noch fort in unterschiedlicher Weise. Manchmal erscheint Maria in ganzer Größe und dann wieder als Büste, umrahmt von einem leuchtend hellen Heiligenschein. Zeitweilig wurde sie in den Öffnungen auf dem Dach der Kirche gesehen, dann auch wieder außerhalb der Kuppel, wo sie sich bewegte und über das Dach der Kirche und der Kuppel ging. Als sie vor dem Kreuz auf der Kirchenkuppel niederkniete, leuchtete das Kreuz in hellem Licht. Sie bewegte ihre Hände, nickte mit ihrem Haupt und segnete die Menschen. Manchmal sah die Erscheinung wie eine Wolke aus, oder sie nahm die Form als Lichtgestalt an, wobei sich vor ihrem Körper leuchtende Objekte zeigten, die aussahen wie sehr schnell fliegende silbrig-weiße Tauben. Die Erscheinungen waren am Dienstag, dem 30. April 1968, über zwei Stunden zu sehen – von 2 : 45 Uhr bis zur Morgendämmerung gegen 5 Uhr. Tausende Menschen – Ägypter und Ausländer, Priester und Wissenschaftler – sahen diese Erscheinungen.“
OFFIZIELLE ANERKENNUNG
Besonders pikant: Ein Komitee aus Bischöfen – beauftragt, Untersuchungen anzustellen – wurde selbst Zeuge des Übernatürlichen. Erzbischof und Kommissionsmitglied Anba Athanasius erinnert sich in einem von Pearl Zaki verfassten Buch, dass anfangs nur ein „fluoreszierendes Licht“ wahrgenommen wurde: „Dann stand sie plötzlich da in voller Gestalt, schwebte fünf oder sechs Meter über der Kuppel, hoch im Himmel wie eine phosphoreszierende Statue, aber keineswegs starr. Ihr Körper und ihre Kleidung bewegten sich. Von allen Seiten drängten die Menschen zur Kirche. Der Zaun wurde von der Menge einfach niedergetrampelt.“
Die koptische Kirche hat die Erscheinungen von Zeitoun als „göttliches Wunder“ offiziell anerkannt. Der katholische Kardinal Stéphanos I. Sidarouss (1904–1987) sowie der Leiter der evangelischen Kirche in Kairo, Pastor Dr. Ibrahim Said, folgten dieser Einschätzung: „Die Erscheinungen sind echt und glaubwürdig!“
Was gleichermaßen erstaunt: Die Erscheinungskirche von Zeitoun war bereits 1925 vom Landbesitzer Taufik Khalil Ibrahim errichtet worden. Als Vorbild diente die Hagia Sophia in Istanbul. Die „Kirche der Jungfrau Maria von Zeitoun“ sollte eine Miniaturausgabe der byzantinischen Kathedrale werden. Dafür gab es angeblich eine erklärte Anweisung aus höheren Sphären. Ibrahim hatte eine Vision, in der ihm die „Heilige Jungfrau Maria“ erschienen war. Sie soll ihn zum Kirchenbau gedrängt und ihm versprochen haben, an dem vorbestimmten Platz nach Jahrzehnten wieder zu erscheinen (siehe Farbteil Seite 68 links unten).
Die Erscheinungen von Zeitoun machten 1968 international Schlagzeilen.
FOTOBEWEISE UND TAUBENRÄTSEL
Was die Vorfälle in Zeitoun noch interessant macht: Hier glückte es Zuschauern erstmals, Fotobelege einer „Marienerscheinung“ zu produzieren. Die ägyptische Tageszeitung Al-Ahram veröffentlichte dazu 1968 in ihren Ausgaben vom 27. April und 5. Mai ausführliche Bildberichte. Eine Aufnahme von Wagih Rizk ist ein berühmtes Zeitdokument: Sie zeigt das schwebende „Lichtgebilde“ neben der Kirchenkuppel. Die überzeugendsten Bildbeweise stammen vom Fotografen Fawzy Mansur und von Ali Ibrahim, einem Leiter des Ägyptischen Museums in Kairo. Ihre Fotos wurden von Bildtechnikern nach streng wissenschaftlichen Methoden untersucht, ohne dass ein Hinweis auf Fehler oder Betrug gefunden werden konnte. Auch eine elektrische Quelle für eine künstlich erzeugte Gestalt konnte ausgeschlossen werden. Schon deshalb, weil mehrfach während der Erscheinungen in den umliegenden Stadtwerken absichtlich der Strom zu Testzwecken abgeschaltet wurde – das Lichtwesen aber weiterhin präsent blieb. Ein technischer Trick mittels eines Generators, der Lichteffekte auf die Wolkenbänke projiziert haben könnte, kam ebenso nicht infrage. Die geknipste „Himmelskönigin“ war offenbar „dreidimensional“ und aus sich heraus „selbstleuchtend“. Und das so stark, dass sich ihre Leuchtkraft in der Kameralinse spiegelte und die Kirchenkuppel samt Publikum erhellte.
