Erhard Heckmann

Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt


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als Frankreichs führender Züchter, und jene Scholle blieb bis zu seinem Tod 1980 sein Eigentum. Heute gehört das Gestüt dem Staat, ist ein öffentlicher Park mit Golfplatz und die Heimat von Frankreichs größtem Sportpferde-Zentrum. Als Vollblut-Gestüt war es so berühmt, dass auch King Edward und, später, Queen Elizabeth II diesem einen Besuch abstatteten.

      Blanc, der sein erstes Rennpferd kaufte, als er noch keine 21 Jahre alt war, hatte das Gestüt vom Count F. de Lagrange erworben, der damals als wichtigster Züchter und Besitzer galt, und dessen bestes Pferd Gladiateur (1862; Monarque) hieß. Dieser, der 15 von 18 Starts siegreich absolvierte, gewann auch die Englischen Triple Crown, den Großen Preises von Longchamp und den Ascot Gold Cup. Seine Stallion-Tätigkeit konnte mit seiner Rennkarriere zwar nicht mithalten, doch blieb sein Name durch seine Töchter in einigen Pedigrees erhalten. Besonders traf das auf Ksar zu, dessen vierte Mutter eine Gladiateur-Tochter war.

      1879 gewann Blanc mit der von ihm gezogenen Nubienne, die Ruy Blas (West Australian) zum Vater hatte, die Oaks und den Großen Preis von Paris. Und als Frontin, der 4x3 auf Touchstone ingezogen war und der Zucht von V. Malapert entstammte, 1883 in den Farben des Duc de Castries das Französische Derby gewann, hatte der große Gambler Blanc eine Wette platziert, von deren Gewinn er sich das Bel-Ebat Gestüt in der Nähe von Paris kaufen konnte. Drei Jahre später erwarb er in England für dieses Gestüt den sehr guten Meiler und Sterling-Sohn Energy, dessen Vater den doppelten Ascot Gold Cup-Sieger Isonomy zeugte, der den französischen Stuten „Speed“ entgegenbrachte, aber vier Jahre später schon tot war. Der Ersatz hieß Retreat (1877), war ein Sohn des Epsom-Derbysiegers Hermit und wurde Vater der Stute Andree, die 1895 die 1000 Guineas und den Großen Preis von Paris für ihren Züchter und Besitzer Blanc gewann. 1889 hatte Edmond Blanc bereits den Dreijährigen Clover (Wellingtonia) zur Hand, den er nach dessen Siegen im Französischen Derby und Prix du Cadran nach Russland verkaufte. Und das reichte dann auch zum Ankauf einer Farm zu St. Cloud, die als Haras du Jardy weltberühmt werden sollte.

      Flying Fox deckte in Frankreich Amie, und deren Produkt von 1901 bekam den Namen Ajax, ein Hengst, der bei insgesamt fünf Starts ungeschlagen blieb, und dabei auch das Französische Derby, den Großen Preis von Paris und Prix Lupin gewann. Und als Vater von Teddy und Bull Dog wurde er Großvater von Sir Gallahad III, Bull Lea (fünffacher Beschäler-Champion in den USA) und Gaga, der Mutter des Spitzengaloppers und 21-fachen Siegers Tom Fool (1949), dem amerikanischen „Pferd des Jahres“ 1953. Blanc hatte 1906 Teddys Mutter Rondeau (Bay Ronald) gekauft, mit ihr aber kein Glück, so dass er, als der 1. Weltkrieg ausbrach, seine Jährlinge zur Auktion schickte. Und der Ajax-Sohn Teddy gehörte dazu.

      Sein neuer Besitzer wurde Captain Jefferson Davis Cohn, der ihn nach Spanien in Training schickte, wo er u. a. den Großen Preis und das St. Ledger von St. Sebastian gewann, als auch in Frankreich, wo das Derby 1916 wegen des Krieges ausfiel, den Prix de Darney, der dafür als eine Art Ersatzrennen fungierte. Seine Hengsttätigkeit absolvierte Teddy im Haras de Chamant, und 1923 führte er die französischen Beschäler an. Neun Jahre später erledigte er auf der Mentmore Farm in Virginia seine erste amerikanische Saison, und dort verabschiedete er sich 1936 auch von dieser Welt, denn er war nach einer Darmverschlingung nicht mehr zu retten gewesen.

      Als Jefferson Davis Cohn die Spearmint-Tochter Plucky Liege (1912), die dreijährig nach Frankreich kam, erwarb und sie mit Teddy vereinte, erhielt er die Klassehengste Sir Gallahad (1920) und Bull Dog (1927). Teddy selbst hatte wegen des 1. Weltkrieges kaum Chancen, seine Klasse zu beweisen, doch in der Zucht lieferte er nicht nur etwa 20 Söhne, die sein Blut in alle Welt trugen, sondern auch seine Töchter fohlten große Sieger.

      Bull Dog wurde am Ende der Rennsaison 1930 in die USA verkauft, stand dort 1943 an der Spitze der Vererber, und 1953/54/56 war er der erfolgreichste Stallion bei den Mutterstuten. Sein nordamerikanischer Sohn Bull Lea setzte die Erfolgsstory noch eindeutiger fort: Bei den Zuchthengsten stand er von 1947 bis 1961 fünfmal auf der besten Position, und bei den Vätern von Müttern von 1958 bis 1961 auf gleicher Stufe. Und er wurde auch Vater des Triple Crown-Siegers Citation (1945), der die Hyperiontochter Hydroplane zur Mutter hatte.

