Bernhard Hampp

Berlin erlesen!


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und zahllose weitere Medien – jährlich kommen rund 100.000 hinzu – schlummern an diesem Ort. Genauer gesagt an diesen zwei Orten: Wie ganz Berlin war auch die Staatsbibliothek lange Zeit geteilt. Die beiden Häuser im ehemaligen Ost- und Westteil der Stadt arbeiten seit der Wende wieder zusammen. Betrieben unter dem Dach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, bilden sie eine der bedeutendsten Bibliotheken weltweit.

      Alles begann im 17. Jahrhundert mit dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg: Der Landesherr beschloss, seine Büchersammlung ausgewählten Gelehrten zugänglich zu machen. 1661 ließ er die Bibliothek im Apothekenflügel des Berliner Schlosses einrichten. Als der Kurfürst 1688 starb, lagerten hier schon rund 20.000 Druckwerke und 1.600 Handschriften. Die nachfolgenden Preußenherrscher pflegten die Bestände weiter. Unter König Friedrich II., dem passionierten Leser, erhielten sie 1784 ihr eigenes Gebäude neben dem Opernhaus – wegen seiner barock geschwungenen Fassade nannten die Berliner es sogleich »Kommode«.

      Das Haus Unter den Linden gefällt als neobarocker Prachtbau. Bis 1902 stand an dieser Stelle der Marstall mit Akademie der Wissenschaften und Akademie der Künste, in dem Johann Gottlieb Fichte ab 1817 seine Reden an die deutsche Nation hielt. Das heutige Bibliotheksgebäude erbaute Ernst von Ihne ab 1903. 1909 füllte es sich mit Büchern, zu Beginn des Ersten Weltkriegs war es fertiggestellt. Von 1918 an trug die ehemals Königliche Bibliothek den Namen Deutsche Staatsbibliothek. Als der Zweite Weltkrieg nahte, war der Bestand schon auf drei Millionen Bände und mehr als 70.000 Handschriften angewachsen. Die Verantwortlichen lagerten ihn aus Furcht vor Bombenangriffen und Plünderungen an verschiedene Orte überall in Deutschland aus. Nach dem Krieg kehrte vieles, was sich in der sowjetischen Besatzungszone befand, in das Haus Unter den Linden zurück, das nun zur Bücherherzkammer der DDR werden sollte.

      Heute dient die Staatsbibliothek Unter den Linden als historische Forschungsbibliothek für Literatur bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Der große Kuppellesesaal im Zentrum des Gebäudekomplexes, eröffnet 1914, wurde während des Zweiten Weltkrieges schwer beschädigt. An seiner Stelle befindet sich der 2013 eröffnete Allgemeine Lesesaal unter einem Glaskubus. Das Haus wurde zuletzt in den Jahren 2005 bis 2020 umfassend saniert und präsentiert nun eine gelungene historisch-moderne Mischung.

      Die Staatsbibliothek Unter den Linden ist auch der Standort des Bibliotheksmuseums: In der ehemaligen grünen Eingangshalle geben auf 200 Quadratmetern eine Dauerausstellung zur Geschichte der Sammlung, eine Schatzkammer und Wechselausstellungen einen Einblick in rund 350 Jahre Kulturgeschichte Berlins, Preußens und Deutschlands. Die Exponate belegen: Die Berliner Büchersammlung sucht ihresgleichen. Zu sehen ist etwa eine Handschrift des Nibelungenliedes. Weltweit sind nur neun vollständige Fassungen des Heldenepos erhalten – drei davon bewahrt die Staatsbibliothek auf. Auch eine zweibändige illuminierte Pergamentbibel, hergestellt 1454 / 55 vom Druckpionier Johannes Gutenberg, sorgt für Staunen.

      Die meisten Preziosen aber halten die Bibliothekare in den Tresoren streng unter Verschluss und holen sie nur für Forscher mit besonderem Anliegen hervor. So das Psalterium Latinum 1457 aus Mainz – eine der 18.500 abendländischen Handschriften im Bestand. Aufbewahrt sind zudem rund 4.600 Inkunabeln aus dem 15. Jahrhundert, als der Buchdruck sprichwörtlich noch in der Wiege lag.

      Mit Rekordverdächtigem geizt die Bibliothek nicht: 1,1 Millionen Karten, Pläne und Globen, dazu der weltgrößte gebundene Atlas. Zu den mehr als 321.000 Autographen zählen Faust-Fragmente Johann Wolfgang von Goethes, Schriften Martin Luthers sowie der Wissenschaftler Max Planck und Albert Einstein. Rund 1.600 Nachlässe, unter anderem von Moses Mendelssohn, den Brüdern Grimm, Annette von Droste-Hülshoff, Theodor Fontane, Gerhart Hauptmann und Dietrich Bonhoeffer, sind hier verwahrt. Mehr als 80 Prozent aller Musikautographe von Johann Sebastian Bach und die größte Mozart-Sammlung weltweit gehören zu einer der international bedeutendsten Musikalien-Sammlung. Zu den 66.700 Musikautographen zählen Partituren von Ludwig van Beethovens Sinfonien Nummer 4, 5, 8 und 9. In den Lesesälen für Handschriften, Musik, Karten, Zeitungen sowie Kinder- und Jugendbuch können Nutzer die Werke aus den entsprechenden Abteilungen konsultieren.

