Erhard Heckmann

Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt


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Tourbillon von Boussac selbst gezüchtet worden war, siegte u. a. in den Englischen 2000 Guineas und dem „Arc de Triomphe“. Seine von Gay Crusader stammende Mutter Loika war aus der Coeur A Coeur gezogen, die der Verbindung Teddy mit der Ayrshire-Tochter Ballantrae (1899) entsprang. Und diese Fuchsstute gewann in England das Cambridgeshire und wurde 1904 von William Collins Whitney nach Amerika importiert, wo sie auch als dritte Mutter von Equipoice (1928) zu finden ist, der als „Chocolate Soldier“ bekannt war und 1932/33 in Nordamerika zum „Pferd des Jahres“ gewählt wurde. Insgesamt gelangen diesem Fuchshengst in den Farben von Harry Payne Whitney & Cornelius Vanderbilt Whitney bei 51 Versuchen 29 Siege und 14 Platzierungen, die sich zu rund 334.000 Dollar summierten.

      Der als Jährling erworbene Teddy-Sohn Asterus (1923), der als Vierjähriger in England die Champion Stakes gewann und zu Frankreichs bestem Stutenerzeuger in der Geschichte aufstieg (sechsmal in der Sptzenposition), und Tourbillon hatten gute Pedigrees und waren sehr gute Rennpferde, wobei Asterus ein hochklassiger Zweijähriger mit Speed war und dessen Stehvermögen bis etwa 2.000 Meter reichte. Im Gestüt könnten seine Töchter auch zusätzlich von der Qualität der jüngeren Boussac-Hengste profitiert haben. Die ersten zwei Mütter des Ksar-Sohnes Tourbillon (1928) waren in Frankreich hochklassige Rennpferde und Zuchtstuten, seine dritte Mutter war die Gründerstute Frizette, und seine direkte Mutter, Kizil Kourgan (Omnium), die aus der Französischen Oaks-Siegerin Kasbah stammte, gewann in ihrer französischen Heimat die 1000 Guineas, Oaks und den Großen Preis von Paris. Tourbillons Vater war zweifacher Arc de Triomphe-Sieger, der auch das Derby gewonnen hatte, womit Tourbillon einen ausgezeichneten Stammbaum besaß. Und beide Beschäler erfüllten, nach den gezeigten Rennleistungen, auch die Erwartungen im Gestüt.

      Auch Pharos war ein fremder Hengst, dem Boussac 1936 Pharis verdankte. Dieser galt als das beste französische Rennpferd seiner Zeit und stammte gleichzeitig vom besten Beschäler ab, der damals zur Verfügung stand. Pharis blieb bei drei Starts ungeschlagen, gewann das heimische Derby, den Großen Preis von Paris; kam 1941 nach Deutschland und ging vier Jahre später wieder nach Hause. Dort gewannen vier seiner Söhne Frankreichs Derby. Obwohl Pharos damals auch von so bekannten Züchtern wie Francoise Dupre und Lord Derby genutzt wurde, hinterließ er bei ihnen kein Produkt der Rennklasse eines Pharis, hinter dessen Mutter nur eine moderate Stutenlinie stand. Auch wenn die Hengstlinie von Pharis zu Englands Derysieger 1974, dem schwierigen Snow Knight führt, hinterließ auch Pharis in Europas Gestüten keinen würdigen Nachfolger.

      Der vierte im erstklassigem Hengstquartett, die letzten drei zog Boussac selbst, war der von Tourbillon stammende Djebel, der ein besserer Zweijähriger war als sein Vater, ein hochklassiges Rennpferd und ein hervorragender Beschäler aus einer sehr guten Mutterlinie. Auf dem grünen Rasen gewann er bei seinen 15 Siegen mehrere Rennen zweimal, und in den Englischen 2000 Guineas, dem „Arc de Triomphe“ und im Grand Prix de St. Cloud war er auch nicht zu schlagen. Im Gestüt zeugte er für Boussac fünf Champions. An My Babu hinterließ er in England den Champion-Zweijährigen von 1947, der zu seinen elf Erfolgen auch die in den 2000 Guineas, den Graven- und Sussex Stakes zählte, und der nach seinen Jahren in England auch in der amerikanischen Zucht mit Erfolg wirkte. Dafür hatten ihn 1955 Leslie Combs und seine Partner für 600.000 Dollar gekauft und auf der Spendthrift Farm aufgestellt, wo er 1957 seine Tätigkeit aufnahm.

      Boussac, der 1914 in Partnerschaft mit Count Gaston de Castelbajac eine „Acht-Stuten-Partnerschaft“ startete, erwarb seine ersten Qualitätsstuten aus dem Gestüt des Amerikaners Herman Duryea, der seinen Bestand nach Frankreich verlagert hatte, als 1911 und 1912 in New York keine Rennen stattfanden. 1919 kaufte der Franzose sein Fresney-le-Bufford, und im Folgejahr verfügte Boussac bereits über 28 Zuchtstuten. Bereits 1959 konnte er feststellen, das damals 30 % seiner 105 Stuten in ihren Mutterlinien zu der 1914 geborenen Only One (sie fohlte an Ramus den ersten Derbysieger für Boussac, der 1922 gewann), Bonfire oder Diana Vernon zurückführten, die bereits zur genannten Partnerschaft gezählt hatten. Andererseits hatte Boussac bereits 1925 kräftig aussortiert, denn von den 28 Stuten, die sich fünf Jahre früher auf seinen Koppeln tummelten, waren nur noch sechs vorhanden, während der Rest der nun 54 Köpfe zählenden Herde aus Neueinkäufen stammte, von denen 20 in England getätigt worden waren. In den folgenden 25 Jahren, als die Herde auf mehr als einhundert Zuchtstuten angewachsen war, gehörten zu diesen lediglich zehn Neueinkäufe. Der Rest stammte aus der eigenen Nachzucht, wodurch das „vorhandene Blut“ erheblich verdichtet wurde.

