Rick Hanson

Just One thing


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Neben den Vorteilen für die körperliche und geistige Gesundheit ist Entspannung einfach auch sehr angenehm. Erinnere dich daran, wie gut es sich anfühlt, in einem Whirlpool zu liegen, sich im Bett zu rekeln oder auf die Couch zu fallen, wenn der Abwasch erledigt ist.

      Ob du im Stau stehst, dich durch ein übervolles E-Mail-Postfach arbeitest oder ein schwieriges Gespräch führst – deinen Körper willentlich entspannen zu können, ist eine wichtige Fähigkeit.

      So geht’s

      Hier einige Möglichkeiten, um das parasympathische Nervensystem der „Ruhe und Verdauung“ zu aktivieren, das das sympathische Nervensystem von „Kampf- oder-Flucht“ beruhigt:

      • Fasern des parasympathischen Nervensystems, die an der Verdauung beteiligt sind, befinden sich im Mund. Entspanne also die Zunge und den Kiefer. Du kannst auch deine Lippen berühren. (Wenn ich schlecht schlafen kann, berühre ich manchmal meine Lippen mit den Fingerknöcheln, das tut wohl und wirkt beruhigend.)

      • Öffne leicht deine Lippen. Auch das kann Stress reduzieren, weil dadurch eine Subvokalisierung vermieden wird (ein inneres Mitsprechen beim Lesen, dass unbewusst mit einer ganz feinen Bewegung des Kiefers und der Zunge einhergeht).

      • Atme mehrere Male lang aus, denn das parasympathische Nervensystem ist für die Ausatmung zuständig. Zähle beispielsweise beim Einatmen bis drei und beim Ausatmen bis sechs.

      • Atme mindestens eine Minute lang so, dass die Einatmung und die Ausatmung gleich lang sind; zähle in Gedanken bei jeder Ein- und Ausatmung bis fünf. Das schafft kleine aber feine Veränderungen in der Intervallen zwischen den Herzschlägen. Das Herz schlägt nämlich beim Ausatmen etwas langsamer als beim Einatmen, und das fördert Entspannung und Wohlbefinden (Kristal-Boneh et al., 1995).

      • Entspanne das Zwerchfell – den Muskel unter der Lunge, der hilft, Luft in die Lungen zu saugen. Lege dazu deine Hand auf den Bauch unterhalb des Rippenbogens und dann versuche so zu atmen, dass deine Hand ungefähr einen Zentimeter von der Wirbelsäule weggedrückt wird. (Das ist besonders hilfreich, wenn du gerade Angst hast.)

      • Wende diese Methoden in stressigen Situationen an oder wenn du Sorgen hast oder frustriert bist – sie funktionieren wirklich! Aber auch wenn alles gut läuft, solltest du mit ihrer Hilfe Entspannung üben, beispielsweise jeden Tag ein paar Minuten vor dem Schlafengehen. Dadurch werden dein Körper und dein Geist nicht nur im Ruhezustand friedvoller werden, sondern du wirst auch widerstandsfähiger in Situationen, in denen es ernst wird. Wissenschaftler haben zum Beispiel herausgefunden, dass Entspannungsübungen tatsächlich die Expression der Gene verstärkt, die eine Stressreaktion abmildern (Dusek et al., 2008).

      5

      Sieh das Gute in dir

      Jeder Mensch hat gute Seiten. Oft aber ist es einfacher, sie an anderen zu sehen als an sich selbst. Denke zum Beispiel an einen Freund/eine Freundin: Was magst du an ihm oder ihr? Es können Eigenschaften sein wie ein Sinn für Humor, Fairness, Ehrlichkeit, Intelligenz, Gefühlstiefe, Geduld, Begeisterung, Hilfsbereitschaft, Neugier, Entschlossenheit, Talent, Mut oder ein gutes Herz.

      Diese Eigenschaften an einem Freund wahrzunehmen, fühlt sich beruhigend, angenehm und hoffnungsvoll an. Es tut gut, die guten Seiten an jemandem anzuerkennen.

      Das gilt auch für dich!

      Wir gleichen alle einem Mosaik mit vielen wunderbaren Steinen, einigen neutralen und einigen, die – na ja – etwas Arbeit gebrauchen könnten. Es wäre wichtig, das ganze Mosaik zu sehen, doch unser Gehirn hat eine Neigung zur Negativität. Deshalb tendieren wir dazu, uns auf das zu fixieren, was falsch an uns ist, statt auf das zu achten, was richtig ist. Wenn du am Tag zwanzig Sachen machst und neunzehn gut gehen, über welche denkst du am Abend nach? Wahrscheinlich über genau die, die nicht so gut gelaufen ist.

