen."
"Tut mir leid, aber so leicht werden Sie mich nicht los!" Bount nahm sich einen Stuhl und setzte sich darauf, während Karen Tierney starr vor sich hin blickte. Sie schien unter einem unglaublichen Druck zu stehen. Bount fragte sich nur, woher dieser Druck letztlich kam. "Sie haben das Bankschließfach Ihres Mannes geleert, dessen Inhalt eigentlich für mich bestimmt war", stellte Bount sachlich fest.
Das ließ sie aufblicken.
Sie strich sich die rote Mähne aus dem Gesicht und zog die Augenbrauen ungläubig zusammen. "Was?", fragte sie. "Ich weiß von keinem Schließfach!"
"Sie brauchen mir nichts vorzuspielen, Mrs. Tierney. Sie sind dort gesehen worden und haben sogar Ihre Unterschrift hinterlassen."
"Ich war nicht dort! Hören Sie..."
"Nein, Sie hören jetzt mir zu! Ich weiß nicht, woran es liegt, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass Sie gar nicht wissen wollen, wer Ihren Mann ermordet hat!"
"Das ist eine unglaubliche Unterstellung, Mister Reiniger!"
"Dann entkräften Sie sie und helfen Sie mir!"
"Mein Mann ist tot und nichts kann ihn wieder lebendig machen! Aber das Leben muss weiter gehen. Verstehen Sie, was ich meine?"
Bount schüttelte den Kopf. "Nein, ich glaube nicht."
"Dann glauben Sie mir bitte wenigstens, dass ich Steve geliebt habe. Aber jetzt muss ich an die Zukunft denken!"
"Was bedeutet das?"
Ihre Blicke trafen sich. In ihren dunklen Augen sah Bount so etwas wie Verzweiflung. Sie musste sich sehr zusammenreißen und schien es auch nur unter größten Anstrengungen zu schaffen. Ihre Lippen waren aufeinandergepresst. Schließlich sagte sie: "Es bedeutet, dass Sie mich in Ruhe lassen sollen, Mister Reiniger."
"Wie ich darüber denke, habe ich ihnen ja schon gesagt!" Bount erhob sich und trat näher an sie heran. Er legte ihr den Arm behutsam um die Schulter und stellte dann fest: "Ich habe den Eindruck, dass man Sie unter Druck setzt. Ist das richtig?"
"Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen!"
"Sie wissen es ganz genau! Und ich vermute, dass Sie auch wissen, wer der Mörder Ihres Mannes ist."
"Das ist eine Lüge!"
"Zumindest wissen Sie über seinen letzten Fall Bescheid, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie weggeschaut haben, als Sie den Inhalt des Schließfachs in den Händen hielten. Was war es? Fotos vielleicht? Ich wette, es waren Fotos. Vielleicht auch noch andere Sachen. Dinge, die jemandem einen Mord wert waren."
"Hören Sie auf!"
"Warum?"
"Ich war nicht in der Bank! Das sagte ich doch schon, verdammt noch mal! Warum glauben Sie mir denn nicht?"
"Ich würde ja gerne."
"Bitte gehen Sie!"
"Was ist mit dem Kerl, der Sie gestern Nachmittag besucht hat?"
Sie wurde bleich. "Woher wissen Sie das?"
"Was spielt das für eine Rolle?", gab Bount zurück.
"Es ist doch wohl meine Sache, wen ich hier empfange, oder?"
Bount zuckte die Achseln. "Sicher. Aber Sie sollten sich vor ihm in Acht nehmen!"
"Ich konnte immer hervorragend auf mich selbst aufpassen!"
"Der Mann heißt Clint Leonard und hat einen Fotohändler erschossen, weil dieser sich geweigert hat, Bilder herauszurücken, die Ihr Mann ihm zur Entwicklung gegeben hat."
Sie schluckte jetzt. "Was erwarten Sie? Dass ich vor Angst erzittere?"
"Warum nicht? Sie hätten allen Grund dazu. Dieser Mann ist ein skrupelloser Killer!" Bount ließ das erst einmal wirken und fuhr dann nach kurzer Pause fort: "Clint Leonard schätze ich mehr oder weniger als Handlanger ein. Ihr Mann ist irgendeiner großen Schweinerei auf der Spur gewesen. Ich schätze, er ist per Zufall darauf gestoßen. Und vielleicht hat er geglaubt, die Hintermänner unter Druck setzen zu können - aber darüber wissen Sie sicher mehr