      Bull Dogs Vollbruder Sir Gallahad (1920) – in Amerika Sir Gallahad III – der u. a. die Französischen Zweitausend Guineas, den Prix Jacques le Marois und, vierjährig, das Matchrennen gegen den gleichaltrigen Epinard aus dem Wertheimer-Stall zu seinen 12 Siegen zählte, wurde 1926 von einem US-Syndikat erworben, dem auch die Züchter Woodward und Hancook angehörten. Und in dieser „Neuen Welt“ stand er hauptsächlich im Bellair Stud und auf der Claiborne Farm, wo er auch begraben ist. Dieser Import wurde Vater des Tripple Crown-Siegers Gallant Fox und gewann zwischen 1930 und 1955 16 Hengst-Championate, 12 davon bei den Vätern erfolgreicher Mütter. Die Mutter dieser beiden Stallions, Plucky Liege, war eine der wichtigsten Zuchtstuten des 20. Jahrhunderts, denn sie fohlte vier „chef-de-race“ Hengste. Ein guter Sohn war auch der von Vatout stammende Bois Roussel (1935) aus der Volterra-Zucht. Er absolvierte nur drei Starts, gewann zwei, darunter das Französische Derby, und belegte im Großen Preis zu Paris hinter Nearco den dritten Platz. 1949 war er in England Champion-Hengst und führte die Liste bei den Vätern erfolgreicher Mutterstuten 1959 und 1960 an. Viele seiner Söhne wirkten in aller Welt, und zwei von ihnen hießen Migoli (1944), der 1948 den „Arc de Triomphe“ unter Charlie Smirke gewann und Gallant Man zeugte, während der Irische Derbysieger Hindostan (1946) in Japan die Deckhengstliste siebenmal anführte. Bois Roussels Töchter waren ebenfalls erfolgreich. Zwei Beispiele dafür wären Aga Khans Schimmelstute Petite Etoile (1956; Petition), zu deren 14 Erfolgen die 1000 Guineas, Oaks und Champion Stakes zählen, oder Victor Sassoons Derbysieger St. Paddy (1957; Aureole), der auf neun Siege kam und sich dabei auch im St. Ledger und den Eclipse Stakes durchsetzte.

      Im ersten Jahrgang hatte Flying Fox auch noch den guten Gouvernant, der u. a. die 2000 Guineas Frankreichs und die Großen Preise von Saint Cloud und Baden-Baden gewann und 1905 als Vierjähriger nach Österreich wechselte. Zum zweiten Jahrgang zählten der Champion-Zweijährige Val d‘Or (Eclipse Stakes; 2000 Guineas Frankreich), der 1906 nach Argentinien exportiert wurde, als auch Jardy, der sechs von sieben Rennen gewann und, wie sein Stallgefährte, im gleichen Jahr die Reise nach Südamerika antrat, wo er ein führender Hengst in Argentinien wurde. Dagor (1910), der letzte „Gute“ von Flying Fox, der das Französisches Derby und 17 von 20 Starts gewann, wurde von Edmond Blanc nach Ungarn verkauft.

      Mit Medeah (1905; Masque) gewann Blanc die Französischen Oaks (Prix de Diane), das heimatliche St. Ledger (Prix Royal Oak) und fünf weitere Rennen. Den „Prix de Diane“ gewann Blanc auch in den beiden Folgejahren mit den Ladies Union (Ajax) und Marsa (Adam), die von diesem Trio mit acht Siegen auch das meiste Geld verdiente. Dieses „Stuten-Derby“ holte sich auch schon die von Winkfields Pride gezogene Profane 1904.

      Medeahs Tochter La Flambee (1912) von Ajax, die nie lief, wurde auf der Auktion nach Amerika an William Woodward verkauft, der sie während des 1. Weltkrieges jedoch in Frankreich beließ und 1917 den Epsom Derbysieger und St.-Simon-Enkel Durbar (1911; Rabelais), der kein französisches Blut trug und aus einer Amerikanerin gezogen war, als Partner für seine Stute auswählte. Die Farben von Durbars Besitzer – Mr. H. B. Dureya, der während der amerikanischen Anti-Wettgesetze seine Pferde in der Normandy in einem Gestüt in der Nähe von Neuvy stationierte – waren in England durch Siege im Goodwood- und Stewards Cup von 1909, als auch von Sweepers Sieg in den 2000 Guineas von 1912 bekannt. Durbar, der auf einen schwachen englischen Jahrgang traf, mit eigenem Hafer, Heu und Wasser zehn Tage vor dem Derby anreiste, hatte an Matt McGee auch einen amerikanischen Jockey im Sattel. Er gewann mit drei Längen, lief kein weiteres Rennen in England, und musste sich mit einem vierten und dritten Platz zu dem großartigem Rennpferd Sardanapale (1911; Prestige), im Französischen Derby und dem Großen Preis von Paris begnügte. Der Sieger dieser beiden Rennen trug die Farben seines Züchters, Baron M. de Rothschild, und in der Zucht nahm er besonders über seine Töchter Einfluss. Durbar reiste 1927 nach Amerika und war vier Jahre später tot. Sein bestes Produkt war die 1918 geborene Durban, die das Gran Criterium (1.600 m), das Gran Criterium d‘ Ostende (1.000 m), das letztmals 1963 gelaufen wurde, und den Prix Vermeille (2.400 m) gewann. Gedeckt von Ksar erhielt Marcel Boussac 1928 seinen Gründerhengst Tourbillon. Aber auch seine Tochter aus der La Flambee, Flambette, die die C. C. American Oaks und fünf weitere Rennen gewann, konnte sich sehen lassen, denn sie wurde zum Ausgangspunkt einer Stutenlinie, die sehr