„Lichtwolke“ über Kairo 1968
Gespenstische Muttergottes: Aufnahme aus der Erscheinungsserie von Zeitoun 1968–1971
Zu diesem Ergebnis kam auch der US-Bildanalytiker und Physiker Professor John Jackson. Er überprüfte die Aufnahmen in einem Speziallabor der United States Air Force Academy in Colorado Springs, konnte aber ebenfalls nicht die geringste Spur einer Manipulation finden. Sein Fazit: Bei den ungewöhnlichen Phänomenen in Zeitoun handelt es sich entweder um ein unkonventionelles, ein paranormales oder ein überirdisches Ereignis mit physikalisch beobachtbaren Merkmalen.
MYSTERIÖSE FLUGOBJEKTE
Leuchtende, vogelähnliche Flugobjekte während der Erscheinungsserie von Zeitoun
Was ebenfalls stutzig macht: Die Erscheinungsserie wurde von vielen Phänomenen begleitet, die als Teil des UFO-Spektrums bekannt sind: leuchtende Wolkengebilde, blitzartige Lichter; fliegende Lichtkugeln in Formation oder sternförmige Objekte, die sich mit hoher Geschwindigkeit fortbewegen. Besonders merkwürdig sind Berichte und Fotos von „vogelähnlichen Flugobjekten“. Sie tauchen einzeln oder als Gruppe immer wieder im Kontext mit Marienerscheinungen auf. Für Gläubige sind es Symbole der „Friedenstaube“, „Sinnbilder des Heiligen Geistes“ oder „spirituelle Wesen“. Kurioserweise verhielten sich diese „Tauben“ bisher nie wie natürliches Federvieh: „Sie sind größer und aus Licht, leuchteten silbrig und bewegten sich, ohne mit den Flügeln zu schlagen“, beteuern Augenzeugen. Irrlichter oder Hologramme aus dem Hyperraum?
Patriarch Schenuda III., der Nachfolger von Kyrillos VI., äußerte sich zum „Taubenmysterium“ bewegt: „Sie erscheinen, leuchten und entsprechen keinen natürlichen Tauben. Das Licht, das sie ausstrahlen, ist großartig und wunderschön, es ist aber nicht wie jedes normale Licht.“ Das koptische Oberhaupt ortete ihren Ursprung im Himmelreich: „Wir leben in einer materiellen Welt auf der Erde. Es existiert aber noch eine andere übergeordnete spirituelle Welt. Diese andere Sphäre nennt man die Welt des Lichtes mit himmlischen Bewohnern.“
Leuchtende, vogelähnliche Flugobjekte während der Erscheinungsserie von Zeitoun
Die koptische Kirche bezeichnet die Jungfrau Maria selbst als „die schöne Taube“. Hierbei wird an die Taube erinnert, die zur Zeit Noahs am Ende der Sintflut mit einem Olivenzweig zurückkehrte. (Genesis 8,11) Oliven sind wiederum ein Symbol des Friedens. Und Zeitoun, der alte arabische Name für den Kairoer Vorstadtbezirk, bedeutet übersetzt „Olive“!
LOKALAUGENSCHEIN IN ZEITOUN
Die Kathedrale von Zeitoun
20. Oktober 2015: Ein sonniger Nachmittag in Kairo. Mit meiner Partnerin Elvira und unserem Freund, dem einheimischen Ägyptologen Dr. Ahmed M. Osman, befinde ich mich im Kairoer Verkehrsgetümmel. Per Auto sind wir unterwegs zu einer der mysteriösesten Marienstätten der Neuzeit. Eingekeilt zwischen ohrenbetäubend lauten Schrottkarren, blökenden Kamelen und gestikulierenden Marktleuten. Vorfahrt hat, wer am lautesten hupt. Unfälle sind an der Tagesordnung. „Ein Wunder, dass ich noch lebe“, übe ich mich in Galgenhumor.
„Festhalten!“ Eine Vollbremsung reißt mich aus meinen Gedanken. Beinahe hätte uns ein klappriger Bus gerammt. „Keine Angst, jetzt wird es angenehmer“, grinst unser ägyptischer Begleiter schelmisch, als er uns über ein paar Schlaglöcher Richtung Flughafen weitersteuert. Nach mehr als einer halben Stunde erreichen wir unser