Christian Danz

Systematische Theologie


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sich nicht. Sie stehen in Harmonie miteinander. Die göttliche Offenbarung stimmt mit der Vernunft überein, der strenge Allgemeinheit zukommt. Wolff hatte einen starken Einfluss auf die Theologie des 18. Jahrhunderts. Über den Hallenser Theologen Sigmund Jacob BaumgartenBaumgarten, Sigmund Jacob (1706–1757) wirkte er auf die sich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts herausbildende NeologieNeologie.

      Anders der EmpirismusEmpirismusEmpirismus. Er bestreitet, dass Erkenntnis durch das Denken möglich sei und behauptet, alles Wissen entspringe aus der Erfahrung. Die Quelle der ErkenntnisErkenntnis, Quelle der ist also nicht wie im RationalismusRationalismus der urteilende Verstand, sondern die Erfahrung. Die Hauptvertreter des Empirismus sind die englischen Denker John LockeLocke, John (1632–1704) und David HumeHume, David. Sie fassen den menschlichen GeistGeistmenschlicher, Menschen- als eine tabula rasa (leere Tafel) auf, die durch sinnliche Anschauungen gefüllt wird. Begriffe und KategorienKategorien (Philosophie) sind sekundäre Abstraktionen. Sie entstehen, indem der Geist aus den sinnlichen Eindrücken allgemeine Strukturen herauspräpariert und zusammenfasst. Auch der Gottesgedanke verdankt sich, wie Hume in seiner Schrift Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand von 1748 ausführt, einer solchen Operation des Geistes. Seine Philosophie wurde in Deutschland durch Friedrich Heinrich JacobiJacobi, Friedrich Heinrich rezipiert. In seinem Buch Über die Lehre des SpinozaSpinoza, Baruch de in Briefen an den Herrn Moses MendelssohnMendelssohn, Moses von 1785 behauptet Jacobi [54]unter dem Einfluss der Humeschen skeptischen Philosophie einen strikten DualismusDualismus von Glauben und Wissen beziehungsweise von VernunftVernunft und Offenbarung. Jacobi ist der erste, der die These vertritt, dass Gott nicht erkannt werden könne, sondern nur dem GefühlGefühl zugänglich sei. Das beinhaltet einen Frontalangriff gegen die Wolffsche Philosophie und die von ihr abhängige NeologieNeologie. Weitere Kritiker der aufklärerischen Synthese von Offenbarung und Vernunft sind der Königsberger religiöse Schriftsteller Johann Georg HamannHamann, Johann Georg (1730–1788) sowie der Züricher Prediger und Schriftsteller Johann Casper LavaterLavater, Johann Casper (1741–1801).

      Literatur

      Georg Essen/Christian Danz (Hrsg.): Philosophisch-theologische Streitsachen. PantheismusstreitPantheismusstreit – Atheismusstreit – Theismusstreit, Darmstadt 2012.

      Gottfried Gabriel: Grundprobleme der ErkenntnistheorieErkenntnistheorie. Von Descartes zu Wittgenstein, Paderborn/München/Wien/Zürich 21998.

      Helmut Holzhey/Wilhelm Schmidt-Biggemann (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie: Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. 2 Bde.: Das Heilige Römische ReichRömisches Reich Deutscher Nation. Nord- und Ostmitteleuropa, Basel 2001.

      Gottfried Wilhelm LeibnizLeibniz, Gottfried Wilhelm: Monadologie, Stuttgart 1954.

      Michael Murrmann-Kahl: Der PantheismusstreitPantheismusstreit, in: Georg Essen/Christian Danz (Hrsg.): Philosophisch-theologische Streitsachen. Pantheismusstreit – Atheismusstreit – Theismusstreit, Darmstadt 2012, S. 93–134.

      Heinrich Scholz (Hrsg.): Die Hauptschriften zum PantheismusstreitPantheismusstreit zwischen JacobiJacobi, Friedrich Heinrich und Mendelssohn, Berlin 1916. ND Waltrop 2004.

      Aufgaben

      1 Informieren Sie sich in dem Buch von Gottfried Gabriel über die erkenntnistheoretischen Debatten im Zeitalter der Aufklärung.

