Willy Obrist

Klassenführung


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Unterrichtseinstieg

      Orientieren Sie die Lernenden zu Beginn des Unterrichts über Ziele und Inhalte. Führen Sie die Lernenden in der Abschlussphase wieder auf diese Planungsvorgaben zurück.

      Rückblick von Anfang an

      Gegen Schluss einer Unterrichtssequenz ist es Zeit, Rückschau zu halten. Haben wir gemacht, was wir uns vorgenommen haben? Das Gefühl der Arbeitszufriedenheit ist wesentlich davon abhängig, dass wir diese Frage be­jahen können.

      Wo sind Schwierigkeiten aufgetaucht? Womit wollen wir am nächsten Schultag weitermachen?

      Arbeitsatmosphäre schaffen

      Neben Planung und Strukturierung sind eine positive und zuversichtliche Grundhaltung der Lehrperson und das Arbeiten in einer mittleren Körperspannung wichtig – darauf gilt es in Einstiegssituationen besonders zu achten.

      Zuversicht

      Berufsbildungsverantwortliche gehen mit den Lernenden das erste Teilstück auf dem Weg vom Anfänger zum Experten. Sie müssen deshalb bereit sein, ganz »von vorn« zu beginnen. Lernende merken rasch, ob ihnen die Lehrperson eine positiv-zuversichtliche Haltung entgegenbringt, und sie reagieren darauf im Sinne der sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Die zuversichtliche Haltung der Lehrperson drückt sich vor allem dadurch aus, dass sie den Lernenden etwas zumutet, d. h., eine auf die Lernenden abgestimmte Leistungsbereitschaft einfordert und erbrachte Leistungen mit begründeter Anerkennung quittiert.

      Störungen haben Vorrang

      Es ist wichtig, von Anfang an auf Störungen und abweichendes Verhalten sofort und angemessen zu reagieren. Regelklarheit schafft die nötige Verlässlichkeit in der Arbeitsbeziehung.

      Humor und Gelassenheit

      Nehmen Sie sich als Lehrperson ernst, aber nie zu wichtig. Lernen gelingt vor allem in einer freundlichen Atmosphäre, in der das Lächeln und Lachen (auch über sich selbst) Platz hat. Eine Unterrichtsstunde, in der nicht gelächelt oder gelacht wird, ist eine verlorene Stunde. Mit Humor ist hier aber nicht die Art von Witzen gemeint, wie sie Lehrmittelautoren zur Auflockerung in ihre Texte einstreuen. Humor ist Ausdruck von Lebensfreude, der Einsicht in die Begrenztheit und immer nur relative Bedeutung von Unterricht, er zeigt sich auch im Erfassen von Situationskomik, wie sie das Leben immer wieder mit sich bringt.

      Literatur

      Cohn, Ruth C./Farau, Alfred (2008): Gelebte Geschichte der Psychotherapie. Zwei Perspektiven (4. Auflage). Stuttgart: Klett Cotta.

      Dubs, Rolf (2009): Lehrerverhalten. Ein Beitrag zur Interaktion von Lehrenden und Lernenden im Unterricht (2. Auflage). Zürich: Verlag SKV.

      Huschke-Rhein, Rolf (2003): Einführung in die systemische und konstruktivistische Pädagogik. Beratung – Systemanalyse – Selbstorganisation (2. Auflage). Weinheim: Beltz (UTB).

      Kassner, Dieter (2002): Humor im Unterricht. Bedeutung – Einfluss – Wirkungen. Baltmannsweiler: Schneider-Verlag Hohengehren.

      Ludwig, Peter H. (2006): Erwartungseffekt. In: Rost, Detlef H. (Hrsg.): Handwörterbuch Pädagogische Psychologie (3. Auflage) (S. 132–137). Weinheim: Beltz PVU.

      Meyer, Hilbert (2008): Was ist guter Unterricht? (5. Auflage). Berlin: Cornelsen Scriptor.

      Rissland, Birgit (2002): Humor und seine Bedeutung für den Lehrerberuf. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

      Der Umgang mit den Lernenden

      ... wie ich dazu beitrage, dass in der Klasse ein gutes Unterrichtsklima herrscht

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      .

