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Horst Bosetzky / Uwe Schimunek
Rotlicht
Der 30. Kappe-Fall
Kriminalroman
Jaron Verlag
Horst Bosetzky veröffentlichte im Jaron Verlag eine Vielzahl von dokumentarischen Spannungsromanen, Familienromanen, biografischen Romanen und Krimis. Für die Krimiserie «Es geschah in Berlin», die der Bestsellerautor 2007 mit dem Jaron Verlag begründete, verfasste er mehrere Bände (zuletzt «Auf leisen Sohlen», 2017).
Uwe Schimunek, Jahrgang 1969, lebt als Journalist und Buchautor in Leipzig. Im Jaron Verlag veröffentlichte er bereits mehrere historische Krimis, darunter die um 1900 in Leipzig spielenden Romane um den jungen Reporter Edgar Wank (zuletzt «Tödliche Zeilen», 2017).
Originalausgabe
1. Auflage 2018
© 2018 Jaron Verlag GmbH, Berlin
Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwertung des Werkes und aller seiner Teile ist nur mit Zustimmung des Verlages erlaubt. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien.
Umschlaggestaltung: Bauer + Möhring, Berlin
Satz: Prill Partners|producing, Barcelona
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2018
ISBN 978-3-95552-040-3
Inhalt
PROLOG
ICH WILL, dass sie schweigt. Tatsächlich sagt sie für den Moment nichts. Doch ihr Lächeln ist voller Spott. Obwohl sie auf ihrem Bett sitzt und ich stehe, scheint sie auf mich herabzublicken. Das halte ich nicht aus. Ich gehe einen Schritt auf sie zu. Ihr impertinenter Papagei krächzt: «O das ist gut! Das ist gut.»
«Ruhe!», brülle ich so laut, dass ich mich selbst erschrecke.
Der Papagei flattert kurz in seinem Käfig hin und her. Dann ist es so still, dass der Straßenlärm durch die geschlossenen Fenster dringt. Das Lächeln verschwindet aus ihrem Gesicht.
Ich schließe die Augen. Alles könnte so schön sein. Wenn sie mich nur verstehen würde. Kann sie es nicht? Oder will sie es nicht? Dabei habe ich alles versucht. Mit Engelszungen habe ich auf sie eingeredet. Erklärt und erklärt. Doch sie hört mir überhaupt nicht zu.
«Du machst dich lächerlich», sagt sie.
Obwohl ich die Augen nicht öffne, weiß ich, dass sie grinst. Ich höre es an ihrer Stimme. Das geht zu weit. Ich will, dass sie schweigt!
«Geh jetzt», sagt sie.
«Geh jetzt! Geh jetzt!», wiederholt der Papagei.
Das ist zu viel. Ich öffne die Augen und sehe das Kissen. Mit einer schnellen Bewegung hebe ich es an und drücke es auf ihr Gesicht. Ich will, dass sie schweigt. Ich will ihr Grinsen nicht mehr sehen. Also drücke ich fest zu. Fester.
Sie wehrt sich, zappelt, schlägt um sich. Erwischt meinen Arm. Es schmerzt. Ich drücke das Kissen noch fester auf ihr Gesicht. Anscheinend versucht sie, etwas zu rufen. Der Hohn ist aus ihrer Stimme verschwunden. Ich will, dass sie schweigt.
Sie lässt meinen Arm los und schlägt um sich. Wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegt und mit den Beinen strampelt. Die Schläge treffen meinen Oberkörper. So viele, dass es mir vorkommt, als hätte sie mehr als zwei Arme.
Wie lange drücke ich schon? Eine Minute? Zwei? Drei? Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Und noch immer dringen ihre Laute durch das Kissen. Ich will, dass sie schweigt.
Endlich wird sie leiser. Unter dem Kissen kommt nur noch ein leises Röcheln hervor. Ihr Körper bäumt sich auf. Ich drücke fester, fester, fester. Noch einmal versucht sie sich zu wehren. Dann ist endlich Ruhe. Sie lässt mich los und schweigt. Es herrscht absolute Stille. Mir kommt es vor, als wäre nicht nur sie erstarrt, sondern auch die Zeit. Das Kissen in meiner Hand strahlt weiß und unschuldig. Meine Hände schmerzen und leuchten rot von der Anstrengung. Wie lange ist sie schon still?
Kaum lasse ich das Kissen los, dringt die Welt wieder in mein Ohr. Das Rauschen von draußen. Auch der Papagei krächzt wieder: «Geh jetzt!»
Ich hebe das Kissen an. Das Gesicht darunter ist verzerrt. Die Augen sind weit aufgerissen und starren nach oben. Jetzt sieht sie, wie es mir geht. Ich lasse mich auf das Bett fallen und nehme ihre Hand. Sie ist warm und verschwitzt. Sanft streiche ich über ihren Handrücken und sage: «Wir hätten auch vernünftig miteinander reden können. Ich wollte dir nicht wehtun.»
Sie bleibt ohne Regung, verzieht nicht einmal eine Miene. Das erscheint mir besser als ihr Hochmut vorhin.
«Ich hoffe, du hörst mir endlich zu», sage ich. Dabei ziehe ich an ihrer Hand und versuche, ihr aufzuhelfen. Doch sie regt sich nicht. Will sie mich mit Ignoranz strafen? «Nun komm», sage ich, «du brauchst nicht zu schmollen. Ich habe mich beruhigt.»
Das stimmt sogar. Auch wenn ich diesem Papagei am liebsten den Hals umdrehen würde. Denn der war nur einen Augenblick ruhig und krächzt nun schon wieder: «O das ist gut! Das ist gut.»
«Pst!», zische ich und wende mich wieder