und einem Anführer der Engländer freundlich gestaltet. Am 30. Juli 1619 trat in der Holzkirche von Jamestown die erste gesetzgebende Versammlung von Virginia zusammen. Zweiunddreißig Männer, Repräsentanten von elf verschiedenen Ansiedlungen, nahmen daran teil. Diese Männer tagten noch unter dem Vorsitz des Gouverneurs, der die Krone repräsentierte, aber sie legten auf ihren Beratungen den Grundstein für die Eigenverantwortlichkeit der Menschen in der Neuen Welt, die sich von da an mehr und mehr entwickelte. Und noch etwas hatte sich im Verhältnis der Menschen zueinander in dieser Siedlung am Rande der Wildnis geändert. Niemand genoss hier aufgrund seines Berufes oder seiner Herkunft besondere Vorrechte.
1619 schrieb ein gewisser John Pory einen Bericht über Virginia. Darin heißt es:
»Unser Kuhhirt hier geht am Sonntag ausstaffiert und ganz in glänzend bunte Seide gekleidet; und die Frau des Kohlenträgers aus Croydon trägt ihren Hut aus Biberfell mit einem artigen Hutband aus Perlen … ein jeder so, wie er es durch seiner Hände Arbeit verdient, sagen die Leute hier!«
Das war eine Verlockung, die über Jahrhunderte hin für Menschen in vielen europäischen Staaten nichts von ihrem Reiz verlieren sollte.
Die andere Siedlung lag nördlich von Virginia. Dort waren am 11. November 1620 die Pilgerväter mit ihrem Schiff Mayflower gelandet.
Sie waren eine englische Calvinisten-Gemeinde aus dem Dorfe Scrooby in Nottinghamshire, die die Kirchenoberhoheit des Königs von England ablehnte und deshalb hatte auswandern müssen. Es waren Menschen, die Religionsfreiheit suchten. Fast alle Männer waren Familienväter und brachten Frauen und Kinder mit.
Ihr Status in der neuen Welt war kompliziert. Der König Jakob von England hatte ihnen ein Privileg verweigert, sie aber wissen lassen, er werde ihre Siedlung dulden, solange aus dem Unternehmen keine Unruhe und kein Aufruhr erwachse. Daraufhin hatten sich die Calvinisten an die Virginia Company gewandt, um von ihr Land im Staate Virginia zu kaufen. Es wurden Verträge geschlossen, die aber nur für das Interessen- und Einflussgebiet dieser Handelsgesellschaft galten.
Als die Pilgerväter nach 64 Tagen Überfahrt endlich Land sichteten, befanden sie sich nicht in Virginia, sondern viel weiter nördlich. Dass sie blieben und hier siedelten, kann wahrscheinlich nur damit erklärt werden, dass sie sich vor einer weiteren Schiffsreise fürchteten. In einer Kajüte ihres Schiffes kamen sie zusammen und gaben ihrer Siedlung eine Verfassung, in der es heißt: »... um die erste Kolonie in den nördlichen Provinzen von Virginia zu gründen … verbinden wir uns zu einer verfassungsgebenden Versammlung, zu unserer besseren Einrichtung und zu unserem Schutz, und urkundlich verfügen wir und setzen ein und entwerfen solche gerechte und gleichmäßige Gesetze, Verordnungen, Beschlüsse, Konstitutionen und Ämter.«
Diese Urkunde wurde von 41 Männern unterschrieben, und ein gewisser John Carver wurde zum ersten Gouverneur der Kolonie gewählt.
Im ersten Winter starben zwar mehr als die Hälfte der Einwohner dieser Kolonie, aber der nächste Sommer brachte eine gute Ernte. Mit großer Zähigkeit und Entschlossenheit setzten sich die Siedler durch. Als die Indianer ihnen ein Bündel Pfeile in einer Schlangenhaut als Kriegsherausforderung schickten, füllten sie die Haut mit Gewehrkugeln und sandten sie so an den Indianerstamm zurück.
Von größter Bedeutung für das Gesicht des neuen Landes, das hier wuchs, war, dass in den beiden ersten Kolonien die Bürgerrechte, das Recht auf Selbstverwaltung und das Recht auf freie Religionsausübung als wichtige Errungenschaften für ein glückliches Zusammenleben von freien Menschen erkannt wurden.
Von 1620 an wuchsen die Kolonien rasch, und Siedler kamen nun nicht nur aus England, sondern auch aus anderen europäischen Staaten: italienische Glasbläser, Griechen aus Smyrna, Holländer, Schweden, Deutsche, Franzosen. Und sie alle brachten ihre Besonderheiten und ihr Brauchtum mit. Die Schweden beispielsweise führten das Blockhaus in der Neuen Welt ein, die Deutschen lehrten die anderen Siedler besondere Ackerbaumethoden, die Franzosen kannten sich im Weinbau aus.
