des Terrains
•Einschätzen der Kapazität der Bevölkerung
• Berechnen der Anzahl der Soldaten
•Vergleich zwischen den Armeen
•Berechnung von Sieg und Niederlage.
Das Terrain ist abzumessen, woraus sich die Kapazität, das heißt die Bevölkerungszahl, ergibt, aus der wiederum die Anzahl der Soldaten errechnet wird, die mit der des Feindes zu vergleichen ist. Werden diese vier Faktoren berücksichtigt, ist ein Sieg vorhersehbar. Aus diesem Grund ist die siegreiche Armee mit einem Yi[9] gegenüber einem Zhu[10] auf der Waagschale zu vergleichen. Die geschlagene Armee hingegen kommt einem Zhu gegenüber einem Yi gleich. Den Sieg abzuwägen bedeutet, dass die siegende Armee wie Wasser ist, das in eine tiefe Schlucht stürzt. Das ist der Einsatz der eigenen Kapazitäten.
KAPITEL 5 Kraft
Kapitel 5
Kraft
Sunzi sprach:
Viele Soldaten zu leiten ist nicht anders als wenige zu führen, es ist alles eine Frage der richtigen Aufteilung ihrer Anzahl. Ob man mit vielen oder wenigen Soldaten kämpft, ist unerheblich, wichtig sind die Formation, die Kennzeichnung mit Standarten und die richtigen Signale. Eine große Armee kann dem Feind ohne Niederlage widerstehen, indem sie zum offenen Angriff übergeht und gleichzeitig überraschend aus dem Hinterhalt angreift. Der richtige Einsatz der Soldaten wirkt wie ein Schleifstein, der auf eine Eierschale trifft, es ist das Prinzip von leer und voll.
Allen Schlachten ist zu Eigen, dass die Armeen aufeinandertreffen, doch der Sieg wird durch den Überraschungsangriff entschieden. Wer sich auf die Kriegführung versteht, baut auf der Überraschungstaktik auf, wodurch die Kräfte der Armeen unerschöpflich werden wie Himmel und Erde und nicht zur Neige gehen wie Flüsse und Meer. Diese Angriffe enden und beginnen von Neuem wie Sonne und Mond, es ist ein Sterben und Wiederauferstehen, gleich den vier Jahreszeiten. Es gibt nur fünf Töne, doch durch verschiedene Kombinationen entstehen mehr Klänge, als man jemals hören kann. Es gibt nur fünf Farben, doch indem man sie mischt, bieten sie eine Vielfalt an Schattierungen, die das Auge nicht alle erfassen kann. Die Geschmacksrichtungen sind nicht mehr als fünf, doch die unterschiedliche Zusammensetzung erschafft so viele Nuancen, dass man sie nicht alle kosten kann. In der Schlacht und im Krieg gibt es nur die Situation des offenen und des verdeckten Kampfes, aber in Kombination liefert er ungeahnte Möglichkeiten. Der verdeckte und der offene Kampf bedingen sich gegenseitig, sie sind wie ein fortwährender Kreislauf ohne Anfang und Ende, wie sollten sie sich jemals erschöpfen?
Die Geschwindigkeit des Wassers kann Steine hinwegspülen, das ist Kraft. Das Herabstoßen eines Raubvogels, um sein Opfer zu vernichten, das ist Entschlossenheit. Wer sich gut auf den Kampf versteht, prüft seine Kraft und fällt eine sofortige Entscheidung. Kraft ist wie das Spannen der Armbrust, Entscheidung ist das Auslösen des Mechanismus, den Pfeil abzuschießen.
Im heillosen Durcheinander des Kampfgetümmels scheint nur Chaos zu herrschen und es ist dennoch kein Chaos. Inmitten des scheinbaren Durcheinanders muss das Heer ohne Anfang und Ende erscheinen, und es wird nicht besiegt werden. Chaos zu verursachen und es zu beherrschen, Ängstlichkeit vorzutäuschen und dennoch tapfer zu sein, Schwäche vorzutäuschen und dabei stark zu sein, sind die Listen des guten Kriegers. Das Chaos zu beherrschen ist auf vielerlei Weise möglich. Tapferkeit hinter Feigheit zu verstecken, ist ein Zeichen der inneren Kraft, Stärke hinter Schwäche zu verbergen, ist der äußere Schein, um den Feind zu täuschen.
Wer sich darauf versteht, den Feind in Bewegung zu halten, nutzt den äußeren Schein, damit der Feind dieser Täuschung folgt. Er gaukelt dem Feind eine leichte Beute vor, damit dieser zuschlägt, um sie sich zu holen. Der kluge Feldherr hält den Feind auf Trab, indem er ihm vermeintliche Vorteile aufzeigt, er selbst aber mit seinen Männern auf der Lauer liegt und den richtigen Zeitpunkt abwartet.
