Jana Scherer

Geister sind unser Geschäft


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Gerührt eilte ich Trix entgegen.

      Kaum dass ich bei ihr angekommen war, überreichte sie ihn mir auch schon. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Harald!«

      Der Korb war verdammt schwer. »Danke, Trix, aber die Geschenke müssen warten. Wir haben nämlich einen neuen F…«

      »Miau!«, tönte es aus dem Korb.

      Miau?

      »Äh, Trix? Meine Oma und ich haben bereits eine Katze, dieser Fakt ist dir doch bekannt, oder?«

      Trix rückte ihre Fliege zurecht. »Natürlich, ich habe Miss Moneypenny ja extra mitgebracht, damit Fräulein Karnelia Gesellschaft hat. Die beiden kennen sich schließlich seit unserem letzten Fall und wollen sich bestimmt gerne mal wiedersehen.«

      »Öhm … ah ja, verstehe. Gute Idee.« Ehrlich gesagt war Fräulein Karnelia alles andere als gesellig. Ihr einziger Kontakt zu anderen Katzen bestand darin, den dicken Kater von nebenan zu vermöbeln. »Tjaaaaa… da wird Fräulein Karnelia sich aber freuen«, behauptete ich. »Und übrigens hat unsere Detektei einen neuen …«

      »Das bezweifele ich, alle Katzen sind Einzelgänger«, sprach eine näselnde weibliche Stimme dazwischen.

      »Oh nein, nicht schon wieder die beiden!«, flüsterte Trix.

      Ich wandte mich um. Hinter uns standen zwei zierliche Frauen, die offenbar gerade aus der mittleren Tür des letzten Wagens gestiegen waren. Die beiden hatten eine karierte Reisetasche dabei, aus der eine Leselampe mit grünem Schirm herausragte – ein Teil, wie man es normalerweise zu Hause auf dem Schreibtisch stehen hat. Nicht gerade praktisch für eine Reise. Noch auffälliger als ihr Gepäck waren die Frauen selbst. Sie trugen identische grüne Kleider und glichen sich auch sonst wie ein Ei dem anderen. Nein, korrigierte ich mich, sie sahen sich sogar um einiges ähnlicher, als Eier das für gewöhnlich tun. Beide hatten weit auseinanderstehende wasserblaue Augen, ein blasses Gesicht, hohe Wangenknochen und eine elegante schmale Nase, auf der je eine schwarze, eckige Brille saß. Ihre kinnlangen dunklen Haare waren so exakt geschnitten, als hätte der Friseur dazu ein Geodreieck benutzt. Lediglich die rot geschminkten Münder zeigten einen Unterschied: Während die eine Frau lächelte, sah die andere aus, als hätten ihre beiden Mundwinkel eine dringende Verabredung unter dem Kinn. Sie holte eine E-Zigarette hervor, zog lässig daran und pustete mir den süßlichen Dampf ins Gesicht.

      »Die Katzen werden sich garantiert gegenseitig die Augen auskratzen«, verkündete sie.

      Trix presste die Lippen aufeinander.

      »Es gibt sicher auch Katzen, die Gesellschaft zu schätzen wissen, Klara«, sagte die andere Frau. »Hör doch endlich auf, Trix damit aufzuziehen.« Ihre Stimme klang dunkel und sanft. Sie beugte sich zu Miss Moneypennys Katzenkorb herunter. »Du freust dich auf deine kleine Katzenfreundin, was? Pspspspspsps!«

      Die Katze fauchte sie an.

      Erschrocken zog die Frau den Kopf zurück. Sie ließ die Mundwinkel sinken, während die ihrer Schwester nach oben schnellten. Die beiden erinnerten mich an die Pole einer Batterie, die niemals beide positiv oder beide negativ geladen sein können.

      Trix seufzte tief. »Harald, das sind Klara Schwartz« – sie zeigte auf die Frau mit der E-Zigarette – »und Aurora Schwartz. Wir saßen während der Fahrt im selben Abteil.«

      Klara sah Trix herausfordernd an. »Bis die liebe Trix sich von uns weggesetzt hat. Angeblich, weil ihrer Katze die Zugluft in unserem Abteil nicht bekam. In Wirklichkeit sind wir ihr wohl einfach zu sehr auf die Nerven gefallen.«

      »Stimmt«, stellte Trix trocken fest. »Und das ist Harald Donnerschlag.«

      Aurora lächelt mir zu. »Hallo, Harald.«

      Klara musterte mich, als wäre ich eine Nacktschnecke im Teigmantel.