      Während die Staatsbibliothek im altehrwürdigen Gebäude unter den Linden Altes sammelt, ist ihr West-Pendant Haus Potsdamer Straße für die neue Literatur nach 1945 zuständig. Dazu passt auch das Gebäude, das 229 Meter lang, 152 Meter breit und 42 Meter hoch aus dem Boden ragt wie ein Ozeanriese aus dem Wasser. Die Pläne stammen von Hans Scharoun. Der prägende Architekt der Berliner Nachkriegszeit erhielt den Auftrag, ein Heim für die im Krieg nach Westdeutschland ausgelagerten Bestände zu entwerfen. Das Bücherschiff am Matthäikirchplatz zwischen Kulturforum und Potsdamer Platz entstand von 1967 bis 1978. Die Forschungs-, Informations- und Leihbibliothek der Moderne in seinem Inneren baut ihren Bestand kontinuierlich aus. Hier sind außerdem Sonderabteilungen für Literatur und andere Schriftzeugnisse aus Osteuropa, Ostasien und dem Orient angesiedelt. Die Bibliothek verwahrt 42.170 orientalische Handschriften, darunter die größte hebräische Pergamentbibel: Die sogenannte Erfurter Bibel ist 63 Zentimeter hoch, 47 Zentimeter breit und stammt aus dem Jahr 1343. Für die Herstellung des Pergaments wurden die Häute von 1.100 Tieren benötigt. Ebenfalls enormen Ausmaßes ist eine Thora-Rolle vom Ende des 13. Jahrhunderts. Der Stab, um sie zu halten, misst 1,19 Meter. Verwahrt sind Blockdrucke der frühen Ming-Zeit sowie das vielleicht älteste Druckwerk der Welt: das Hyakumantō Darani, ein Papierröllchen mit buddhistischen Zaubersprüchen aus dem Japan des 8. Jahrhunderts.

      Das Ibero-Amerikanische Institut, wichtigster Anlaufpunkt für Forschung zu Spanien, Portugal und Lateinamerika, ist dem Gebäude am Kulturforum angegliedert.

      Antik- & Buchmarkt am Bodemuseum

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      Berlin bietet paradiesische Zustände für alle, die gerne trödeln und feilschen: Lampenschirme, Lederjacken, Rosenkränze, Rätschen, Fahrräder, Filzhüte, Taschenuhren, Toaster gehören zum bunten Angebot – genau wie Lesestoff aller Art. Bücherkisten unter, vor und auf den Tapeziertischen, manchmal sogar in Stehregalen, entdecken Schnäppchenjäger und Sammler eigentlich auf allen regelmäßigen Berliner Flohmärkten.

      Dabei besitzt jeder dieser Märkte seinen eigenen Charme: Im Mauerpark und am Ostbahnhof dürfen sich Second-Hand-Freunde durch eine riesige Auswahl bummeln. Am Boxhagener Platz in Friedrichshain könnten Vintage-Fans fündig werden, während am Fehrbelliner Platz Pelzmäntel und Porzellanfiguren aus gediegenen Wilmersdorfer Haushalten zum Verkauf stehen. Der Flohmarkt am Schöneberger Rathaus ist eine gute Adresse, um sich mit Schraubenschlüssel und Co. einzudecken, auf der Straße des 17. Juni warten ausgesuchte Antiquitäten, während in Bohnsdorf nahe dem neuen Flughafen BER Schätzchen aus DDR-Zeiten ihrer Bergung harren.

      Für Bücherfreunde aber führt kein Weg am Antik- und Buchmarkt am Bodemuseum vorbei. Durchschnittlich 50 bis 60 Händler – Profis und private Verkäufer – sind jeden Samstag und Sonntag am Kupfergraben anzutreffen. Sogar feiertags findet der Markt statt, der im Jahr 1992 gestartet ist. Eine Pause machen die Händler lediglich über die Weihnachtsfeiertage, selbst an Neujahr darf hier getrödelt werden.

      An den Ständen zwischen Bodemuseum und Pergamonaltar ist nahezu alles zu haben, was zwischen zwei Buchdeckel passt: Romane, Krimis, Historisches, Ratgeber, Bilderbücher, Comics und vieles mehr. Auch wer bibliophile Werke sucht, könnte fündig werden. Und natürlich gibt es wissenschaftliche Literatur, schließlich ist die Humboldt-Universität gleich in der Nähe.

      Wer selbst auf dem Antik- und Buchmarkt verkaufen möchte, kann sich beim Veranstalter anmelden. Es dürfen allerdings nur Kunst, Antiquitäten und Bücher angeboten werden. Erlaubt sind beispielsweise Postkarten, Fotos, Gemälde, Porzellan, Schallplatten und Briefmarken.

      Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität

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