Deshalb ist der kluge Feldherr um Kraft bemüht und handelt nicht auf Kosten des Einzelnen, er sucht instinktiv die richtigen Männer aus und überträgt ihnen Verantwortung. Männer mit Verantwortung walzen im Kampf den Feind nieder wie unaufhaltsam rollende Steine oder Baumstämme. Ein Fels oder Baumstamm ist ungefährlich in der Ruhe, aber gefährlich, sobald er in Bewegung gerät. Eckiges kann aufgehalten werden, aber Rundes bewegt sich unentwegt weiter. Gute Kämpfer sind deshalb wie eine Gerölllawine, die unaufhaltsam den Berghang hinunterstürzt. Das ist Kraft.
KAPITEL 6 Wahrheit und Unwahrheit
Kapitel 6
Wahrheit und Unwahrheit
Sunzi sprach:
Wer sich zuerst auf dem Schlachtfeld einfindet und dort auf den Kampf mit dem Feind wartet, ist gerüstet, wer als zweiter auf dem Schlachtfeld eintrifft, muss sich sputen und anstrengen. Ein guter Feldherr weiß, wie er dem Feind seinen Willen aufzwingen kann und lässt sich vom Feind nicht beherrschen. Wenn der Feind nach seinem Plan handelt, ist er im Vorteil, ist er dazu nicht in der Lage, gereicht ihm das zum Nachteil.
Sobald der Feind sich ausruhen will, kann er ihn in Schwierigkeiten bringen, und wenn er seine Vorräte verbraucht hat, kann er ihn aushungern. Tauche an verschiedenen Stellen auf, sodass der Feind dorthin eilen muss. Eine Armee kann furchtlos 1.000 Meilen durch ein Gebiet marschieren, in dem sich kein Feind befindet. Greife die Stellen des Feindes an, die ungeschützt sind, und du wirst Erfolg haben. Der eigene Schutz muss stark sein, selbst dort, wo kein Angriff zu erwarten ist. Bei einem guten Angreifer weiß der Feind nicht, wo er sich verteidigen soll und bei einem guten Verteidiger weiß der Feind nicht, wo er angreifen soll. Das Geheimnis liegt darin, sich möglichst unsichtbar zu machen und keinen Laut von sich zu geben, um dann das Schicksal des Feindes in die eigene Hand zu nehmen. Rücke dort vor, wo der Feind keine Abwehr hat und zieh dich zurück, wenn er dich nicht verfolgen kann, und sei fern, sodass er dich nicht erreicht. Wenn ich Krieg führen will, selbst wenn der Feind sich hinter hohen Palisaden oder in einer tiefen Schlucht verschanzt hat, kann ich ihn zum Kampfe zwingen, indem ich ihn dort angreife, wo er sich retten muss. Wenn ich aber nicht kämpfen will, kann uns der Feind keinen Kampf aufzwingen, selbst wenn wir unsere Verteidigungslinie nur auf der Erde eingezeichnet haben, denn ich lenke ihn in eine falsche Richtung.
Ich bin unsichtbar, der Feind aber sichtbar, ich bin konzentriert, der Feind aber unaufmerksam. Ich bin gesammelt und daher eins mit meiner Armee, der Feind aber ist zerstreut und an zehn Punkten gleichzeitig, sodass es beim Angriff zehn gegen eins steht. Wir sind in der Überzahl und der Feind ist unterlegen, sodass viele die wenigen besiegen können und dann greife ich dort an, wo er uns nicht erwartet. Der Feind wird an vielen Stellen versuchen vorbereitet zu sein, ich aber greife nur an wenigen an. Indem er seine Vorhut ausrüstet, vernachlässigt er die Nachhut, und wenn er die Nachhut verstärkt, vernachlässigt er die Vorhut. Verstärkt er die linke Flanke, schwächt er gleichzeitig die rechte, und verstärkt er die rechte Flanke, muss er von der linken Flanke Soldaten abziehen. Indem er alle Seiten verstärken will, schwächt er alle. Unterlegen ist, wer sich auf allen Seiten vorbereiten will, überlegen ist, wer sich die Vorbereitung des Feindes zunutze macht.
Wenn ich den Tag und den Ort der Schlacht kenne, kann ich 1.000 Meilen marschieren und kämpfen. Wenn ich jedoch weder Ort noch Zeitpunkt weiß, kann die Vorhut der Nachhut nicht zu Hilfe eilen und die Nachhut ist nicht in der Lage der Vorhut beizustehen, die linke Flanke kann die rechte nicht unterstützen und umgekehrt. Noch schlimmer wird es, wenn die Truppenteile ein Dutzend Meilen auseinander sind, oder auch nur ein paar Meilen.
Nach meiner Berechnung sind die Soldaten von Yue zwar zahlenmäßig überlegen, doch das entscheidet nicht über Sieg oder Niederlage. Der Sieg kann dennoch errungen werden! Wenn