      »Herzlich willkommen in Ruckelnsen, dem Juwel am Schlick!«, sagte ich höflich. »Leider ist bei uns zurzeit das Leitungswasser grün, aber das werden wir in Kürze aufgeklärt haben.«

      »Interessant«, bemerkte Klara unbeeindruckt.

      Aurora hingegen riss erschrocken die Augen auf. »Grünes Wasser? Bist du sicher? Bist du vollkommen sicher? Es ist wirklich … grün?« Sie fasste sich an die Stirn, als hätte sie plötzlich furchtbare Kopfschmerzen.

      Klara hakte sich bei ihr unter. »Alles in Ordnung, Auroralein?«

      Aurora atmete schwer. Sie nickte langsam. »Ja, ja. Alles in Ordnung.«

      Allerdings wirkte sie ganz und gar nicht so, als ob auch nur irgendetwas in Ordnung wäre.

      Trix zupfte an ihrer Fliege. »Das Leitungswasser ist echt grün, Harald?«

      »Ja. Neongrün«, bestätigte ich, »und es hat ein eher unappetitliches Hähnchenaroma. Doch das Problem wird bald behoben sein.«

      »Hähnchenaroma?« Aurora schüttelte den Kopf. »Das passt allerdings nicht dazu.«

      »Was passt nicht wozu?«, hakte ich nach.

      »Ach, nichts.« Aurora wich meinem Blick aus.

      »Ist das hier ein Verhör?«, fragte Klara giftig.

      »Nee, Harald ist bloß von Natur aus sehr neugierig«, sagte Trix in einem Tonfall, als würde sie über einen kleinen, nervigen Hund sprechen.

      Klara nickte. »Das merkt man.«

      Fragen zischten durch meinen Kopf wie Silvesterraketen: Was wollten diese Schwestern in Ruckelnsen? Warum hatte Aurora auf die Nachricht über das grüne Leitungswasser so erschrocken reagiert? Und was meinte sie mit Das passt allerdings nicht dazu? Das Hähnchenaroma? Wozu passte es nicht? Zu der grünen Färbung des Wassers?

      »Faszinierend. Ist er in eine Art Trance gefallen?«, hörte ich Klaras nasale Stimme. »Oder schläft er mit offenen Augen?«

      »Das ist ganz normal bei ihm«, antwortete Trix. »Er kombiniert.«

      Klara lachte. »Ach so, deshalb auch seine seltsame Kleidung. Spielt er Detektiv, oder was?«

      Bevor ich ihr erklären konnte, dass ich nicht Detektiv spielte, sondern tatsächlich ein Detektiv war, quäkte der Lautsprecher dazwischen: »Auf Gleis zwei steht für Sie bereit: Regionalbahn nach Humbug. Abfahrt 15:15 Uhr.«

      Aurora sah den Zug sehnsuchtsvoll an. »Ach, am liebsten würde ich gleich wieder zurückfahren.«

      Klara schüttelte den Kopf. »Unsinn, Auroralein, wir ziehen das jetzt durch!«

      »Was wollen Sie denn durchz…«, fing ich an, doch Trix zupfte mich am Mantel.

      »Sicher wartet deine Oma schon mit dem Geburtstagskuchen, Harald.« Sie hängte den Stoffbeutel über die Schulter und griff sich ihren Koffer. »Wir müssen leider dringend weg. Tschü-hüs! Vergiss Miss Moneypenny nicht, Harald.«

      Zähneknirschend schleppte ich den Katzenkorb hinter ihr her. »Ich kann ja verstehen, dass dir die beiden auf die Nerven gehen, Trix. Aber: Um erfolgreich zu ermitteln, muss ein Detektiv die eigenen Vorlieben zurückstellen können. Das ist meine Detektiv-Regel Nummer 24.«

      »Oh, sorry«, sagte Trix. »Die Regel kannte ich nicht. Werde ich mir gleich notieren.«

      Großzügig hörte ich über den spöttischen Tonfall hinweg.

      Vor dem Bahnhof setzte ich den Katzenkorb auf meinen Gepäckträger und hängte Trix’ Koffer an den Lenker. Dann holte ich mein Mobiltelefon aus der Manteltasche. »Trix, wie kommen wir auf dem schnellsten Weg zum Deichabschnitt 23?«

      »Das fragst du mich? Du wohnst doch h…«

      »Die-Strecke-ist-berechnet-Harald«,