      1919 kaufte Marcel Boussac 19 Jährlinge, darunter die von Durbar stammenden Durzetta (Prix Morny; Prix de la Foret) und Durban (Prix Vermeille), die im Folgejahr die besten Zweijährigen in Frankreich waren. Durban paarte Marcel Boussac zweimal mit Ksar, der rein französisch gezogen war, und die Ergebnisse hießen Diademe (1927) und Tourbillon, der 12 Monate später folgte. Die Stute gewann die Newmarket Oaks und wurde Großmutter der 1940 geborenen Caravelle, die den Asterus-Sohn Abjer zum Vater hatte und 1942 Frankreichs beste Zweijährige war, die anschließenden die französischen 1000 Guineas und Oaks gewann.

      Das zweite Produkt bekam den Namen Tourbillon und wurde u. a. auch Vater des 1937 geborenen Djebel („Arc“) und der in acht Rennen ungeschlagenen Caracalla (1942), die den Prix Royal Oak, Großen Preis von Paris und, vierjährig, Ascot Gold Cup und den „Arc de Triomphe“ zu ihren Highlights zählte. Gezogen war die Stute aus der Asterus-Tochter Astronomie.

      Auch Goya II (1934), Esmeralda (1939) und Ambiorix (1946) hatten Tourbillon zum Vater. Ersterer, der zehn Rennen gewann, auch in Deutschland, Belgien und England startete, war als Fünf- und Sechsjähriger Frankreichs Championrenner bei den älteren Generationen und in der Zucht seiner Heimat ein führender Hengst. Esmeralda, aus einer Asterus-Tochter stammend, war zweijährig die Championesse in Frankreich und gewann ein Jahr später die 1000 Guineas ihrer Heimat, während Ambiorix eine Pharos-Stute zur Mutter hatte, als Zweijähriger der Champion Frankreichs war und in der USA-Zucht erfolgreich wirkte.

      1920 hatte der Züchter ein „gutes Händchen“ gezeigt, als er drei Jährlingsstuten erwarb, unter denen sich die Sardanapale-Tochter Zariba (1919) befand. Ihr Vater stammte aus der Rothschild-Zucht, gewann 13 von 16 Rennen, darunter das Französische Derby und den Großen Preis von Paris, und die Stallions seiner Heimat führte er 1922 und 1927 an. Dieser Ankauf, der zur Gründerstute wurde, stammte aus der St. Lucre, die eine Tochter der hervorragenden Zuchtstute und Bend Or-Tochter Fairy Gold (der Mutter von Fair Play) war. Zariba gewann zweijährig den Prix Morny, das Grand Criterium d’Ostende und den Prix de la Foret. In der neuen Saison siegte sie im Prix Penelope, schlug im Prix Daru die Hengste und holte sich dann das wichtige Meilenrennen in Deauville, den Prix Jacques Le Marois. Insgesamt gewann die Stute in drei Saisons 13 von 27 Starts und wurde im Gestüt Mutter der großen Rennstute Corrida, die den französischen Derbysieger Coraze fohlte, der bei 26 Versuchen 11 siegreich gestaltete und in Südamerika als erfolgreicher Deckhengst wirkte. Zariba ist gleichzeitig auch ein Beispiel dafür, dass starke Beanspruchung auf der Rennbahn nicht unbedingt das Aus in der Zucht bedeuten muss. Auch Alice Hawthorne, die Mutter des Epsom Derby-Siegers von 1860, Thormanby, wurde in 72 Rennen gesattelt, von denen sie 52 gewann, und Swinging (1939), die Mutter des Amerikaners Equipoise, lief als Zweijährige achtzehnmal und fohlte den 29-fachen Sieger als Erstling.

      Im Gestüt war Zariba aber noch besser, als auf der Rennbahn, denn neben Corrida wurde sie auch noch Mutter von Goya II, und ihre Stutenlinie zeigte auch nach vier Generationen noch Kraft, als dieser Galcador (1947; von Djebel) und Philius (1953; von Pharis) entsprangen, die die Derbys zu Epsom und Paris gewannen.

      Eine weitere großartige Gründerstue, die Marcel Boussac kaufte, war die 1925 geborene Likka, die von Sardanapale stammte wie Zariba, und die zu der Galopin-Enkelin Dame Masham (1889) führte, die ihre vierte Mutter ist, und auch auf der mütterlichen Seite von Fairy Play zu finden ist. Likka fohlte nach Asterus 1932 Astronomie, die die Mutter der Epsom Oaks-Siegerin Asmena wurde, die 1947 auf die Welt kam und Goya zum Vater hatte. Danach wurde Astronomie Mutter von drei herausragenden Stehern, die jedoch im Gestüt versagten: Der 1940 geborene Trimdon-Hengst Marsyas gewann viermal den Prix du Cadran, Frankreichs „Ascot Gold Cup“, als auch auch die Cups zu Doncaster und Goodwood, den Prix Kergolay und zweimal den Prix Jean Pratt. Ihm folgte 1942 der ungeschlagene Arc de Triomphe-Sieger und Tourbillon-Sohn Caracalla vor dem zwei Jahre jüngerem Arbar, der als Djebel-Hengst den Ascot Gold Cup gewann und als Vierjähriger in Frankreich die ältere Garde