schärft den Blick für Kundenzentrierung. Aus diesem Grund muss es einen Verantwortlichen für die Kunden geben, der als Advokat die Kundenstimme innerhalb der Organisation erhebt, sobald sich das Unternehmen mit Dingen beschäftigt, die keinen Kundennutzen stiften. Zu viele Unternehmen sind introvertiert, d. h. sie sind mit sich selbst beschäftigt, anstatt sich um den Kunden zu kümmern. Ändern wird sich das nur, wenn in der Führung ein neues Leitbild entsteht und ein Chief Customer Officer für den zentrierten Blick auf den Kunden sorgt. Im Kapitel Aufbauorganisation werden wir darüber berichten. Eine gute Customer Experience kann nur dann entstehen, wenn über alle Kanäle eine wertschätzende und profitable Kundenbeziehung hergestellt wird. Wenn in einem Unternehmen komplexe organisatorische Abläufe, aufwendige Prozesse und Formalismus den Zugang zum Kunden erschweren, nützt auch die beste Technologie nichts. Es darf keine Barrieren zwischen dem Kunden und dem Unternehmen geben. Das bedeutet, alle Prozesse müssen »end-to-end« entwickelt werden. Der Kunde muss wissen, wofür das Unternehmen steht und welchen Beitrag es zur eigenen Wertschöpfung leistet. Dies gilt im Besonderen für B2B-Unternehmen. Auch im B2C ist der Kunde an Wertschöpfung orientiert, nur misst er den Wert an anderen Kriterien. Geht es im B2B darum, die Kunden des Kunden als Wertschöpfungstreiber zu verstehen, geht es im B2C um persönliche Wertschöpfung, wie Zeitersparnis, Zuverlässigkeit und Bequemlichkeit. Was sowohl den B2B- als auch den B2C-Kunden eint, ist die Tatsache, dass sie beide nur ein Grundbedürfnis erfüllen wollen, welches dem Menschen in der Regel nicht bewusst ist. Dieses Grundbedürfnis ist, ein gutes Gefühl zu haben. Alles, was Unternehmen tun, sollte sich an diesem einfachen Bedürfnis orientieren. Geben Sie Ihren Kunden ein gutes Gefühl, mehr müssen Sie nicht tun. Allerdings gilt diese Aussage nicht nur für den Kaufprozess, sondern für jeden Kontaktpunkt, bei dem der Kunde mit dem Unternehmen in Berührung kommt. Das bedeutet, für den Kunden einen Mehrwert im Vergleich zum Wettbewerb zu bieten und, im kaufmännischen Sinn, seine Wertschöpfung zu optimieren. Kundenzentrierung beschreibt die Fähigkeit der Organisation, die Bedürfnisse ihrer Kunden zu antizipieren und diese zu befriedigen. Auch für Ihr Unternehmen gilt, dass die Technologie prinzipiell nur einem einzigen Zweck dient. Den Kunden von Ihrem Unternehmen und seinen Produkten zu begeistern sowie im Prozess der Customer Experience ein möglichst positives emotionales Erlebnis zu erzielen.
Der Kunde ist König und wir sind ein kundenorientiertes Unternehmen. So oder so ähnlich definierten sich vor über dreißig Jahren innovative Unternehmen. Die meist auf Hochglanzpapier gedruckten Plakate mit dem Text »Der Kunde steht im Mittelpunkt unseres Unternehmens« waren in der Empfangshalle nahezu jedes Unternehmens zu finden. Darunter stand mit Bleistift geschrieben: »... und damit automatisch im Weg«. Obwohl lustig gemeint, war die von einem frustrierten Mitarbeiter hinterlassene Botschaft meist näher an der Realität als der ursprüngliche Leitsatz. In der Ära der Kundenorientierung wurden nur die Organisationseinheiten, die im direkten Kontakt mit dem Kunden standen, in die Verantwortung genommen. Das war in erster Linie der Vertrieb und eventuell noch die Servicebereiche, also die Mitarbeiter, die im persönlichen Kundenkontakt standen. Was Kundenorientierung von Kundenzentrierung abgrenzt, ist die radikale, ganzheitliche Ausrichtung des Unternehmens auf seine Kunden, die Potenziale der bestehenden Kunden im Sinne des Lifetime Values, sowie die Marktpotenziale, die noch zu erobern sind. Bei genauer Betrachtung war die Ära der Kundenorientierung durch produktgetriebene Unternehmen gestaltet, deren Verständnis für den Kunden sich hauptsächlich auf dessen Umsatz bezog. Das hat nichts mit unserem Verständnis von Kundenzentrierung zu tun.
Die persönlichen Präferenzen, die Geschichte, die ein Kunde mit dem Unternehmen verbindet, und die Prognosen über sein zukünftiges Verhalten – dies alles ist Teil einer neuen Geschichte, deren erstes Kapitel bereits geschrieben ist. Aber wir stehen erst noch am Beginn, denn die Digitalisierung wird sich exponentiell weiterentwickeln. Damit erhöht sich die Geschwindigkeit und diejenigen Unternehmenslenker, die sich nicht Tag für Tag mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen, werden von ihr abgehängt.
