(links) zählt zu den wichtigsten Ausgangsrassen für die Erkreuzung diverser brauner Hybridlinien (rechts).
Manchmal sieht man Soda-Hühnern noch an, welche Rassen oder Hybridlinien in ihnen stecken. Sehr häufig entwickeln sie sich aber wieder zu einem naturbelassenen Urtypus zurück. Die bunten Landhühner von den unzähligen historischen Hühnerhofgemälden waren fast immer Soda-Hühner, auch wenn einzelne Populationen zu einer bestimmten Optik hintendierten. Hühner, die man heute als Landrassen bezeichnet, sind hingegen fast immer durchgezüchtete Rassetiere aus der Gruppe Nr. 2, die tatsächlich nur noch vom Habitus her einem Landhuhn entsprechen. Auch das völlige Ausbleiben von Eingriffen in die Zuchtwahl kann bei Haushühnern natürlich negative Auswirkungen haben. Gibt der Halter zum Beispiel über Jahre hinweg kein frisches Blut in seinen Bestand von Soda-Hühnern dazu, können sich Inzuchtproblematiken herausbilden, zumeist in Form von negativen Erbanlagen, die sich von Generation zu Generation immer mehr in der Hühnerschar verankern. Inzuchtlinien sind allerdings heute der Grundstein für die kommerzielle Hühnerzucht, darum hierzu nachfolgend mehr.
Wie sieht Kreuzungszucht aus und was sind Hybriden genau?
Was bei Hühnern als Hybride bezeichnet wird, ist nicht zu vergleichen mit echten Hybridtieren, bei denen verschiedene Spezies sich kreuzen, wie etwa von Kamelama (Kamel und Lama), Liger (Löwe und Tiger) und Zesel (Zebra und Esel) bekannt. Hühner-Hybriden werden innerhalb der Spezies Gallus gallus kreiert und sind daher streng genommen immer „artrein“. Das sei aber nur am Rande erwähnt. Ich möchte Ihnen schildern, was genau gemacht wird, um Hybridhühner zu erzüchten. Am einfachsten ist dies am Beispiel der Legehybriden zu erklären. Die Vorfahren einer jeden Legehybridhenne waren ursprünglich einmal Rassetiere, die Vorfahren dieser Rassetiere waren bunte Landschläge, und diese bunten Landschläge stammen wiederum direkt von den ersten domestizierten Roten Kammhühnern in Südostasien ab. Für die Produktion der Legehybriden schufen Tierzuchtwissenschaftler nun innerhalb der Populationen auserwählter Legerassen, wie dem Leghorn, dem Barred Rock, dem Rhode Island Red oder dem New-Hampshire-Huhn, zunächst einmal besonders erbfeste und somit reinrassige Inzuchtlinien. Bei diesen Inzuchtlinien achtet man sowohl darauf, dass die Tiere gute Anlagen zum Eierlegen vorzuweisen haben, als auch darauf, dass sie möglichst frei von Erbkrankheiten sind. Letzteres ist bei ingezüchteten Beständen unerlässlich, denn sonst würde es bei der angestrebten geringen genetischen Bandbreite schnell zu ersten Problemen kommen. Die so erzielten, besonders reinerbigen Ausgangstiere stellen dann die Basis der Hybridzucht dar. Kreuzt man nämlich, angenommen, eine New-Hampshire-Inzuchthenne mit einem Leghorn-Inzuchthahn, kommt der sogenannte Heterosiseffekt zum Tragen. Der Heterosiseffekt sorgt dafür, dass beim Kreuzen zweier genetisch fremder Linien eine besonders günstige Genkombination an positiven Eigenschaften zum Vorschein kommt. Das „Kreuzungsprodukt“, wissenschaftlich auch als die F1-Generation bezeichnet, hat also quasi die positiven Eigenschaften beider Elterntiere in sich vereint. Es übertrumpft diese in der Regel, sowohl was die Vitalität, als auch was im Fall eines Legehuhns die Legeleistung anbelangt. Der Heterosiseffekt lässt sich mit dieser Zuchtmethode sogar derart zuverlässig zum Vorschein bringen, dass Industriehühner heute nur noch auf diese eine Art gezüchtet werden. So einfach, so gut, aber mit der Schaffung von F1-Hybriden begnügt man sich mittlerweile längst nicht mehr. Häufig wird die F1-Generation nämlich mindestens noch einmal mit einer weiteren fremdblütigen Inzuchtlinie verpaart, um die Auswirkung des Heterosiseffekts zu verstärken. Was dann so alles genetisch in einem Hybridhuhn steckt, weiß der Endnutzer der Tiere zumeist nicht mehr, weil die Konzerne die Rezeptur für ihre „Kreuzungskonstrukte“ geheim halten.
