Cedric Balmore

Drei Top Strand Krimis - Tod eines Schnüfflers und andere Krimis


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      8

      Bount Reiniger parkte den champagnerfarbenen 500 SL am Straßenrand und hoffte, kein Strafmandat dafür zu bekommen. Er stieg aus. Dann sah er einen langgestreckten Lockenkopf, der ihm nur zu gut bekannt war.

      Es war Lieutenant Browne - und das hieß, dass der Privatdetektiv hier auf jeden Fall richtig war.

      Browne bemerkte Bount erst, als dieser ihn schon fast erreicht hatte.

      Der Lieutenant machte einen etwas übernächtigten Eindruck, schien aber sonst ganz gut gelaunt zu sein.

      "Sagen Sie bloß, Sie arbeiten auch an der Sache, Reiniger!"

      "Allerdings!"

      "Da oben ist es passiert!" Browne deutete an der Hausfassade hinauf. Bount konnte sich denken, was der andere meinte. In einem Fenster war die Scheibe zerstört. Dort musste Tierney sein Büro gehabt haben. "Die Wucht der Geschosse hat ihn aus dem Fenster geschleudert...", war der Lieutenant zu hören. Wo Tierney aufgekommen war, brauchte Bount niemand zu sagen. Es hatte an den letzten Tagen nicht geregnet und deshalb waren die Kreidemarkierungen noch ganz blass zu sehen.

      Bount deutete hinauf. "Das Büro ist versiegelt, nehme ich an..."

      "Richtig."

      "Ich würde mich dort gerne mal umsehen!"

      "Sie werden nichts finden, Reiniger. Die Spurensicherung hat auch nichts entdeckt. Der Killer war so penibel, dass er sogar seine Patronenhülsen wieder eingesammelt haben muss!"

      "Trotzdem."

      Browne seufzte. "Wenn Sie mir eine Zigarette geben! Ich habe meine im Büro liegen lassen."

      "Wenn's weiter nichts ist!"

      Sie gingen hinauf in den siebten Stock und Browne entfernte das Siegel. Dann ging die Tür auf. "Sie können sich gerne umsehen", meinte Browne. "Die Spurensicherung hat jeden Fetzen untersucht. Kaputtmachen können Sie also nichts, Reiniger!"

      "Danke!"

      "So war's nicht gemeint!"

      Bount ließ den Blick über das Chaos gleiten, das hier herrschte. "Wie lange hatte der Täter Zeit, um sich hier umzusehen?", fragte Bount.

      "23.47 wurde ein Schuss gehört und laut Protokoll war der erste Streifenwagen um 00.01 am Tatort." Browne zuckte mit den Schultern. "Ich habe mich schon hundert mal gefragt, wonach er hier wohl gesucht haben könnte! Besonders schien er sich für Fotos zu interessieren..."

      Bount hob die Augenbrauen. "Wie kommen Sie darauf?"

      "Der Killer hat die Akten nur kurz durchgesehen, aber wenn Fotos darin waren, sind sie herausgenommen und auf dem Boden verstreut worden."

      "Und die Kamera?"

      "Welche Kamera?"

      "Wenn er Fotos gemacht hat, muss er eine Kamera gehabt haben. Wo ist die?"

      "Wir haben keine gefunden, Reiniger! Weder hier in seinem Büro, noch in seinem Wagen! Vielleicht hat der Killer sie mitgenommen!"

      Bount nickte. "Wäre möglich." Dann nahm er sich die Schreibtischschublade vor, für den sich der Mörder nicht so sehr interessiert zu haben schien. Sie war prall gefüllt mit Quittungen und Belegen, die Steve Tierney wahrscheinlich für die Steuererklärung gesammelt hatte.

      Bount holte die Schublade ganz aus ihren Halterungen heraus stellte sie auf den Tisch.

      "Was haben Sie vor?", fragte Browne.

      "Tierneys letzter Fall interessiert mich. Vielleicht hat er ja in letzter Zeit irgendwelche Anschaffungen gemacht, die damit zu tun haben!"

      Ein paar Minuten hatte Bount gewühlt, dann hielt er tatsächlich etwas in den Händen. Es war die Quittung für eine Kleinbildkamera, kaum eine Woche alt. Und dann war da noch etwas: Subway-Fahrscheine. Die meisten davon gingen in dieselbe Richtung...

      "Sehen Sie sich das an", meinte Bount, nachdem er eine ganze Weile in den Belegen herumgewühlt hatte. "In den Wochen vor seinem Tod ist Tierney fast täglich zur Wall Street gefahren..."

      Browne runzelte die Stirn. "Zeigen Sie her..."

      "Nach allem, was ich bisher über Tierney gehört habe, wäre die Bowery eine plausiblere Adresse!", meinte Bount. "Ich frage mich, was er so oft in der Wall Street zu suchen hatte..."

      Browne zuckte die Achseln.

      "Vielleicht hatte er einen Nebenjob als Broker!" Das war natürlich nicht ernst gemeint. Aber nur, um die Zeit totzuschlagen oder sich die New Yorker Börse von außen anzusehen, war Tierney sicher auch nicht dort gewesen.

      "Ich schätze, er hat jemanden beschattet", murmelte Bount. Fragte sich nur, wen - schließlich war die Auswahl unter den zigtausend Menschen, die täglich in Wall Street und Umgebung arbeiteten ja mehr groß genug.

      Als Bount ein paar Minuten später wieder im Wagen saß, meldete sich June per Handy.

      "Hallo, Bount!"

      "Na, wie steht's?"

      "Wie schon! Es gibt nun wirklich Vergnüglicheres, als einen halben Tag vor einem Haus zu sitzen und darauf zu warten, dass jemand bei Mrs. Tierney zu Besuch kommt!"

      "Ist denn wenigstens jemand gekommen?"

      "Allerdings! Ich habe ein paar Bilder gemacht! Es dürfte nicht allzu schwer sein, herauszukriegen, wer das gewesen ist!"

      Wenigstens ein vager Ansatzpunkt!, dachte Bount.

      9

      Der Fotoladen war nicht besonders groß und an einer Straßenecke gelegen. Der bleichgesichtige Mann sah sich nach einem Parkplatz um, sah aber, dass im weiteren Umkreis keine Chance war, einen Porsche legal abzustellen. So stellte er sich ins Parkverbot. Die Sache würde nicht lange dauern. Unwahrscheinlich, dass man ihn gerade in diesen paar Minuten aufschreiben würde.

      Als der bleiche Mann eintrat, sah er hinter dem Tresen einen stämmigen, untersetzt wirkenden Mann mit Halbglatze, der das Bleichgesicht eingehend musterte.

      "Was wünschen Sie?", fragte der Untersetzte.

      Der Eingetretene legte einen Belegschein auf den Tresen. "Ich möchte diese Bilder abholen, Mister."

      "Für welchen Namen?"

      "Mister Steve Tierney!"

      Der Untersetzte nahm das kleine Stück Papier, warf einen prüfenden Blick darauf und meinte dann: "Sie sind nicht Mister Tierney! Ich kenne ihn seit Jahren, er ist einer meiner Stammkunden."

      "Und wenn schon", sagte der Fremde. "Ich habe den Beleg. Das dürfte doch genügen, oder?"

      Der Fotohändler schüttelte den Kopf. "Nein, für mich nicht."

      "Hören Sie..." Das Bleichgesicht beugte sich etwas über den Tresen, dabei ging sein Blick seitwärts. Eine Frau stand an einem Ständer mit Fotoalben und war darin