Kundenzentrierung hat in erster Linie einen ökonomischen Sinn. Sie könnten annehmen, dass sich diese ganze Zentrierung auf den Kunden negativ auf Ihre Kosten oder den Cashflow auswirkt. Selbstverständlich sind Investitionen notwendig, wenn Sie Ihr Geschäftsmodell neu ausrichten. Der ökonomische Fokus einer kundenzentrierten Organisation ist sehr klar auf profitable Kundenbeziehungen gerichtet. Das Ziel ist, neben mehr Umsatz, auch die Senkung des »Cost of Sales«, die Ausschöpfung der Markt- und Kundenpotenziale sowie die Steigerung der Profitabilität der Produkte. Den Kunden glücklich zu machen muss sich auszahlen, das ist selbstverständlich. Um sicherzustellen, dass sich eine kundenzentrierte Strategie auszahlt, werden neue Kennzahlen entwickelt, sogenannte Customer Centric Scores. Diese bilden prädiktive Aussagen über die Zufriedenheit der Customer Experience und zeigen die Stärken und Schwächen der Organisation. Diese KPIs bilden die Grundlage der Planung, Führung, Steuerung und Kontrolle der unternehmensweiten Aktivitäten.
Zurück zur Perspektive: Wenn Sie ein Buch voller Buzzwords und hippen Technologien erwarten, müssen wir Sie enttäuschen. Wir sind Pragmatiker, die aus dreißig Jahren Industrie- und Beratungstätigkeit unzählige Erfahrungen geschöpft haben, die wir Ihnen gerne zur Verfügung stellen möchten. Dabei geht es um einen ganzheitlichen Blick auf die Zukunft Ihres Unternehmens, denn die technologische Sicht allein versperrt häufig den Blick für die naheliegenden Lösungen. Im Fokus steht nach wie vor der Mensch, denn unabhängig von Technologie, Arbeitsmitteln und Systemen, am Ende sind es die Menschen, die mit ihren Fähigkeiten, ihrem Wissen und ihrer Einstellung den Unternehmenserfolg prägen. Upskilling ist in diesem Kontext das neue Credo einer permanent lernenden Organisation.
Daher will dieses Buch nicht nur gelesen werden, es will benutzt werden. Damit Sie einen möglichst hohen Nutzwert erzielen können, haben wir Beispiele aus der Praxis, Fragebögen zur Orientierung und zum Erkennen Ihrer Handlungsfelder sowie Benchmarks in unterschiedlichen Bereichen entwickelt. Das Buch soll ein Arbeitsbuch sein und Ihnen hilfreiche und zieldienliche Impulse geben.
Schließen wir die Einleitung mit einem Fazit. Kundenzentrierung ist das zentrale strategische Thema für die Zukunftssicherheit von Unternehmen. Für viele Unternehmen könnte sich die fehlende Zentrierung auf den Kunden existenzbedrohend auswirken. Customer Centricity ist weder ein neuer Marketingtrend noch eine Aufgabe des Vertriebs, sondern bedarf einer ganzheitlichen Sicht auf die Organisation. Es reicht nicht aus, optimale Kundenschnittstellen und gut designte Kauferlebnisse zu bieten. Kundenzentrierung benötigt neue soziale und Management-Kompetenzen, die das Unternehmen als Beziehungspartner, gerade in schwierigen Situationen, lernen muss. Wenn der Anbieter in der Lage ist, auf Grund valider Prognosen, die zukünftigen Probleme des Kunden zu lösen, ist diese Beziehung wertschöpfend für beide Seiten. Personalisierung und Individualisierung von Produkten und Dienstleistungen sind in erster Linie ein psychologisches Momentum, das Nähe und Vertrautheit herstellt. Digitalisierte Psychologie wird in Zukunft noch eine viel größere Rolle spielen, denn wenn es um die Gestaltung von Beziehungen geht, benötigen Unternehmen psychologisches Wissen, um die Individualisierung optimal umzusetzen. Optimale Kauferlebnisse sind eben nicht nur abhängig vom Prozess, sondern vom Gefühl, das sich bei diesem Prozess einstellt. Dieses Buch gibt Ihnen einen Blick auf die Zukunft und es kann Ihnen dienen, wenn Sie sich dafür entschließen, Ihre Organisation auf das, was kommt, bestens vorzubereiten. Wenn Sie mit uns in den Dialog treten wollen, freuen wir uns über die Kontaktaufnahme unter [email protected].
Lernen von den Champions
Wie bereits erwähnt, ist Kundenzentrierung keine Erfindung der Neuzeit. Viele »klassisch-analoge« Unternehmen haben unter der Prämisse der Kundenorientierung Hervorragendes geleistet, um ihren Kunden bestmöglichen Service und Kauferlebnisse zu bieten. Wenn nun die Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden, wächst die Kundenorientierung zur Kundenzentrierung. Schauen wir uns einige Beispiele an.
Jeff Bezos ist wohl das Paradebeispiel für eine erfolgreiche Kundenzentrierung. Wenn wir seine Einstellungen, Werte und Praktiken analysieren, erhalten wir wichtige Erkenntnisse, die für jedes Unternehmen nutzbar sind. Was macht Amazon anders als andere?
Das Unternehmen pflegt präzise Metriken, die jede Interaktion des Kunden auf den unterschiedlichen Funktionen seiner Website misst und kontinuierlich optimiert. Dies