Werner Katzengruber

Das kundenzentrierte Unternehmen


Скачать книгу

schärft den Blick für Kundenzentrierung. Aus diesem Grund muss es einen Verantwortlichen für die Kunden geben, der als Advokat die Kundenstimme innerhalb der Organisation erhebt, sobald sich das Unternehmen mit Dingen beschäftigt, die keinen Kundennutzen stiften. Zu viele Unternehmen sind introvertiert, d. h. sie sind mit sich selbst beschäftigt, anstatt sich um den Kunden zu kümmern. Ändern wird sich das nur, wenn in der Führung ein neues Leitbild entsteht und ein Chief Customer Officer für den zentrierten Blick auf den Kunden sorgt. Im Kapitel Aufbauorganisation werden wir darüber berichten. Eine gute Customer Experience kann nur dann entstehen, wenn über alle Kanäle eine wertschätzende und profitable Kundenbeziehung hergestellt wird. Wenn in einem Unternehmen komplexe organisatorische Abläufe, aufwendige Prozesse und Formalismus den Zugang zum Kunden erschweren, nützt auch die beste Technologie nichts. Es darf keine Barrieren zwischen dem Kunden und dem Unternehmen geben. Das bedeutet, alle Prozesse müssen »end-to-end« entwickelt werden. Der Kunde muss wissen, wofür das Unternehmen steht und welchen Beitrag es zur eigenen Wertschöpfung leistet. Dies gilt im Besonderen für B2B-Unternehmen. Auch im B2C ist der Kunde an Wertschöpfung orientiert, nur misst er den Wert an anderen Kriterien. Geht es im B2B darum, die Kunden des Kunden als Wertschöpfungstreiber zu verstehen, geht es im B2C um persönliche Wertschöpfung, wie Zeitersparnis, Zuverlässigkeit und Bequemlichkeit. Was sowohl den B2B- als auch den B2C-Kunden eint, ist die Tatsache, dass sie beide nur ein Grundbedürfnis erfüllen wollen, welches dem Menschen in der Regel nicht bewusst ist. Dieses Grundbedürfnis ist, ein gutes Gefühl zu haben. Alles, was Unternehmen tun, sollte sich an diesem einfachen Bedürfnis orientieren. Geben Sie Ihren Kunden ein gutes Gefühl, mehr müssen Sie nicht tun. Allerdings gilt diese Aussage nicht nur für den Kaufprozess, sondern für jeden Kontaktpunkt, bei dem der Kunde mit dem Unternehmen in Berührung kommt. Das bedeutet, für den Kunden einen Mehrwert im Vergleich zum Wettbewerb zu bieten und, im kaufmännischen Sinn, seine Wertschöpfung zu optimieren. Kundenzentrierung beschreibt die Fähigkeit der Organisation, die Bedürfnisse ihrer Kunden zu antizipieren und diese zu befriedigen. Auch für Ihr Unternehmen gilt, dass die Technologie prinzipiell nur einem einzigen Zweck dient. Den Kunden von Ihrem Unternehmen und seinen Produkten zu begeistern sowie im Prozess der Customer Experience ein möglichst positives emotionales Erlebnis zu erzielen.

      Die persönlichen Präferenzen, die Geschichte, die ein Kunde mit dem Unternehmen verbindet, und die Prognosen über sein zukünftiges Verhalten – dies alles ist Teil einer neuen Geschichte, deren erstes Kapitel bereits geschrieben ist. Aber wir stehen erst noch am Beginn, denn die Digitalisierung wird sich exponentiell weiterentwickeln. Damit erhöht sich die Geschwindigkeit und diejenigen Unternehmenslenker, die sich nicht Tag für Tag mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen, werden von ihr abgehängt.

      Kundenzentrierung hat in erster Linie einen ökonomischen Sinn. Sie könnten annehmen, dass sich diese ganze Zentrierung auf den Kunden negativ auf Ihre Kosten oder den Cashflow auswirkt. Selbstverständlich sind Investitionen notwendig, wenn Sie Ihr Geschäftsmodell neu ausrichten. Der ökonomische Fokus einer kundenzentrierten Organisation ist sehr klar auf profitable Kundenbeziehungen gerichtet. Das Ziel ist, neben mehr Umsatz, auch die Senkung des »Cost of Sales«, die Ausschöpfung der Markt- und Kundenpotenziale sowie die Steigerung der Profitabilität der Produkte. Den Kunden glücklich zu machen muss sich auszahlen, das ist selbstverständlich. Um sicherzustellen, dass sich eine kundenzentrierte Strategie auszahlt, werden neue Kennzahlen entwickelt, sogenannte Customer Centric Scores. Diese bilden prädiktive Aussagen über die Zufriedenheit der Customer Experience und zeigen die Stärken und Schwächen der Organisation. Diese KPIs bilden die Grundlage der Planung, Führung, Steuerung und Kontrolle der unternehmensweiten Aktivitäten.

      Daher will dieses Buch nicht nur gelesen werden, es will benutzt werden. Damit Sie einen möglichst hohen Nutzwert erzielen können, haben wir Beispiele aus der Praxis, Fragebögen zur Orientierung und zum Erkennen Ihrer Handlungsfelder sowie Benchmarks in unterschiedlichen Bereichen entwickelt. Das Buch soll ein Arbeitsbuch sein und Ihnen hilfreiche und zieldienliche Impulse geben.

      Wie bereits erwähnt, ist Kundenzentrierung keine Erfindung der Neuzeit. Viele »klassisch-analoge« Unternehmen haben unter der Prämisse der Kundenorientierung Hervorragendes geleistet, um ihren Kunden bestmöglichen Service und Kauferlebnisse zu bieten. Wenn nun die Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden, wächst die Kundenorientierung zur Kundenzentrierung. Schauen wir uns einige Beispiele an.

      Jeff Bezos ist wohl das Paradebeispiel für eine erfolgreiche Kundenzentrierung. Wenn wir seine Einstellungen, Werte und Praktiken analysieren, erhalten wir wichtige Erkenntnisse, die für jedes Unternehmen nutzbar sind. Was macht Amazon anders als andere?

       Das Unternehmen pflegt präzise Metriken, die jede Interaktion des Kunden auf den unterschiedlichen Funktionen seiner Website misst und kontinuierlich optimiert. Dies