Bild 12: Hybridhühner, wie hier verschiedene Legehennen bei einem Händler, sind in den meisten Fällen „Endprodukte“, mit denen nicht weitergezüchtet wird.
Warum man aus Hybridhühnern keine neue Rasse selektiert
Die Geflügelproduzenten schaffen ihre Hybridhühner immer wieder neu durch wiederholtes Kreuzen der Ausgangsrassen. Man stellt sich da als Außenstehender schnell die Frage, warum mit den Hybridhühnern nicht einfach eine neue Rasse selektiert wird, denn die Kreuzungen sind an sich vergleichsweise umständlich.
Hier kommt der Haken der Hybridtiere nun zum Vorschein, denn würde man Kreuzungstiere untereinander verpaaren, verschwänden die positiven Hybrideigenschaften sofort wieder. Die Nachkommen der Hybriden wären direkt wieder deutlich unberechenbarer in ihren Nutzeigenschaften, und unberechenbar darf in der Industrie gar nichts sein. Um kalkulierbares „Material“ zu bekommen, muss man die Ausgangskreuzungen also jedes Mal aufs Neue wieder von Anfang an vornehmen, ganz gleich, wie kompliziert sie sind. In den Hallen der Züchtereien werden zu diesem Zweck seit vielen Jahrzehnten die ursprünglichen Ausgangsrassen immer weiter vermehrt, und diese armen Vögel tun dann ihr ganzes Leben lang nichts anderes, als in kleinen Zuchtkäfigen für Hochleistungsnachwuchs zu sorgen. Unfreiwillig übrigens, denn längst wird hier mit künstlicher Befruchtung gearbeitet.
Bilder 13 bis 20: Hybridhühner, die aktuell im Umlauf sind: 13 Hybrid-Italiener, 14 Königsberger, 15 Dunkle Sussex, 16 Hybrid-Sussex, 17 Lohmann Brown, 18 Grünleger, 19 Bovan Black und 20 Blausperber.
Hybridhühner in der Hobbyhaltung
Ich glaube, als kleiner Einblick hinter die Kulissen der Tierzuchtindustrie waren die zurückliegenden Zeilen vollkommen ausreichend. Würde ich hier noch näher auf die Einzelheiten eingehen, hätte ich bald ein „Sad Huhn“-Buch anstatt eines „Happy Huhn“-Buchs und würde Gefahr laufen, in einen Interessenskonflikt zu geraten. Man kann die Machenschaften der großen Konzerne nicht so einfach ändern, und sie betreffen neben den Hühnern ohnehin auch alle anderen wichtigen Nutztiere, wie Puten, Gänse, Rinder und Schweine. Die Welt schreit nach billigen Lebensmitteln und die Tiere müssen es ausbaden. Wichtiger ist für uns Halter von glücklichen Hühnern an dieser Stelle nun die Frage, was die Existenz von Hybridhühnern für die Praxis in der Hobbyhaltung bedeutet.
Welche Sorten von Hybridhühnern sind aktuell im Umlauf?
Als Hühnerhalter kommt man schneller mit Hybridhühnern in Kontakt, als man denken würde. Klar, die braunen Legehybriden kennt jeder von den Bildern auf den Eierkartons, und man legt sie sich gewiss nur zu, wenn man sich nicht dafür interessiert, ein Rassetier zu erwerben. Aber wie sieht es aus, wenn ich Ihnen, werte Leser, sage, dass es Hybridhühner mittlerweile in allen populären Hühnerfarben gibt? Speziell um auch Hobbyhalter und Besitzer kleinerer Legeherden anzusprechen, haben die Züchtereien eine ganze Reihe von farbenfrohen Gebrauchskreuzungen entwickelt, die es erlauben, den „bunten Hühnerhof alter Tage“ allein mit Hybriden in die Tat umzusetzen.
Bilder 21 bis 24: Als Beispiel für den Platzaufwand, den die gewissenhafte Rassezucht mit sich bringt, kann der große Zuchtstall des österreichischen Züchters Johannes Janus gelten: Hier finden sich Ställe samt Volieren für jeden einzelnen Zuchtstamm, ebenso wie Bereiche, in denen die Jungtiere tiergerecht heranwachsen dürfen. Gezüchtet werden die Rassen Marans, Lachshuhn, Araucana, Sulmtaler, Sandschak Kräher, La Fleche, Barnevelder und Bielefelder.
Diese Kreuzungen kommen in „Sonderlackierungen“ wie Kupferhalsig, Schwarz-Columbia, Blau, Rebhuhnfarbig, Silberhalsig und Gescheckt daher und werden auf den Geflügelmärkten den ahnungslosen Neulingen gern mal als echte Rassetiere untergejubelt. Wie unterschiedlich Hybriden optisch inzwischen aussehen, entnehmen Sie am besten selbst auf den acht Fotos auf Seite 29.
Die Wichtigkeit von Erhaltungszuchtmaßnahmen