      2 Schreiben Sie einen Essay über den Unterschied von Rationalismus und Empirismus.

      3 Über welche Themen wurde in dem PantheismusstreitPantheismusstreit zwischen Friedrich Heinrich JacobiJacobi, Friedrich Heinrich und Moses Mendelssohn gestritten?

      b. Die AufklärungstheologieTheologieAufklärungs-

      Seit der frühen Neuzeit hatte sich das Wandel im WeltbildWeltbild grundlegend verändert. Infolge der kopernikanischen Revolution sowie der großen Entdeckungsreisen im 15. und 16. Jahrhundert wurde zuneh[55]mend deutlich, dass die Weltsicht der Bibel nicht mehr mit der der frühen Neuzeit übereinstimmt. Es kamen Völker in den Blick, die in der biblischen Darstellung der Völkergenealogien (Gen 10) keinen Platz finden. Gab es, so wurde in den Kontroversen gefragt, womöglich schon Menschen vor AdamAdam? Und wie lassen sich die Eskimos in die biblischen Völkertafeln einordnen? Die Inkongruenz zwischen der Bibel, die bis ins 17. Jahrhundert aufgrund ihrer wortwörtlichen göttlichen Inspiriertheit die grundlegende AutoritätAutorität und WahrheitsinstanzWahrheitsinstanz auch für naturwissenschaftliche Fragen darstellte, und den neuen Erkenntnissen führte im 18. Jahrhundert zu einer neuen Stellung zur Bibel. Man stand vor der Alternative, entweder die biblische Darstellung zu verwerfen oder ihr eine neue Deutung zu geben. Um unter den neuen Bedingungen an ihr als einem maßgeblichen Buch festhalten zu können, wurde sie von den aufgeklärten Theologen als ein altes historisches Dokument – als eine Urkunde aus der Kindheit des Menschengeschlechts – aufgefasst. Zeugnisse der Vergangenheit müssen jedoch mit den Mitteln der historischen Forschung erschlossen werden, damit man sie verstehen kann. Ein wichtiger Wegbereiter für die historische Bibelauslegung war Baruch de SpinozaBaruch de SpinozaSpinoza, Baruch de (1632–1677). In seinem theologisch-politischen Traktat (Amsterdam 1670) hatte er im siebenten Kapitel die Grundzüge einer grammatisch-historischen Bibelauslegung entwickelt. Spinoza votiert für eine rein historische Interpretation der Bibel und unterscheidet strikt die Frage nach dem Sinn eines biblischen Textes von der nach seiner WahrheitWahrheit. Dieses methodische Verfahren zielt auf eine EmanzipationEmanzipation der BibelexegeseBibelexegese von der Dogmatik. In der Mitte des 18. Jahrhunderts setzte sich diese Methode der Bibelinterpretation in der protestantischen TheologieTheologieevangelische, protestantische durch und führte zu einer völligen Umwälzung des überlieferten Verständnisses von Theologie. Diese etablierte sich am Ende des Jahrhunderts als professionelle Fachwissenschaft. Die wichtigsten Wegbereiter dieser Entwicklung sind der Leipziger Theologe Johann August ErnestiErnesti, Johann August (1707–1781) und vor allem Johann Salomo SemlerSemler, Johann Salomo (1725–1791).

      Die Entwicklung der Theologie im 18. Jahrhundert untergliedert man zumeist in drei Phasen: eine Übergangsphase, sodann die NeologieNeologie und schließlich den RationalismusRationalismus.

      Infobox

      AufklärungstheologieTheologieAufklärungs-:

1. Übergangsphase: Sigmund Jacob BaumgartenBaumgarten, Sigmund Jacob
2. NeologieNeologie: Johann Salomo SemlerSemler, Johann Salomo, Johann Joachim SpaldingSpalding, Johann Joachim (1714–1804) und Johann Friedrich Wilhelm JerusalemJerusalem, Johann Friedrich Wilhelm (1709–1789)
3. RationalismusRationalismus und SupranaturalismusSupranaturalismus:
RationalismusRationalismus: Johann Friedrich RöhrRöhr, Johann Friedrich (1777–1848), der Hallenser Theologe Johann Heinrich TieftrunkTieftrunk, Johann Heinrich (1759–1837) sowie der Königsberger Philosoph Wilhelm Traugott KrugKrug, Wilhelm Trautgott (1770–1842)
SupranaturalismusSupranaturalismus: der Tübinger Theologe Gottlob Christian StorrStorr, Gottlob Christian (1746–1805), sein Schüler Friedrich Gottlieb SüskindSüskind, Friedrich Gottlieb (1767–1829)

      Der wichtigste Vertreter der ÜbergangstheologieÜbergangstheologie war der in Halle lehrende Sigmund Jacob BaumgartenBaumgarten, Sigmund Jacob. Aus dem Halle[56]schen PietismusPietismus herkommend, knüpfte er in den 1740er Jahren an die Philosophie von Christian WolffWolff, Christian an und unternahm eine behutsame Modernisierung der Theologie und des überlieferten lutherischen Lehrbegriffs auf der Grundlage einer Öffnung für historische Fragen. Zwar hielt Baumgarten an dem formalen OffenbarungsbegriffOffenbarungsbegriff der lutherischen Lehrtradition fest, aber die Offenbarung und ihr Inhalt werden von ihm mit der VernunftVernunft harmonisiert. Er ist nicht nur einer der Begründer