      Wenn unser Gehirn neue Strukturen bildet, tut es das auf Grundlage dessen, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten – Neuronen, die zusammen aktiviert werden, vernetzen sich. Wenn wir uns auf die „hässlichen“ Steine im Mosaik konzentrieren, verstärken wir das tief in uns steckende Gefühl, mittelmäßig, fehlerbehaftet oder weniger wert als andere zu sein. Außerdem verhindert dies die Entwicklung von Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl, welche aus der Wertschätzung der guten Steine entstehen würden. Die Ergebnisse dieser Tendenz zum Negativen sind nicht korrekt. Aber sie sind zweifellos wirkungsvoll und einer der wichtigen Gründe, weshalb die meisten von uns Minderwertigkeitsgefühle und Selbstzweifel haben. Ich weiß, wovon ich spreche.

      Uns unserer Stärken und Tugenden bewusst zu sein bedeutet, dass wir uns so sehen, wie wir tatsächlich sind. Wenn wir das Gute in uns anerkennen, fühlen wir uns besser und können ohne Angst vor Zurückweisung auf andere zugehen. Wir können unsere Träume mit mehr Vertrauen in unseren eigenen Erfolg verwirklichen.

      So geht’s

      Wähle eine gute Eigenschaft von dir aus. Vielleicht bist du besonders freundlich, offen, gewissenhaft, fantasievoll, warm, aufmerksam oder charakterfest. Achte darauf, wie sich diese positive Eigenschaft anfühlt. Untersuche die Körperempfindungen, emotionalen Qualitäten und Einstellungen oder Sichtweisen, die damit einhergehen.

      Nimm dir etwas Zeit, um dir klarzumachen, dass du diese gute Eigenschaft tatsächlich besitzt. Überzeuge dich selbst davon. Achte einen Tag oder eine Woche lang auf Anzeichen dafür – und spüre es, wenn du sie gefunden hast.

      Achte auch darauf, ob es dir schwerfällt zu akzeptieren, dass du diese gute Eigenschaft besitzt, auf Gedanken wie: Aber so bin ich ja nicht immer. Oder: Aber ich habe auch schlechte Seiten. Versuche auf deiner eigenen Seite zu sein und dich realistisch zu sehen, einschließlich deiner guten Eigenschaften. Es ist ok, dass sie nicht in jeder Minute deines Lebens zum Ausdruck kommen: Jeder von uns ist ein Mosaik, jeder von uns ist ein Mensch.

      Wiederhole diesen Prozess mit deinen anderen Stärken und Tugenden.

      Öffne dich auch für das Gute, das andere in dir sehen. Beginne mit einem Freund und sieh dich selbst mit seinen Augen. Was mag dieser Mensch an dir? Was schätzt, genießt, respektiert oder bewundert er an dir? Wenn dein Freund anderen von deinen guten Eigenschaften erzählen würde, was würde er sagen? Wiederhole diese Übung mit anderen Menschen aus unterschiedlichen Bereichen – und vielleicht auch Zeiten – deines Lebens, wie zum Beispiel mit anderen Freunden, Familienmitgliedern, Lehrern, Coachs, Kollegen oder dem Partner. Dann lass das Wissen dieser anderen Menschen um deine guten Eigenschaften zu deinem eigenen werden. Entspanne dein Gesicht, deinen Körper und deinen Geist, um dieses Wissen um die Wahrheit – die ganze Wahrheit – deines Mosaiks aufzunehmen.

      Ob du nun mit der Anerkennung durch dich selbst oder durch andere Menschen beginnst, lass das Wissen um die guten Eigenschaften in dir sich in Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen, Glück und Frieden verwandeln.

      Spüre eine leise Stimme in dir, die aus deinem tiefsten Inneren kommt und nachdrücklich und ehrlich deine guten Eigenschaften aufzählt. Höre auf sie und lass das Gehörte in dich hineinsinken. Wenn du möchtest, kannst du die Eigenschaften aufschreiben und sie immer mal wieder lesen; du musst sie niemandem zeigen.

      Achte während des Alltags auf Beispiele für deinen Anstand, deine Ausdauer, Fürsorge und andere gute Eigenschaften. Wenn du diese Tatsachen siehst, öffne dich einem guten Gefühl gegenüber dir selbst.

      Lass diese Momente des Wohlgefühls nach und nach dein Herz und deine Tage erfüllen.

      6

      Werde langsamer

      Die meisten von uns sind viel zu beschäftigt. Sagen wir, du triffst zufällig einen Freund, den du längere Zeit nicht gesehen hast, und fragst ihn: „Wie geht’s?“ Vor zwanzig Jahren war die übliche Antwort: „Gut“. Heute aber lautet sie wohl eher: „Ich hab viel zu tun“.

      Wir gehen unter in einem Strudel aus E-Mails, Telefongesprächen und langen Arbeitszeiten, schleppen unsere Kinder von hier nach da und versuchen, unsere Geschwindigkeit an alle anderen anzupassen, die auch immer schneller werden.

      Wie auch immer die Gründe dafür im Einzelnen lauten, oft fühlen wir uns