Aber auch die Märchen, Lieder und Sagen all dieser Völker kamen mit den Einwanderern in die Neue Welt, vermischten sich dort untereinander, wie sich auch die nationalen Gruppen bald vermischten; auch wurde vieles in der neuen Umgebung und unter dem Eindruck der neuen Bilder anders weitererzählt.
1664 nahmen die Engländer das einzige nicht zu England gehörende Stück Land, nämlich die holländische Siedlung Neu-Amsterdam, kampflos in Besitz. Die englische Flagge wurde gehisst und die Stadt in New York umbenannt.
1776 gab es an der Küste des Atlantischen Ozeans auf einer Strecke von sechzehnhundert Kilometern zwischen Maine und Georgia 13 Kolonien, in denen unter der Flagge Englands etwa zwei Millionen Menschen lebten. Von Virginia und Plymouth hatten sich immer neue Niederlassungen nach Norden und nach Süden ausgebreitet.
Die Kolonien waren, je nach ihren Gründern, sehr verschieden. Pennsylvania war von William Penn als eine Provinz der Quäker proklamiert worden. Georgia war von einem Mann namens Oglethorpe als philanthropisches Experiment gegründet worden, um unverdient in Schuldhaft geratenen Engländern in der Neuen Welt die Chance zu geben, neu anzufangen. In Maryland hatte sich der katholische Adelige Lord Baltimore niedergelassen, ihm waren viele katholische Priester und Laien gefolgt.
Etwa um das Jahr 1750 kommt bei allen Gegensätzlichkeiten die Vorstellung unter den Kolonisten auf, dass sie Amerikaner seien und dass sie vom englischen Mutterland gewisse Vorstellungen trennten. Der Franzose Hector St. John de Crèvecœur, der damals zwanzig Jahre in New York gelebt hatte, umschreibt die Prinzipien dieses neuen Gefühls der Verbundenheit untereinander und der Verschiedenheit gegenüber England wie folgt:
»Wir besitzen keine Fürsten, für die wir uns placken, für die wir Not leiden und bluten. Hier sind die Menschen so frei, wie sie sein sollten. Was ist aber der Amerikaner, der neue Mensch? Er ist entweder ein Europäer oder der Nachfahr eines Europäers, daher rührt diese sonderbare Blutmischung, die man nirgends sonst finden wird: Ich könnte euch eine Familie zeigen, wo der Großvater ein Engländer war, der eine Holländerin zur Frau nahm, deren Sohn eine Französin heiratete und deren vier Söhne sich nun vier Frauen von verschiedener Nationalität genommen haben. Hier verschmelzen sich Individuen aller Nationen zu einer neuen Rasse, deren Anstrengungen und Nachkommen eines Tages große Veränderungen in der Welt hervorbringen werden. Der Amerikaner ist ein neuer Mensch, der gemäß neuen Prinzipien handelt; er muss also neue Ideen hegen und sich neue Meinungen bilden ...«
Was waren diese neuen Ideen? Zunächst einmal war man sich in allen Kolonien darüber einig, dass kein Mensch um seines Glaubens oder seiner Meinungen willen verfolgt werden dürfe. Auch Herkunft und Abstammung waren Privatsache, aus der niemand ein Vorrecht herleiten konnte, aus der aber auch niemand ein Nachteil erwachsen sollte. Damit waren zwei der wichtigsten demokratischen Grundrechte schon durch die natürliche Entwicklung im Bewusstsein aller Menschen verankert. Die frühe Gewöhnung an lokale Selbstverwaltung hatte durch Generationen ein demokratisches Bewusstsein entwickelt und einen Sinn für Unabhängigkeit und Selbstständigkeit bestärkt, der irgendwann einmal mit dem Mutterland in Konflikt geraten musste.
Dies vor allem auch deshalb, weil das Mutterland die Kolonien als Ausbeutungsobjekt betrachtete und weil die Amerikaner im englischen Parlament, das auch die Gesetze für die Kolonien machte, nicht vertreten waren. Die ersten Anzeichen für eine offene Auflehnung gegen England zeigten sich bei der Verfügung eines Stempelgesetzes, das alle Zeitungen, Flugschriften, Gewerbescheine, Handelsrechnungen und Aktenstücke mit einer Steuer, belegte. In verschiedenen Kolonien wurden die Steuermarken verbrannt und deren Verkäufer gezwungen, ihre Geschäfte aufzugeben. England musste das Stempelgesetz schließlich aufheben, erkannte aber sehr wohl, dass seine Autorität in den Kolonien damit beträchtlich ins Wanken geriet. Der Premierminister von England schlug deshalb vor, den Tee mit einer Nominalsteuer zu belegen, um das Prinzip des Besteuerungsrechts durch das Mutterland zu demonstrieren.
Am 6. Dezember 1773 warfen daraufhin