      Das Klima, in dem Unterricht stattfindet, hängt von vielerlei Faktoren ab. Auch die Rahmenbedingungen (Klassengröße und -zusammensetzung, Alter und Vorwissen der Lernenden) beeinflussen das Unterrichtsklima. Solche Bedingungen sind nicht zuletzt Produkt eines bildungs- und finanzpolitischen Aushandlungsprozesses. Das sind indessen Fragen, die den Rahmen dieses Buches sprengen – hier soll es lediglich darum gehen, welche Handlungen der Lehr­person das Klassenklima positiv beeinflussen.

      Im Wesentlichen sehen wir sechs Faktoren, die zu einem guten Unterrichtsklima beitragen:

      • Beziehung,

      • Transparenz,

      • Regeln,

      • Präsenz,

      • Leistungsanforderungen im Unterricht,

      • Humor.

      So wird’s gemacht

      Wir gehen davon aus, dass Lernende beim Lernen zwei elementare Grundbedürfnisse befriedigen wollen:

      • das Bedürfnis nach Anerkennung und menschlicher Zuwendung,

      • das Bedürfnis nach Herausforderung und Selbstwirksamkeit.

      Wenn diese beiden Bedürfnisse in der Klasse angemessen befriedigt werden können, stehen die Chancen gut, dass ein förderliches Unterrichtsklima entsteht. Bleiben sie unbefriedigt, so werden die Lernenden auf die eine oder andere Weise auf den Mangel aufmerksam machen.

      Lehren und Lernen ist Beziehungsarbeit

      Wie schon ausgeführt, betrachten wir die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden als wesentliche Grundlage für Lernklima und Leistungs­bereitschaft. Beziehung muss geknüpft und gepflegt werden, von allem Anfang an – vor, während und nach dem Unterricht.

      Vollzeit-Lehrpersonen an Berufsfachschulen unterrichten in einer Woche oft über hundert Lernende. Dass es unter solchen Umständen nicht einfach ist, eine tragfähige Beziehung zu ihnen aufzubauen, versteht sich von selbst. Desto mehr werden wir diesen Aspekten Rechnung tragen.

      Lernende sind mehr als Namen, Zensuren und Zeugnisinhaber

      • Wann haben Sie Ihrer Klasse zum letzten Mal etwas über sich als Privatperson, als Mutter oder Familienvater erzählt, wann zum letzten Mal berichtet, was sie als Bürger, als Mensch beschäftigt? Wissen die Lernenden, wo und wie Sie wohnen? Wissen sie, wie Sie Ihre Sonntage oder die Ferien verbringen? Wissen sie etwas über Ihre Freizeitbeschäftigungen?

      • Es geht nicht darum, Intimitäten auszubreiten oder innerste Regungen nach außen zu kehren. Es geht vielmehr darum, Einblick zu gewähren in unser Menschsein, darum, dass wir uns auch als Menschen zeigen, jenseits unserer Funktion und Aufgaben als Lehrperson.

      • Wie nehmen wir selbst die Lernenden wahr? Was wissen wir über ihren Hintergrund, ihre Werte, Ziele, Visionen und Ängste?

      • Wir können viel über die Lernenden erfahren, wenn wir uns bereits einige Minuten vor Unterrichtsbeginn im Klassenzimmer einfinden, wenn wir wahrnehmen, in welcher Stimmung sie in der Schule eintreffen, wenn wir uns nach ihrem Befinden erkundigen, uns für ihre Fortschritte im Lehrbetrieb und Sportverein interessieren, wenn wir wahrnehmen, was die Lernenden lesen, welche Musik sie hören, womit sie sich neben ihrem ­Berufschulalltag beschäftigen, u.a.m.

      • Mit solchen Kurzgesprächen signalisieren wir: Wir erwarten euch zum Unterricht, und es ist uns wichtig, wie es euch geht.

      • Wir erfahren viel über die Lernenden, wenn wir Unterricht als ein schrittweises Sich-Annähern an optimale Lösungen verstehen. Wenn es uns interessiert, mit welchen Überlegungen Lernende zu einem Ergebnis kommen. Wenn falsche Antworten nicht als Makel, sondern als wichtiger