Willy Obrist

Klassenführung


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­werden. Rollenklarheit, Zielklarheit, inhaltliche Klarheit und eine verständliche und sinnstiftende Kommunikation sind in dieser Phase besonders wichtig. Ein gelungener erster Tag in einer freundlichen und ruhigen Arbeitsatmosphäre hat Signalcharakter. Ein guter Start ist die Basis für eine fruchtbare Zusammenarbeit.

      Einstiegssituationen gibt es auch während des Schuljahres und im Unterricht – immer wieder. Und es lohnt sich, solchen Situationen und Momenten besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Denn am Anfang werden die Weichen gestellt – ein guter Anfang ist für manches richtungweisend.

      So wird’s gemacht

      Mentale Vorbereitung

      Der erste Schultag ist mit vielen Erwartungen verbunden. Die Lernenden sind gespannt auf die neuen Mitschüler und Mitschülerinnen, auf die Lehrpersonen und die neue Lernumgebung.

      Auch Ihnen selbst gehen mancherlei Fragen durch den Kopf. Wie wird sich die Klasse zusammensetzen? Welche Einstellungen haben die Lernenden zum Unterricht? Kann ich den Erwartungen, die eine gute Lehrperson nach meiner Vorstellung erfüllen muss, gerecht werden? Diese mentale Vorbereitung ist wichtig und hilft Ihnen, sich auf die neue Situation einzustellen. Hilfreich ist auch, sich mit Kollegen und Kolleginnen auszutauschen, nachzufragen, wie sie den Anfang gestalten. Falls mehrere Lehrerinnen und Lehrer eine Klasse unterrichten, ist es unerlässlich, dass Sie sich absprechen. Häufig werden Sie auf bewährte Formen des Einstiegs zurückgreifen. Vielleicht ergibt sich aber auch die Gelegenheit, einmal etwas Neues auszuprobieren. Den ersten Schultag sollte man indes nicht mit allzu vielen Aktivitäten überfrachten.

      Informationen beschaffen

      Neben der mentalen Einstimmung steht in der Vorbereitungsphase das Sammeln von Informationen im Zentrum. Aus den Lehrplänen entnehmen Sie die Themen und Ziele für das erste Quartal. Sofern der Lehrplan genügend Freiraum lässt, können Sie selbst bestimmen, mit welchem Thema Sie einsteigen wollen. Das neue Thema sollte aber nicht zu umfassend und nicht zu abstrakt sein. Es muss möglichst viele Bezüge zur aktuellen Lebens- und Arbeitssituation der Lernenden aufweisen. Die Lernenden sollen aber auch zeigen dürfen, was sie können, und die Möglichkeit erhalten, bei der ersten Prüfung ein gutes Ergebnis zu erzielen.

      Vom Schulsekretariat erhalten Sie einige Tage vor Beginn des Unterrichts die Klassenliste. Sie gibt Ihnen einen ersten Einblick in die Zusammensetzung der Klasse. Sie erhalten Antworten auf folgende Fragen:

      • Aus welchem geografischen Einzugsgebiet kommen die Lernenden?

      • Welche Lehrbetriebe sind für die Ausbildung verantwortlich?

      • Wie alt sind die Lernenden? Sind Einzelne sehr viel älter (oder jünger) als der Durchschnitt?

      • Wie groß ist der Anteil der Frauen in der Klasse?

      • usw.

      Solche Informationen liefern Ihnen wichtige Hinweise auf die Lernvoraussetzungen, die Sie antreffen werden.

      Ebenfalls vom Sekretariat erfahren Sie, mit welchen Lehrpersonen Sie die neue Klasse führen werden. Nehmen Sie rechtzeitig Kontakt auf mit diesen Kollegen und Kolleginnen, um Überschneidungen am ersten Schultag zu vermeiden. So ist es beispielsweise nicht notwendig, dass sich alle Lernenden bei jeder Lehrperson ausführlich vorstellen. Dies ist in der ersten Stunde sicherlich sinnvoll. Bei den Lektionen am Nachmittag reicht es durchaus, wenn die Lernenden ihre Namen auf Namenskärtchen schreiben.

      Klassenraum und Infrastruktur

      Sie haben erfahren, in welchem Raum der Unterricht stattfindet. Es ist ratsam, sich im Vorfeld mit dem Raum und der Infrastruktur vertraut zu machen.

      • Wie groß ist der Raum im Vergleich zur Zahl der Lernenden auf meiner Klassenliste?

      • Welche Sitzordnung erlaubt das Klassenzimmer?

      • Was steht mir an Infrastruktur im Raum und im Gebäude zur Verfügung?

      • Was muss ich mir an Unterrichtsmaterial beschaffen, damit der Start gelingt?

      An der Einrichtung des Raums lässt sich meist recht gut erkennen, welche Unterrichtsform vorwiegend zur Anwendung kommt. Wenn Ihr Unterricht zur Hauptsache aus einer Kombination von Frontalunterricht und Einzel­arbeit besteht, werden die Tische und Stühle in Richtung Lehrerpult aus­gerichtet. Wird häufig in Partnerarbeit oder Kleingruppen gearbeitet, so können die Tische zu Gruppenarbeitsplätzen zusammengeführt werden.

      Den ersten Tag planen

      Sie überlegen sich genau, welche Ziele in Ihrem Unterricht am ersten Schultag im Vordergrund stehen. Hier eine Auflistung von verschiedenen möglichen Zielsetzungen:

      

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      Wenn die Zielsetzungen geklärt sind, erstellen Sie in Form eines Tagesplans ein Drehbuch für den Unterricht. Dafür stehen Ihnen verschiedene Instrumente zur Verfügung. Wichtig ist, dass in Ihrem Plan neben den Zielen auch die Phasen des Unterrichts, die Methoden und Hilfsmittel aufgeführt sind.

      Die wichtigsten Inhalte oder Phasen des Unterrichts schreiben Sie an die Wandtafel oder auf ein Flipchartblatt. Dann beginnen Sie mit einem informierenden Unterrichtseinstieg. Die Lernenden wissen so zu Beginn des Tages, welche Arbeiten auf sie warten. Am Schluss des Unterrichts können Sie mithilfe der aufgeführten Punkte zurückblicken und eine erste Auswertung vornehmen.

      

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      Die ersten Monate planen

      Es ist nützlich, für die ersten Monate einen Grobplan zu erstellen. Dieser stellt lediglich eine Absichtserklärung dar; es sind darin nur die wichtigsten Inhalte und die geplanten Aktivitäten aufgelistet – ohne didaktische Einzelheiten. Achtung: Freiräume einplanen! Immer wieder fallen wegen Exkursionen, Sitzungen usw. einzelne Schultage aus.

      Sie formulieren Ziele, die Sie mit den Lernenden in den ersten Monaten erreichen möchten, zum Beispiel:

      • Ich will mit den Lernenden eine tragfähige Basis für die gemeinsame Arbeit schaffen.

      • Die Klasse soll als Gruppe arbeitsfähig werden. Die Lernenden erfahren, mit welchen Lernpartnern sie produktiv arbeiten können.

      • Ich kann die Lernenden mit ihrem Namen ansprechen. Ich kenne von allen ein paar persönliche Daten und bekomme einen kleinen Einblick in ihre Lebenswelt.

      • Ich trage mit dem Unterrichtsgeschehen zur Standortbestimmung der Lernenden in einer neuen Lebens- und Schulumwelt bei.

      • Ich kann im Rahmen der Früherfassung die Lernenden bezeichnen, die... im gewählten Beruf möglicherweise unterfordert sind.... die Anforderungen des gewählten Berufes voraussichtlich selbstständig erfüllen können.... Unterstützung benötigen, um die Anforderungen des gewählten Berufes erfüllen zu können.... die Lernvoraussetzungen noch nicht mitbringen, um die Anforderungen des gewählten Berufes zu erfüllen.

      Im Zeitplan halten Sie also die wichtigsten Inhalte fest. Das gibt den Lernenden auch eine Orientierung, an welchen Schultagen Notenarbeiten vorgesehen sind. Pläne verändern sich im Laufe des Unterrichts – sobald Sie mit der konkreten Arbeit beginnen. Der Zeitplan muss also immer wieder angepasst werden. Wichtig ist, Planungsänderungen transparent zu kommunizieren und die Planung immer wieder nachzuführen.

      

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      Vorbereitung und Einstieg in den Unterricht

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